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Sci-Fi / Fantasy Herr aller Dinge

Tufir

Drachling
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Herr aller Dinge – Andreas Eschbach

Als Kinder begegnen sie sich zum ersten Mal: Charlotte, die Tochter des französischen Botschafters, und Hiroshi, der Sohn einer Hausangestellten. Von Anfang an steht der soziale Unterschied spürbar zwischen ihnen. Doch Hiroshi hat eine Idee. Eine Idee, wie er den Unterschied zwischen Arm und Reich aus der Welt schaffen könnte. Um Charlottes Liebe zu gewinnen, tritt er an, seine Idee in die Tat umzusetzen und die Welt damit in einem nie gekannten Ausmaß zu verändern. Was mit einer bahnbrechenden Erfindung beginnt, führt ihn allerdings bald auf die Spur eines uralten Geheimnisses und des schrecklichsten aller Verbrechen.
Als Sohn einer japanischen Wäscherin, die in der französischen Botschaft in Tokio arbeitet, wächst der junge Hiroshi Kato in relativ armen Verhältnissen auf. Seinen amerikanischen Vater hat er nie kennen gelernt. Eines Tages lernt Hiroshi Charlotte Malroux kennen, die Tochter des französischen Botschafters und somit finanziell gut situiert. Zwischen den beiden grundverschiedenen Charakteren bahnt sich schon bald eine tiefe Freundschaft an, die die Jahrzehnte überdauern soll. Schon früh zeigt sich Hiroshi von zwei großen Themen fasziniert, die auch später noch großen Einfluss auf das Leben der beiden Kinder haben sollen: Die Robotik und die wachsende Kluft von arm und reich. In seinem kindlichen Eifer ist er sich sicher, einen Weg gefunden zu haben, wie man diese Ungleichheit überwinden kann. Nachdem Charlottes Vater versetzt wird, ist diese für Hiroshi plötzlich von einem Tag auf den anderen spurlos verschwunden
Einige Jahre später: Hiroshi ist völlig auf die Robotik fixiert und erringt ein Studium am renommierten MIT in Amerika. Er versteift sich auf die Forschung und treibt seine Projekte rund um die Roboter immer weiter voran, als er erneut zufällig Charlotte begegnet. Obwohl sie sich zueinander hingezogen fühlen, muss Hiroshi erkennen, dass die Kluft der unterschiedlichen Reichtümer immer noch zwischen ihnen steht. In der weiteren Folge der Geschichte treffen die beiden immer mal wieder zufälligerweise oder auch absichtlich aufeinander und ihre Schicksale verflechten sich mit dem Fortschreiten der Geschehnisse immer mehr, als Hiroshi von einem Industriemagnaten unterstützt seinen Plan zur Ausmerzung der Unterschiede zwischen arm und reich immer weiter vorantreibt.

“Ich weiß, wie man es machen muss, damit alle Menschen reich sind.“ Sagte Hiroshi. „Quatsch,“ sagte Charlotte. „das geht doch nicht.“ „Doch, das geht!“, beharrte Hiroshi. „Es ist sogar unglaublich einfach.“
Erneut legt Andreas Eschbach mit „Herr aller Dinge“ ein Werk vor, das sich nur schwer in eine Genre Schublade schieben lässt - Science-Fiction, Thriller, Liebesgeschichte, Historie, Wissenschaft - alles ist bei Eschbach vorhanden. Hiroshi und Charlotte - das sind die beiden Hauptfiguren, die das Buch über eine lange Zeit ihres Lebens hinweg begleitet. Eschbach entwickelt diese beiden Figuren liebevoll und sanft und haucht ihnen ein nachvollziehbares Leben ein – Identifikationspotential pur. Zu Anfang entwickelt Hiroshi, noch als kleiner Junge, aus der von Charlotte propagierten Unmöglichkeit aufgrund der unterschiedlichen „Standesverhältnisse“ jemals ein Paar werden zu können, eine phantastische Idee. Es entwickelt einen Plan, der alle Menschen gleich reich machen soll. Soweit auch der Klappentext. Zusätzlich dazu besitzt Charlotte eine besondere Begabung. Sie erfühlt, was Gegenstände und deren Besitzer einmal erlebt haben - und sie berührt einen uralten Gegenstand, dessen „Erinnerungen“ über sie einbrechen, ohne dass sie versteht, was das war. Jedoch wird klar, dass es ein uraltes Geheimnis ist. Älter als unsere Zivilisation.

Der Autor setzt in diesem Roman einige grundlegende Überlegungen um, was Reichtum ist, und wie er tatsächlich erreicht werden könnte.

Seite 302 schrieb:
“Ich war damals erst zehn Jahre alt. […] Trotzdem ist mir schon damals klar geworden, das ich heute noch genauso sehe: Wenn wir von Reichtum reden, dann reden wir nicht von Geld, sondern von Arbeit. Würde Reichtum bedeuten, viel Geld zu haben, wäre es ja einfach, jeden reich zu machen: Man müsste nur genügend Geld drucken und es an alle verteilen. Das funktioniert nicht, weil Geld eben nur bedrucktes Papier ist. Es geht nicht um Geld – es geht um Arbeit. Reichtum heißt, imstande zu sein, andere für sich arbeiten zu lassen. Reichtum heißt, mehr zu besitzen als andere, und zwar so viel mehr, dass die anderen darauf angewiesen sind, etwas davon abzubekommen und deshalb bereit sind, dafür zu arbeiten. Das ist das Prinzip! Und nach diesem Prinzip ist Reichtum für alle per Definition nicht möglich“

Der Roman besitzt somit eine philosophische Komponente, obwohl das so niemals thematisiert wird. Die grundsätzliche Idee, welche die Hauptfigur Hiroshi entwickelt, kann - bei weiter fortschreitender Entwicklung unserer Technik - durchaus einmal umsetzbar sein und zeigt daher eine denkbare Zukunft auf und eben auch die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben könnten. Die zentrale Idee des Buches, die Motivation von Hiroshi, wächst weiter. Er beginnt, erste Prototypen zu bauen, die seine Idee ermöglichen sollen. Es funktioniert nicht so wie geplant, noch nicht.

Wer „Eine Billion Dollar“, „Ein König für Deutschland“ und „Ausgebrannt“ gelesen hat, erkennt einige von Eschbachs Motivationsfäden auch hier wieder. Seine Szenarien sind gut recherchiert und lassen Übertreibungen und hanebüchene Extrapolationen dankenswerterweise vollständig vermissen. Dies ist bei „Herr aller Dinge“ nicht anders und gerade auch deswegen macht das Buch Spaß und lässt sich sehr gut konsumieren.
Als ich begann, den Roman »Herr aller Dinge« zu lesen, dachte ich zur Mitte des Romans hin, dass ich zumindest erahnen könnte, wie das Buch enden würde. Doch Andreas Eschbach holt dann erst richtig aus, und zündet ein noch größeres Ideen-Feuerwerk ab, das den Roman mehr als eine unerwartete Wendung nehmen lässt. Das Ende ist katastrophal – im positiven Sinne – schnell und lässt den Leser nicht mehr los. Unerbittlich führt ihn Andreas Eschbach an das einzig mögliche Ende und lässt zum Schluss nichts mehr übrig für Illusionen, Hollywood Kitsch oder ähnliches.
Und so ist »Herr aller Dinge« zuletzt kein Katastrophenroman, kein Roman über die Gefahren von Nanotechnologie, nicht nur ein SF-Buch und nicht nur ein Thriller, sondern vor allem auch eine beeindruckende Liebesgeschichte zweier Menschen und das Rätsel um ein Jahrhunderte altes Geheimnis und die Zukunft der Menschheit. Und obwohl man ihm am Ende ein oder zwei Logiklücken nachweisen kann, geht es kaum spannender und fesselnder zu machen.

Attribut: Absolut empfehlenswert – sicherlich einer der besten Eschbachs, die ich bislang gelesen habe!

Viel Spaß beim Schmökern wünscht
Euer Tufir

Mein Dank geht an den Lübbe-Verlag, der uns diese Rezension ermöglichte.


Andreas Eschbach wurde am 15. September 1959 in Ulm geboren und ist ein deutscher Schriftsteller und Bestsellerautor. Waren seine früheren Werke hauptsächlich der Science-Fiction zuzuordnen, sind manche seiner neueren Werke („Eine Billion Dollar“, „Der Nobelpreis“) außerhalb dieses Genres anzusiedeln.

Eschbach studierte in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik, schloss dieses Studium jedoch nicht ab, sondern arbeitete als Softwareentwickler und Unternehmer, bis sein Erfolg als Schriftsteller es ihm erlaubte, sich auf das Schreiben zu konzentrieren. Seit 2003 lebt er mit seiner zweiten Frau Marianne Eschbach in der Bretagne. Eschbach wurde für seine Werke mehrfach ausgezeichnet und ist einer der bedeutendsten europäischen Science-Fiction-Autoren.

Eschbachs ersten veröffentlichten Roman „Die Haarteppichknüpfer“ (1995) kann man auch als eine Sammlung von Kurzgeschichten lesen, die alle im selben Science-Fiction-Universum spielen. Dieses Universum greift er in „Quest“ (2001) wieder auf, einem Roman, der als klassische Space-Opera konzipiert ist. „Solarstation“ (1996) ist als echter Thriller angelegt, er spielt nur auf einer japanischen Raumstation. Mit „Kelwitts Stern“ (1999) parodiert Eschbach die Story von E.T. und verlegt sie auf die Schwäbische Alb.

Eschbachs erster Bestseller ist das Buch „Jesus Video“ (1997). Ein echter Thriller, dessen Grundidee zwar auf einer Zeitreise beruht, der aber ganz und gar in der Gegenwart spielt. Noch weiter von der Phantastik entfernt sich Eschbach mit „Eine Billion Dollar“ (2001). Einzig die Vorstellung eines Erbes von 1.000.000.000.000 Dollar, das seinen Ursprung irgendwann im 16. Jahrhundert hat, ist mehr als phantastisch. Der Thriller wird durch die Frage angetrieben, wer am Ende Geld und damit Macht in Händen hält. Auf fast 900 Seiten erfährt der Leser zudem viel über Wirtschaft und Geldwesen.
Der Roman „Der Nobelpreis“ nutzt keine phantastischen Elemente, eine Entführung und die Erpressung eines Mitglieds des Nobelpreiskomitees bringen die Geschichte ins Rollen. Scheinbar konstruiert Eschbach einen Wirtschaftsthriller, aber am Ende erfährt man einiges Überraschendes über die Hauptpersonen. Dinge, die die Handelnden und die Handlung in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen.

„Ausgebrannt“ beschreibt die Entstehung und die Folgen einer tiefgreifenden Energiekrise, ausgelöst durch das Überschreiten des globalen Ölfördermaximums, auch als „Peak Oil“ bezeichnet. Mit diesem Stoff als Grundlage nähert sich Eschbach wieder der Science-Fiction. Wie wird die Welt aussehen, wenn uns das billige Öl ausgeht? Eschbach zeigt mit diesem Buch einen unter die Haut gehenden Blick in die Zukunft.
Als erster von mehreren Gastautoren schrieb er 1998 den 1935. Band der Perry-Rhodan-Serie und konnte sich damit einen Jugendtraum erfüllen. Sein zweiter Gastroman wurde unter der Nummer 2295 im August 2005 veröffentlicht und sein dritter unter der Nummer 2503 im August 2009.
Von September 2001 bis Juni 2002 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sein Fortsetzungsroman „Exponentialdrift“. Dabei wob Eschbach auch aktuelle Bezüge in die Handlung ein.

Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt: Spanisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Tschechisch, Polnisch, Russisch, Lettisch, Japanisch sowie Türkisch. Im April 2005 erschien als erste Übertragung ins Englische sein Debüt-Roman Die Haarteppichknüpfer unter dem Titel The Carpet Makers in den USA.

Über viele Jahre hat Andreas Eschbach sich als leitender Referent auf Schreibseminaren aktiv für den schriftstellerischen Nachwuchs engagiert. Seine Webseite bietet neben umfangreichen Buchtipps zum Thema auch eine lange Liste von Fragen und Antworten, die Eschbach im Laufe der Zeit per E-Mail beantwortet hat. Dieser Service wird auf der Webseite weitergeführt, jedoch hat Eschbach die aktive Seminartätigkeit Ende 2007 eingestellt. (Die alte Webseite ist inzwischen abgeschaltet worden. Die Übertragung und Aufbereitung der Inhalte ist geplant und versprochen.)
Auf Initiative Andreas Eschbachs fand unter seiner und Klaus N. Fricks Leitung an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel 2005 ein Schreib-Experiment statt: 15 Teilnehmer an einem Schreibseminar schrieben die Rohfassung eines kompletten Romans tatsächlich innerhalb von nur 44 Stunden.
 
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