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Krimi / Thriller Die Plage

Luzifer

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Essen und Schlafen sind zwei Notwendigkeiten, die das Handeln des Menschen in hohem Maße beeinflussen. Wenn etwas mit diesen Notwendigkeiten nicht stimmt, merken wir das auch gleich. In der Literatur und den Medien wird der Notwendigkeit Essen aber viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Charlie Huston rückt dieses Missverhältnis ein Stück gerader, durch seinen Thriller „Die Plage“ und seiner Vision von einem schlaflosen Planeten:

Alle Zeichen stehen auf Sturm! Die Welt, so wie wir sie kennen nähert sich dem Abgrund. Eine Pandemie namens SLP ist ausgebrochen, die bislang knapp 10 % der Weltbevölkerung, in ihren Bann gezogen hat. Das Symptome ist einfach und ebenso tragisch, weil zu 100 % letal: man kann nicht mehr schlafen. Man ist immer wach. Der Körper kann nicht mehr richtig regenerieren und nach ca. einem Jahr fällt man in die „Zeit der Leiden“ und stirbt.


Es ist leichter Normen und Werte über Bord zu werfen, wenn man weiß, dass man sterben wird. Und ein steigender Anteil der Bevölkerung lebt von Stunde zu Stunde, ohne an Morgen zu denken. Der Wertezerfall hat zu einem Aufrüsten bei den Reichen geführt, einer Vielzahl an Subkulturen, kuriosen Entwicklungen und zu einem dauerhaften Ausnahmezustand der Armee, da fanatische und radikale Religionsanhänger die Apokalypse nahen sehen – oder sie gar selbst herbei führen wollen.


Alles in allem ist es schwer den Versuch zu starten die Ordnung aufrecht zu erhalten. Aber keineswegs haben alle die Welt schon aufgegeben. Dazu gehört auch Park. Park der Drogendealer. Der Drogendealer mit Herz und einem Doppelleben. Tatsächlich ist Park nämlich genau das Gegenteil und klammert sich an eine Welt, die vermutlich schon längst vergangen ist. Aber sein junges Kind und seine Frau, die an Schlaflosigkeit leidet, und seine Berufung lassen ihn nicht alles hin werfen, oder korrupt werden, oder durchgedreht, wie so manche andere. Als einige seiner „Klienten“ Opfer eines Mordfalls werden, bekommt Park einen Hinweis auf ein Netzwerk von Personen, die im Besitz des ultimativen Medikaments sind: Dreamer. Das einzige Mittel gegen die Schlaflosigkeit. Eigentlich unter totaler staatlicher Aufsicht, und nicht in der Menge herstellbar, wie es eigentlich gebraucht wird, ist jeder auf der Jagd danach. Aber nur wenige kommen heran. Die Frage, die sich Park sehr schnell stellt, ist, ob der exzentrische Sohn des Erfinders dieses Medikaments, Parzifal Afronzo, etwas mit dem Schwarzmarkt zu tun hat, und was es ihm überhaupt nutzen würde. Ebenso mysteriös ist die Verstrickung des Schwarzmarktes mit dem größten und beliebtesten Online-Rollenspiels „Chasm Tide“, welches für eine Vielzahl von Schlaflosen zur Lieblingsbeschäftigung geworden ist. Alles weist auf eine Verschwörung hin, während Los Angeles und der Rest der Welt zusammen bricht. Wäre dem nicht genug, hat es ein Edel-Killer – nennen wir ihn den „Verdorbenen Mann“ auf Park abgesehen, weil dieser seit dem Mord im Besitz eines wichtigen Beweismittels ist, das jemand im Hintergrund gerne wieder in seinen Händen wissen möchte. Ausruhen ist somit nicht und der arbeitswütige Park hat doch schon lange nicht mehr geschlafen.


„Die Plage“ ist kein Science Fiction. Es spielt im Hier und Jetzt und alle im Roman aufgeführten Technologien, politischen Umstände und wirtschaftlichen Verhältnisse könnten sich von dem derzeitigen Stand dort hin entwickeln. Wenn man so will, ist „Die Plage“ Fiction im Korsett eines Thrillers.


Der Aufbau des Romans wird in fester Struktur bis zum Ende durchgezogen. Der Leser begleitet Park, erzählt aus Sicht einer dritten Person. Der „Verdorbene Mann“ erzählt in der Ich-Perspektive. Zuletzt schreibt Park in der Ich-Perspektive in eine Art Tagebuch, bevor es wieder von vorne los geht.

Diesem Muster folgt das Buch bis zum Ende. Am Schluss erklärt sich diese Muster auch, aus der Geschichte selbst heraus.
Die ständigen Wechsel der Sicht auf die Geschichte machen den Roman vielschichtig und abwechslungsreich. Die Spannung kann konstant gehalten werden, obwohl man sich im zweiten Drittel vielleicht noch einen Anzug der Spannung gewünscht hätte.
Das Finale überrascht dafür mit einer gnadenlosen Konsequenz der fein säuberlich gestrickten Charaktere. Die Sprache des Autors ist sehr bildreich.


Fazit:


„Die Plage“ hat mich während der Lektüre und auch danach noch lange beschäftigt. Die Fiktion des Charlie Huston einer Welt, die direkt auf die Apokalypse steuert, welche nicht immer vom Teufel und seinen Heerscharen eingeläutet werden muss, liegt so nah, so greifbar, dass der Roman höchst aktuell ist. Auch wenn hier Schlaflosigkeit und nicht z.B. Atomkraft oder die Erderwärmung die mögliche Vernichtung einleiten. Einmal angefangen, las sich „Die Plage“ flüssig und war schwer aus der Hand zu legen. Auch wenn, wie bereits erwähnt, die Spannungskurve gegen Ende nur geringfügig anstieg, sich dafür aber insgesamt sehr konsequent auf einem hohen Niveau hielt. Unterhaltend von einem Roman zum Sinnieren gebracht zu werden, spricht von einer guten Qualität und folgt in einer Empfehlung des Thrillers. Auch die Einbindung des Phänomens Online-Rollenspiels gefiel mir in diesem Zusammenhang sehr gut. Charlie Huston wagt dazu eine Analyse von Rollenspielern im Allgemeinen. Und ich kann sagen, dass er irgendwie Recht hatte…




Über den Autor:


Amazon.de schrieb:
Charles Huston ist Roman-, Comic- und Drehbuchautor. "Der Prügelknabe" war der Auftakt einer Trilogie um den liebenswerten Verlierertypen Hank Thompson. Die Filmrechte wurden nach Hollywood verkauft. Für den zweiten Band der Trilogie – "Der Gejagte" – wurde Huston für den wichtigsten amerikanischen Krimipreis, den Edgar Award, nominiert. Mit "Stadt aus Blut" startete Huston seine auf fünf Bände angelegte Vampirserie um Privatdetektiv Joe Pitt. "Killing Game" war sein erster Stand-Alone-Roman. Der Autor lebt mit seiner Frau, der Schauspielerin Virginia Louise Smith, in Los Angeles.
 
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AW: Die Plage

Sehr gute Rezension. Danke dafür!

Charlie Huston ist allgemein ein sehr empfehlenswerter Autor. Er bezeichnet sein literarisches Genre als "Pulp Noir". Seine Vampirromane haben einen eigenen Stil entwickelt, der sich sowohl vom klassischen Mainstream, als auch vom ursprünglichen Vampirbild abhebt. Und Romane wie "Clean Team", die Hank-Thompson-Reihe und "Killing Game" kann man annähernd in verschiedene Cyberpunk-Settings übertragen, wenn die Inspiration gerade knapp ist.
 
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