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Brettspiel Feuville

sonic_hedgehog

Geweiht
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Titel: Feuville
Autor: Udo Peise
Illustrationen: Dennis Lohausen
Spieleranzahl: 2 - 4
Altersempfehlung: ab 10 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Verlag: HUCH!
Erscheinungsdatum: Oktober 2017

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Quelle: www.hutter-trade.com

Unser Dorf soll schöner werden – inwiefern der früher so benannte und mitunter belächelte Bundeswettbewerb für Udo Peises Feuville Inspiration war, ist mir nicht bekannt – mir kam das jedenfalls beim Lesen der Geschichte zum Spiel als erstes in den Sinn.

Klappentext schrieb:
Der König des Landes ruft dazu auf, der Stadt FEUVILLE zu neuem Glanz zu verhelfen. Alle Bürger sind gefordert und jeder baut mit: Bürgermeister, Architektin, Gaukler und Wirt. Die freundliche Fee und der kauzige Kobold sind ebenfalls mit von der Partie. Doch Vorsicht vor dem Drachen Dragomir - wenn er aufwacht, greift er die Stadt an und brennt alles nieder, was nicht durch rettende Regenwolken geschützt ist. Schlüpft in die Rollen der Bürger von FEUVILLE und baut an euren individuellen Stadtansichten. Wer die meisten Ruhmespunkte sammelt, gewinnt und wird Ehrenbürger von FEUVILLE!

2-4 Spieler bauen je eine, möglichst schöne, mittelalterliche Stadt. Dazu bedienen sie sich reihum aus einer gemeinsamen Auslage von insgesamt 90 Bauplättchen – bestehend aus Stadtmauern, Häusern und Himmel. Von jeder Kategorie liegen zu jedem Zeitpunkt maximal 6 Karten auf dem Spielplan aus und stehen damit zur Verfügung. Städte sind zusammengesetzt aus Stadtvierteln, die aus je einer Karte aus jeder Kategorie bestehen. Beim Bau der Stadtansicht sind allerdings ein paar Punkte zu beachten: So finden sich auf den Bauplättchen kleine, im ersten Moment nur schmückend wirkende Details wie die Stadtwachen, Fahnen, goldene Sterne auf Dächern oder über der Stadt schwebende Greifen. Weiterhin ist es sinnvoll, jeder Stadt ein Stadttor und möglichst weit voneinander gebaute Türme zu spendieren. Und dann ist da auch noch der Drache, der unzureichend durch Regenwolken geschützte Städte niederbrennt. Ergänzt wird das Kartenangebot um die sogenannten Königlichen Erlasse und die Feenzauber: Erstere lösen Wertungen aus, beispielsweise für vollständige Stadtviertel oder für Statussymbole (die oben angeführten Details), letztere helfen in bestimmten Situationen, indem sie direkt Ruhmespunkte verleihen, das Ziehen zusätzlicher Karten ermöglichen oder aber vor Drache und Dieben schützen.

Zentraler Antrieb ist ein Würfelmechanismus: Zu Beginn seines Zugs wirft der Spieler zwei sechsseitige Würfel und verteilt diese ihren Ergebnissen entsprechend auf zwei der sechs auf dem Spielplan abgebildeten, die Bautätigkeit unterstützende Personen (Bürgermeister, Architektin, etc.). Jede dieser Personen ermöglicht den Zugriff auf eines der über Ihnen angeordneten Bauplättchen oder einen der dort ausliegenden königlichen Erlasse. Alternativ kann der Spieler auch die Fähigkeit der Person nutzen – beim Gaukler ein Push-Your-Luck Mechanismus zum Erwürfeln von Ruhmespunkten, bei der Architektin das Auffüllen der Bauplättchen bei anschließender freier Wahl und dergleichen mehr. Sollte eine der Würfelpositionen mangels nützlicher Karten eher unattraktiv sein, kann dieser auch stattdessen für den Zugriff auf einen der Feenzauber verwendet werden. Der Kobold hingegen verlangt nach beiden Würfel, übernimmt dafür aber die Rolle einer beliebigen der sechs Personen – und bietet somit den Ausweg aus allzu großem Würfelpech. Bliebe der Drache: Wann immer ein Spieler einen Pasch würfelt, weckt er den Drachen. Dieser „besucht“ alle Spieler und brennt die Städte bis auf die Grundmauern nieder – es sei denn, es existiert ein ausreichender Schutz. Dieser steht im Spiel auf zweierlei Weise zur Verfügung – zum einen in Form von hilfreichen Feenzaubern, zum anderen in Form von Wolken: Für jedes Stadtviertel sollte eine Wolke am Himmel über der Stadt zu sehen seien – ist dies der Fall, kann das Feuer des Drachen der Stadt nicht nachhaltig schaden – bei Differenzen brennen entsprechend Stadtviertel nieder. Auf abgebrannten Stadtteilen kann nicht weitergebaut werden – es sei denn, der Magier (die sechste der Figuren) ermöglich vorher eine Reparatur des Schadens.

Das Spiel ist recht übersichtlich aufgebaut, was, selbst wenn man es nicht abstrahiert, den Einstieg in das Spiel sehr erleichtert: Letztlich handelt es sich beim Spielplan um eine Tabelle – 6 Spalten mit je fünf Zeilen. Auf vier der fünf Zeilen liegen zufällig gezogene Plättchen aus je vier Kategorien. Drei davon dienen dem Aufbau der individuellen Stadt (ebenfalls eine Tabelle mit aber nur drei Zeilen und beliebig vielen Spalten, die von unten nach oben zu befüllen ist), eine ermöglicht die Generierung von Punkten aus der individuellen Stadt. Die verbleibende Zeile enthält ein Aktionsfeld. Dazu kommen zwei weitere Felder für Sonderaktionen (von denen das eine die freie Wahl in der Tabelle ermöglicht) und das destruktive Element.

Auf diese Tabelle wurde das Thema mittelalterlicher Stadtbau aufgesetzt. Dabei ist Dennis Lohausen eine stimmige und sehr schön anzusehende graphische Umsetzung gelungen. Detailverliebt und vielleicht etwas kitschig entsteht Schritt für Schritt die Postkartenansicht einer mittelalterlichen Stadt. Vielleicht ist gerade zu Beginn die Schönheit auch ein kleines Hindernis, da die von mir bereits als dekorativ bezeichneten Statussymbole etwas untergehen können und man sie schlechterem Licht auch mal übersieht. Da braucht es etwas mehr Aufmerksamkeit als man es der ein oder andere erwartet. Und ja, bei aller Schönheit, mitunter bröckelt der Putz und die nackte Mechanik kommt zum Vorschein – zum Beispiel wenn man sich leise fragt, wieso der Wirt des Ortes die Baumaßnahmen dadurch unterstützt, dass er eine Runde ausgibt - eine Runde Bauplättchen wohlgemerkt.

HUCH! hat dazu (wieder) eine qualitativ hochwertige Ausstattung spendiert – sämtliche Karten und Marker bestehen aus sehr dicker Pappe oder aus Holz, extragroße Würfel runden das Bild ab. Auch die Anleitung, die in gleich 4 Sprachen vorliegt, ist klar strukturiert und umfassend - mitunter sogar leicht redundant. Aber: Erwachsenenbildung erfordert bekanntlich Wiederholung. Einzig eine Kleinigkeit zu den Königlichen Erlassen konnten wir trotz eifriger Suche nicht finden: Im Kontext war aber einigermaßen klar, dass dies jeweils zu Beginn des Zuges erfolgen muss.


Die Würfel sind auch der zentrale Teil des Zufallselements: Nicht nur die Stadtplättchen und Erlasse werden zufällig vom Stapel gezogen und auf dem Spielplan verteilt – der Zugriff auf diese ist auch vom Würfelglück abhängig. Dass meist dennoch ein geplantes Spiel möglich ist, liegt an einigen Kniffen des Autors – die Aktionsfelder brechen die Wahleinschränkungen zu Teil auf und im allergrößten Notfall ermöglich das Aktionsfeld des Kobolds dabei ja sogar die ganz freie Entscheidung, unter Verlust eines Spielzugs, aber es gibt eben nichts umsonst. So kam es in unseren Spielen nur einmal und auch nur bei einem Erstspieler vor, dass dieser gerade bei den (eigentlich nicht so seltenen) Stadttoren nicht zum Zuge kam und somit die sehr lohnenswerte Stadtwertung entfallen lassen musste. In allen anderen Fällen konnte zwar niemand seine Pläne vollständig umsetzen, aber zumindest größere Malheure blieben aus. Auch der Drache, als reines Zufallsereignis mit immerhin fast 17 % Wahrscheinlichkeit, ist relativ gut beherrschbar. Der Ärgerfaktor ist davon abgesehen relativ gering und beschränkt sich auf das gelegentliche Wegschnappen des idealen Plättchens, wobei meist eine adäquate Alternative verblieb.

Das Spiel skaliert relativ gut. Zu zweit ermöglicht es sehr ausufernde Städte und hohe Punktzahlen (siehe auch das angehängte Bild des Endes einer Runde zu zweit), bei höherer Spielerzahl verringert sich die Bautätigkeit jedes Spielers und damit steigt auch der Druck, sich wichtige Karten nicht entgehen zu lassen. Da damit die erreichbaren Punkte je Spieler sinken, reicht auch der Punktezähler dann relativ sicher aus.

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Somit ist Feuville ein Familienspiel und funktioniert in dieser Zielgruppe am besten. Vielspieler können sich nach meiner Erfahrung nur bedingt für das Spiel begeistern. Das liegt in der Hauptsache an den beiden zentralen Eigenschaften des Spiels, den übersichtlichen und damit begrenzten Entscheidungen und der Zufallsabhängigkeit. Mir persönlich war das Spiel hinter der zugegeben wunderschönen Fassade etwas zu mechanisch, zu wenig überraschend und etwas zu wenig fordernd – andere Spieler hingegen wollten möglichst zeitnah eine neue Runde, weil das Spiel so schön sei und man doch wissen wolle, ob es beim nächsten Mal anders verläuft, wenn die Würfel etwas anders fallen, man die Karten anders zieht und das Gelernte umsetzt. Und vielleicht ist es genau auch das, was das Spiel bewirken sollte: Entscheidungen zu erzwingen, für die man sich nicht die Hirnwindungen verknoten muss, die Spannung, ob das Kärtchen auf das man spekuliert, noch da ist, wenn man an der Reihe ist und ob die Würfel dann passen, das Risiko, seine Stadtviertel temporär ungeschützt zu lassen um schneller zu bauen und sich dann zu ärgern, wenn der nächste Pasch fällt. Denn über Langeweile hat sich niemand beklagt.

Sicher nicht mein Lieblingsspiel, aber eines, das dennoch wieder auf den Tisch kommen wird, weil die Familie es will. Mein Dank gilt dem Verlag für die Überlassung eines Rezensionsexemplars.


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[42/50] - Spielspaß
[15/20] - Spielthema/-regeln
[20/20] - Ausstattung
[8/10] - Preis/Leistungs-Verhältnis
85% - Gesamt
 
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