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Brettspiel Die Legenden von Andor - Chada & Thorn

sonic_hedgehog

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Mittlerweile ist es dreieinhalb Jahre her, dass mein Kollege Voltan Michael Menzels Legenden von Andor rezensierte und davon begeistert war.
Mit Chada & Thorn liegt nun der neueste Spross der Andorfamilie vor: Chada & Thorn, ein kooperatives Zweipersonenspiel in der dafür typischen Schachtel des Kosmos-Verlag. Gestaltet wurde es erneut von Michael Menzel, für die Spielmechanik zeichnet sich aber Gerhard Hecht verantwortlich, den der ein oder andere vielleicht von Jäger und Späher oder von Kashgar kennt. Wobei ich auf Kashgar nochmals zurückkommen werde.

Wie Kenner des Originals und Leser der Rezension wissen, handelt es sich bei Andor um eine Fantasy-Welt. Etwas bedauerlich, aber in Zeiten des Internets kein unüberwindliches Hindernis: In der Anleitung finden sich darauf kaum Hinweise und auch auf die eigentliche Geschichte um Chada und Thorn wird nur am Rande eingegangen. Hier hilft die Website zur Spielewelt www.legenden-von-andor.de weiter, in der sich auch ein Forum für Fragen zum Spiel findet.

Wo es sich bei Legenden von Andor um ein ausgewachsenes Brettspiel für 2-4 Spieler handelt, das zum Kennerspiel des Jahres gekürt wurde, handelt es sich bei Chada & Thorn primär um ein Kartenspiel, das durch ein Spielbrett (bestehend aus größeren Karten) ergänzt wird und das eigenständig vom Grundspiel ist.

Das Spiel liefert 4 Szenarien, vier Reiseabschnitte, die Chada und Thorn überwinden müssen, um ihre Reise zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Dazu kommt ein zusätzliches, aber aufgrund der Kürze nicht extra zu zählendes Einführungsszenario, in dem die beiden nach einem Schiffbruch das rettende Festland erreichen müssen. Auf den Spielplankarten ist dabei der Weg der beiden abgebildet und damit auch die Felder, auf denen besondere Ereignisse auftreten. Diese Spielplankarten haben ungefähr die Größe von Postkarten und sind aus etwas dünnem Karton, der aber für den Zweck,die Züge abzubilden und ein Spiel zu angenehmen Preis und in kleiner Schachtel zu produzieren, völlig angemessen ist. Die Spielkarten sind in der üblichen Qualität gearbeitet, leiden aber etwas unter der der Spielmechanik, die für Karten etwas strapaziös ist. Über die Szenarien selbst werde ich hier keine weiteren Worte verlieren, um nicht durch versehentliche Spoiler Spielspaß vorwegzunehmen – hier daher ein paar Worte zur Grundmechanik und zum Spiel im allgemeinen.

Bei der Mechanik sind wir wieder bei Kashgar: Gerhard Hecht entwickelte dafür einen Kartenmechanismus, der in Chada & Thorn verdichtet wieder zum Einsatz kommt. Für Chada (die Bogenschützin) und Thorn (den Krieger und damit Nahkämpfer) stehen je drei Charakterkarten mit unterschiedlichen Fähigkeiten, im Spiel als Aktionen bezeichnet, zur Verfügung: Laufen, Kämpfen und je eine Sonderfertigkeit. Diese Karten sind zu Beginn jeweils die oberste Karte ihres Kartenstapel(chens). Mit im Stapel liegt auch je eine Fluchkarte. Nach Verwendung werden die Karten unter den Stapel gelegt und die jeweils oberste Karte steht zur Verwendung (und muss verwendet werden). Die Charakterkarten haben je eine bessere Sonnenseite und eine schlechtere Regenseite – und das Wenden kann Teil der Kosten einer Fähigkeit sein. Auch die Fluchkarten haben eine ruhende und eine wache Seite. Unter Nutzung von Fähigkeiten (speziell den unterschiedliche Laufweiten) und Willenskraft bewegen sich die beiden Charaktere entlang der Wege über die Karten. Verfolgt werden beide vom Fluch, dessen Bewegungen über die wache Seite der Fluchkarten ausgelöst werden. Sollte der Fluch einen der beiden einholen, ist das Spiel verloren.

Doch natürlich ist es nicht so einfach, dass die beiden eigentlich nur laufen müssten: Im Nebel lauern Gegner, die besiegt werden müssen – repräsentiert durch zufällige Gegnerkarten, die nach Auftauchen unter einen der Kartenstapel gelegt werden und mit denen man sich, wenn sie im Stapel nach oben gewandert sind, beschäftigen muss. Sollten die Charaktere die Gegner nicht besiegen können, führen diese auf den Gegnerkarten angegebene Aktionen aus – nie zum Vorteil der Charaktere. Aber: Auch Unterstützung in Form von Freundeskarten und Ausrüstungsgegenständen kann gefunden werden. Diese Karten werden in einen der Charakterstapel einsortiert und kommen dann als weitere Option zum Einsatz. Das erleichtert das Spiel nicht nur durch die Fähigkeiten der Karten, sondern nicht zuletzt auch dadurch, dass durch die größeren Stapel die Fluchkarten seltener und die Gegnerkarten später auftauchen.

Es ergibt sich ein Knobelspiel: Wer bewegt seinen Charakter mit welcher der Karten wohin? Kann der andere folgen und so in der Nähe bleiben? Das wäre vorteilhaft, da die beiden Charaktere sich nur unterstützen können, wenn sie auf benachbarten Feldern stehen. Und mancher Gegner ist unmöglich alleine zu besiegen. In welcher Reihenfolge verwendet man die Charakter- oder Freundeskarten und wann muss man die Fluchkarte aktivieren.
Doch selbst wenn man sich so gut koordiniert, dass man zur richtigen Zeit mit den richtigen Fähigkeiten gemeinsam vor dem Gegner steht, dann scheitert man an anderer Stelle daran, dass der falsche Charakter vorweg geht und dem nachfolgenden plötzlich der eine Willenspunkt fehlt, um rechtzeitig nachzufolgen. Was am Ende interessant wird, da das Ziel zwar nicht gleichzeitig, aber doch binnen dreier Züge erreicht werden muss.
Das ist spannend und anregend komplex, aber in der Regel nicht frustrierend. Wichtig ist allein, wie bei vielen kooperativen Spielen, dass beide Spieler sich gleichermaßen einbringen und nicht einer die Führung an sich reißt. Und dass die Kommunikation stimmt.

Einziger Hemmschuh ist die Anleitung. Obwohl wir doch einige Erfahrung mit Spielen aufweisen, hatten wir massive Probleme ins Spiel zu finden. Das begann mit dem Einführungsszenario, für das leider keine Karte beiliegt und das in der Anleitung gespielt werden soll. Bei uns führte das dazu, dass wir immer wieder nachschlagen mussten, wie die Züge ausgeführt werden müssen und dafür die Figuren entfernen und wieder zurückstellen mussten. Ergebnis: Abbruch, Kopie des Spielplans und Neustart. Und auch im ersten echten Szenario waren wir immer wieder mit Blättern beschäftigt, da nicht jede Information spontan zu finden war. Mit steigender Übung erledigte sich das Problem, aber die Hürde war höher als notwendig.

In der Summe bleibt aber: Chada & Thorn ist ein gutes Spiel mit einigem Wiederspielwert, da nicht alle Etappenkarten im Szenario zum Einsatz kommen und die Gegner zufällig auftauche. Für uns reiht es sich in unserer Spielesammlung zwar nicht ganz oben, aber leicht im guten Mittelfeld ein – was aber nach Überwindung der Einstiegshürde eher eine Geschmacksfrage ist.

Ein Goodie, das nicht unerwähnt bleiben soll: mit Stinner liegt dem Spiel ein weiterer Charakter bei, der mit im Internet zur Verfügung stehenden Szenariokarten für ein Solospiel verwendet werden kann. Ebenfalls im Netz: Weitere Blanko-Abenteuerkarten für das Spiel zu zweit, was den Wiederspielwert bei etwas Kreativität weiter erhöht.

Ich danke dem Kosmos—Verlag für das Stellen eines Rezensionsexemplars.

[45/50] - Spielspaß
[12/20] - Spielregeln
[15/20] - Ausstattung
[9/10] – Preis/Leistungs-Verhältnis

81% gesamt
 
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