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Sci-Fi / Fantasy Gemini - Der goldene Apfel

yggdrasil

Bürgertum
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Fast 15 zu sein ist nicht leicht. Und das Aufwachsen in einer Wohnung, vollgestopft mit alten Büchern aller Art, zusammen mit Großmutter Audrey und Urgroßmutter Cecilia, deren grauenvollen Koch“künsten“ und Heimunterricht, macht die ganze Sache nicht leichter. Weitaus mehr als nur störend sind hingegen die 106 Hausregeln, über deren strikte Durchsetzung Großmutter Audrey wacht. Jeder Teil des Lebens der Post-Zwillinge wird reglementiert: Es sind weder gekaufte Seifen, Shampoos oder unnötige Wegwerfartikel erlaubt (Regel 89) noch Verabredungen (Regel 106) oder gar Schmuck jedweder Art (Regel 49). Wozu das dienen soll, wird Elliot und Fiona nicht erklärt.

Die einzigen Abwechslungen, die die Zwillinge Fiona und Elliot Post haben, ist die Arbeit in dem Diner Ringo's und das tägliche Vokabelbeleidigungsspiel. Hierbei geht es darum, den Gegenüber mit Fremdwörtern zu beleidigen, die der andere nicht kennt und/ oder auf die er keine Erwiderung weiß. Nebenbei erfährt so der Leser, was Naegleria Fowleri (Parasitenbefall im Gehirn) ist oder was Menschen tun, die unter Rhinotillexomanie leiden (gewohnheitsmäßiges Nasenbohren).

An Ihrem 15. Geburtstag jedoch erfahren die Beiden, dass sie keine gewöhnlichen Menschen sind, die nur in einem „etwas“ exzentrischen Haushalt aufgewachsen sind. Denn die beiden sind Kinder der Liebe – der Haken an der Sache ist nur die Abstammung ihrer Eltern. Denn die Mutter war eine Göttin und gehörte somit „der Liga“ an. Der Vater jedoch ist ein Höllischer. Eine Verbindung, die niemals hätte entstehen dürfen, weil laut dem Pactum Pacis Immortalis jedwede Beeinflussung der jeweils Anderen untersagt ist. Eine Art überirdischer Waffenstillstand. Doch nun haben sowohl die Götter als auch die Höllischen die Post-Zwillinge aufgespürt. Und jeder will wissen, zu welcher Familie die Beiden denn nun gehören. Und das lässt sich nicht einfach durch einen DNS-Test herausfinden, da müssen schon Heldenprüfungen her, die eines Gottes würdig sind. Im Gegenzug testet der Aufsichtsrat (das Gremium der Höllischen, das die Entscheidungen trifft) die Beiden mit drei höllischen Verlockungen. Noch viel wichtiger als die Prüfungen zu bestehen wird für Fiona und Elliot plötzlich einfach nur am Leben zu bleiben.

Eric Nylund erzählt eine phantastische Geschichte, die leicht, locker und flüssig zu lesen ist. Es gibt keinen „strahlenden Über-Helden“, dafür aber eine Menge toller Ideen. Die Geschichte wird hauptsächlich aus der Sicht von Elliot erzählt, wechselt aber auch zwischen den weiteren Protagonisten. Es handelt sich mit Sicherheit nicht um eine klassische Fantasy-Erzählung, sondern es werden mythologische Gestalten in unsere Welt geschickt. Die Geschichte spielt – zum großen Teil – in dem Ort Del Sombra, ganz in der Nähe von San Francisco. Kein logischer Fehler unterbricht den Erzählfluss und der Erzählstrang ist stimmig. Es gibt ein, zwei Tippfehler, aber über die kann man gut hinweglesen. Nylund macht keine großen Zeitsprünge, sondern erzählt alles so, dass es sich nach und nach zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügt. Auch zu erwähnen, sei der unterschwellige Humor, den der Autor beim Erzählen an den Tag legt. Der Zeitrahmen der Geschichte beträgt nur ein paar Tage, die auf über 700 Seiten wiedergegeben werden. Trotzdem kommt kein Gefühl von Langatmigkeit oder Langeweile auf. Es ist eins dieser Bücher, die man in die Hand nimmt und beim Ende jedes Kapitels denkt „Nur noch ein Kapitel mehr...“ - und schon (man weiß gar nicht so recht wie) ist es morgens, zwei Uhr und eigentlich wollte man doch auch noch irgendwann mal schlafen.

Das Buch kommt als Hardcover daher, mit einem wundervollem Einband, der ganz in Türkis mit goldenem Prägedruck gehalten ist. Das Buch an sich ist ebenfalls gut verarbeitet und es gibt sogar ein sehr praktisches Lesebändchen. Der Verlag Penhaligon hat hier ganze Arbeit geleistet. Aufgeteilt ist das Buch in einzelne Teile und innerhalb dieser Teile in Kapitel. Jeder Teil und jedes Kapitel hat einen passenden Titel, der erahnen lässt, was nun auf die Hauptpersonen zukommt, dabei aber nicht zu viel verrät. Besonders zu erwähnen seien noch die Fußnoten, die Textpassagen über Auszüge aus fiktiven, historischen Büchern erläutern.

Der Autor wurde 1964 in Kalifornien geboren und fing 1990 als Dokumentationsentwickler bei Microsoft an. Zunächst begann er damit Romane zu schreiben, die auf Computerspielen basieren („Halo“). Laut dem Klappentext ist dieses Buch nun sein Erstlingswerk im Bereich „All-Age-Fantasy“ und der ist ihm wirklich gelungen. In den USA ist bereits ein weiterer Band um die Post-Zwillinge veröffentlicht worden (Der Name der Reihe lautet „Mortal Coils“). Bleibt nur zu hoffen, dass auch bald die deutsche Übersetzung folgt. Denn auch wenn die Geschichte in sich abgeschlossen ist, bleiben noch genügend Fragen und Handlungsfäden offen.

Da es an diesem Buch nur verschwindend geringe negative Dinge gibt (ein paar Rechtschreibfehler, der Name des Bandes "Der goldene Apfel" ist nicht ganz stimmig und die Hauptfiguren sind nicht wahnsinnig detailliert beschrieben - andererseits kann dies auch durchaus ein Vorteil sein...) vergebe ich hierfür "Den goldenen Würfel". - Auf das die weiteren Bände gleichbleibend gut sind!

Vielen Dank an den Penhaligon-Verlag, der diese Rezension ermöglichte.
 
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