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Krimi / Thriller Ein König für Deutschland

Tufir

Drachling
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Der Sinn und Zweck eines Computers ist es, Daten zu manipulieren. Nimmt man ihm diese Fähigkeit, ist es kein Computer mehr. Das wäre so, als würde man einem Flugzeug die Fähigkeit nehmen, zu fliegen. Es wäre dann kein Flugzeug mehr!
Vincent Wayne Merrit ist Programmierer. Zwar hat er nicht Informatik studiert, aber er ist trotzdem sehr gut in seinem Fach. Als ihm nachgewiesen wird, dass er einen Trojaner in ein Banksystem eingeschleust hat, wird er zu einem Jahr Haft verurteilt. Nach Verbüßung der Strafe packt er seine sieben Sachen und zieht aus dem beschaulichen Pennsylvania ins sonnige Florida. Er findet eine Anstellung in einer kleinen Softwareschmiede, der die Vergangenheit ihrer Mitarbeiter ziemlich egal ist. Dort trifft Vincent auf Frank Hill, einem Kongress-Abgeordneten, der ihn beauftragt, ein Prototyp zu schreiben, mit dem das Endergebnis einer Wahl manipuliert werden kann, ohne dass diese Manipulation auffällt. Trotz seiner Skepsis tut Vincent wie ihm geheißen und entwirft dieses Programm.

Es ist das Jahr 2000 und George W. Bush gewinnt die Wahlen zur US-amerikanischen Präsidentschaft mit lediglich knapp über 3.000 Stimmen Vorsprung. Diese Stimmen kommen aus Florida. Vier Jahre später wird George W. Bush wiedergewählt und erneut liegt der Geruch von Wahlmanipulation in der Luft.

Vincent lernt schließlich den italienischen Bühnenzauberer Benito Zantini kennen, der ihm auf die Spur kommt. Dieser verlangt von ihm, ein Programm für Wahlcomputer zu schreiben, dass er an politische Parteien verkaufen kann. Nachdem Vincent dies nicht freiwillig tut, zwingt er ihn mit sanfter Gewalt und Erpressung dazu. Vincent gelingt es zu fliehen. Doch anstatt sein Programm zu vernichten, brennt er es auf eine CD und schickt diese nach Deutschland zu seinem Vater, Simon König. Doch Zantini bemerkt auch dies und luchst Vincents Vater die CD wieder ab. Als danach die Wahlen in Hessen vollkommen unerwartet in einem politischen Patt enden, erhärtet sich der Verdacht einiger deutscher Hacker mit denen Vincent in Kontakt steht, dass Zantini tatsächlich aktiv geworden ist. Vincent lässt seinen Computerfreunden in Deutschland die Information zukommen, dass er eine Falle, eine sogenannte Trap-Door in das Programm eingebaut hat. Soblad eine Partei teilnimmt, welche das Kürzel seiner Initialen VWM aufweist, wird diese Partei erdrutschartig gewinnen. Um die Manipulation zu beweisen, ist ein Plan ist schnell zur Hand: Die VWM, die "Volksbewegung zur Wiedereinführung der Monarchie" wird gegründet und Simon König soll König Simon von Deutschland werden!

99% aller Anwender von Computernn wissen nicht, wie eine solche Maschine funktioniert!
In seinem Nachwort beschreibt Andreas Eschbach, dass er mit seinem Buch darauf aufmerksam machen wollte, dass Wahlmaschinen/Wahlcomputer besser als andere dazu dienen können, Wahlergebnisse zu manipulieren. Und obwohl das Bundesverfassungsgericht den Einsatz aktuell existierender Maschinen mittlerweile verboten hat, ist dieser Roman nach wie vor brisant und hochaktuell. Eschbach beschreibt auf sehr eindringliche Art und seinem bekannt hervorragenden Stil eine Fiktion, der man absolut abnimmt, dass sie wahr werden könnte. Seine Berichte aus der jüngsten Vergangenheit über die Wahlen in den USA und die Hessenwahl belegt er mit Fußnoten. Auch der teilweise sehr ironische Humor kommt nicht zu kurz und tut aber der Spannung und der Realitätsnähe keinen Abbruch. Neben der rein belletristischen Unterhaltung vermittelt der Autor dabei auch profundes Wissen über Wahlsysteme, das deutsche Grundgesetz, Computer und andere Dinge. Eschbachs Roman ist für jeden politisch interessierten Pflicht, für jeden Computerfreak eine Bestätigung und für jeden Rollenspieler eine Offenbarung, kommt doch die Gründung der Partei VWM nur dadurch zustande, dass Alex, einer der Hacker und Inhaber einer Spieleschmiede dafür sorgt, dass seine MMORP Rollenspieler auf das Spiel „Wir führen die Monarchie wieder ein“ aufspringen.

Warum sind es ausgerechnet diejenigen, die extrem viel von Computern verstehen, die sich gegen den Einsatz von solchen Maschinen bei Wahlen verwenden?
Obwohl manches an dieser Geschichte etwas konstruiert klingt, ist es keine Frage, dass Eschbach ein kleines Meisterwerk gelungen ist, welches bezogen auf seinen politischen Aspekt im Moment an Brisanz und Aktualität seinesgleichen sucht.

Viel Spaß bei diesem heißen Politthriller wünscht euch
Euer Tufir


Andreas Eschbach wurde am 15. September 1959 in Ulm geboren und ist deutscher Schriftsteller und Bestsellerautor. Waren seine früheren Werke hauptsächlich der Science-Fiction zuzuordnen, sind manche seiner neueren Werke (Eine Billion Dollar, Der Nobelpreis) außerhalb dieses Genres anzusiedeln.

Eschbach studierte in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik, schloss dieses Studium jedoch nicht ab, sondern arbeitete als Softwareentwickler und Unternehmer, bis sein Erfolg als Schriftsteller es ihm erlaubte, sich auf das Schreiben zu konzentrieren.

Seit 2003 lebt er mit seiner zweiten Frau Marianne Eschbach in der Bretagne. Eschbach wurde für seine Werke mehrfach ausgezeichnet und ist einer der bedeutendsten europäischen Science-Fiction-Autoren.

Eschbachs ersten veröffentlichten Roman „Die Haarteppichknüpfer“ (1995) kann man auch als eine Sammlung von Kurzgeschichten lesen, die alle im selben Science-Fiction-Universum spielen. Dieses Universum greift er in Quest (2001) wieder auf, einem Roman, der als klassische Space-Opera konzipiert ist. Solarstation (1996) ist als echter Thriller angelegt, er spielt nur auf einer japanischen Raumstation. Mit Kelwitts Stern (1999) parodiert Eschbach die Story von E.T. und verlegt sie auf die Schwäbische Alb.

Eschbachs erster Bestseller ist das Buch Jesus Video (1997). Ein echter Thriller, dessen Grundidee zwar auf einer Zeitreise beruht, der aber ganz und gar in der Gegenwart spielt. Noch weiter von der Phantastik entfernt sich Eschbach mit Eine Billion Dollar (2001). Einzig die Vorstellung eines Erbes von 1.000.000.000.000 Dollar, das seinen Ursprung irgendwann im 16. Jahrhundert hat, ist mehr als phantastisch. Der Thriller wird durch die Frage angetrieben, wer am Ende Geld und damit Macht in Händen hält. Auf fast 900 Seiten erfährt der Leser zudem viel über Wirtschaft und Geldwesen.

Der Roman Der Nobelpreis nutzt keine phantastischen Elemente, eine Entführung und die Erpressung eines Mitglieds des Nobelpreiskomitees bringen die Geschichte ins Rollen. Scheinbar konstruiert Eschbach einen Wirtschaftsthriller, aber am Ende erfährt man einiges Überraschendes über die Hauptpersonen. Dinge, die die Handelnden und die Handlung in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen.

Ausgebrannt beschreibt die Entstehung und die Folgen einer tiefgreifenden Energiekrise, ausgelöst durch das Überschreiten des globalen Ölfördermaximums, auch als „Peak Oil“ bezeichnet. Mit diesem Stoff als Grundlage nähert sich Eschbach wieder der Science-Fiction. Wie wird die Welt aussehen, wenn uns das billige Öl ausgeht? Eschbach zeigt mit diesem Buch einen unter die Haut gehenden Blick in die Zukunft.

Als erster von mehreren Gastautoren schrieb er 1998 den 1935. Band der Perry-Rhodan-Serie und konnte sich damit einen Jugendtraum erfüllen. Sein zweiter Gastroman wurde unter der Nummer 2295 im August 2005 veröffentlicht und sein dritter unter der Nummer 2503 im August 2009.

Von September 2001 bis Juni 2002 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sein Fortsetzungsroman Exponentialdrift. Dabei wob Eschbach auch aktuelle Bezüge in die Handlung ein.

Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt: Spanisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Tschechisch, Polnisch, Russisch, Lettisch, Japanisch sowie Türkisch. Im April 2005 erschien als erste Übertragung ins Englische sein Debüt-Roman Die Haarteppichknüpfer unter dem Titel The Carpet Makers in den USA.

Über viele Jahre hat Andreas Eschbach sich als leitender Referent auf Schreibseminaren aktiv für den schriftstellerischen Nachwuchs engagiert. Seine Webseite bietet neben umfangreichen Buchtipps zum Thema auch eine lange Liste von Fragen und Antworten, die Eschbach im Laufe der Zeit per E-Mail beantwortet hat. Dieser Service wird auf der Webseite weitergeführt, jedoch hat Eschbach die aktive Seminartätigkeit Ende 2007 eingestellt. (Die alte Webseite ist inzwischen abgeschaltet worden. Die Übertragung und Aufbereitung der Inhalte ist geplant und versprochen.)

Auf Initiative Andreas Eschbachs fand unter seiner und Klaus N. Fricks Leitung an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel 2005 ein Schreib-Experiment statt: 15 Teilnehmer an einem Schreibseminar schrieben die Rohfassung eines kompletten Romans tatsächlich innerhalb von nur 44 Stunden.


Wir danken dem Bastei-Lübbe-Verlag für dieses Rezensionsexemplar!
 
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