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Sci-Fi / Fantasy Die Furcht des Weisen, 2

sonic_hedgehog

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Nun ist es also endlich soweit: Vor mir liegt Patrick Rothfuss' Die Furcht des Weisen 2, der zweite Teil des zweiten Teils der Königsmörder -Chronik. Merkwürdiger Satz, aber wahr. Zu Details verweise ich auf die vorangegangenen Rezensionen. Die Geschichte um den Zauberschüler und berüchtigten blutlosen Kvothe geht also weiter. Und wie:

Nachdem ich in meiner letzten Rezension beklagen musste, dass der Roman zwar schön geschrieben aber in weiten Teilen eher ereignislos war, steigen wir hier genau in dem Moment ein, wo der letzte Teil endete – mitten in der Action.
Als sich der Rauch verzogen hat, erkennen Kvothe und seine Begleiter das genaue Ausmaß dessen, was Kvothes Magie am Ende vollbracht hat und dass es nicht viel mehr zu tun gibt, als die Reste der Räuber zu beseitigen. Als der Schock sich gelegt hat, machen sie sich auf den Rückweg, und es überschlagen sich die Ereignisse. Die Gruppe folgt einem merkwürdigen Gesang auf eine Lichtung, auf der sie zu ihrem Schrecken die Fee Felurian erblicken – weithin berüchtigt als männerverschlingende Schönheit. Es kommt wie es kommen muss – Kvothe folgt ihr... Er wird einige Zeit in der Feenwelt verbringen müssen, bis es ihm gelingt, diese und Felurian wieder zu verlassen und in der realen Welt seine Gefährten wieder zu finden.
Angekommen muss er erfahren, dass Tempi, der Adem, sich den Zorn seines Volkes zugezogen hat, als er damit begann, Kvothe die Grundsätze der traditionellen Kampfkunst zu vermitteln. Daher entscheidet er sich, diesen zu seinem Volk zu begleiten anstatt gemeinsam mit den anderen ihren Auftraggeber über den Erfolg zu informieren. Eine richtige Entscheidung, wie sich zeigen wird, jedoch eine, die Kvothe vor neue Probleme stellen wird. Als er nach deren Überwindung letztlich ebenfalls nach Severen zurückkehrt, wird er dort freudig empfangen. Eine erneute Unbeherrschtheit jedoch zwingt ihn Severen erneut zu verlassen. Allerdings hat er sich in den vergangenen Monaten genug Ruhm und Geld verschafft, sodass er die Chance ergreift und endlich an die Universität zurückkehrt. Nicht viel später folgt ihm auch sein Ruf, womit die folgende Zeit sich überaus erfolgreich gestaltet.

Rothfuss führt die Geschichte um Kvothe im vorliegenden Band ebenso geschickt wie bedächtig fort. Meiner Begeisterung über Sprache und Stil habe ich in den vergangenen Rezensionen bereits mehrfach Ausdruck verliehen – das dort gesagte gilt auch für dieses Buch. Der Leser wird bezaubert durch den Detailreichtum und die überbordende Phantasie, die in der fesselnden Sprache perfekt gefasst ist.
Und dennoch: Die leichten Bauchschmerzen, die der erste Teil von Die Furcht des Weisen in mir hervorgerufen hat, sind nicht leichter geworden. Eher im Gegenteil.
Aber zuerst noch ein weiterer positiver Aspekt: Durch die Rahmenhandlung wird langsam aber sicher deutlich,warum Kvothe sich von der Welt zurückgezogen hat und auch Basts Motivation mit dem Schreiber tritt deutlich hervor. Rothfuss verfolgt eindeutig einen Plan. Fraglich jedoch ist, wie dieser im Detail aussehen wird.
Denn allmählich werden die ersten Schwächen sichtbar. Zum einen sollte man festhalten, dass auch am Ende des zweiten von gesamt drei Teilen Kvothe von seinem Ruf noch relativ weit entfernt scheint. Noch immer ist er (wenn auch sehr erfolgreicher) Student, noch immer ist er den Mördern seiner Eltern nur wenig näher gekommen, noch immer ist sein Ruf eher aufgeblasen denn auf der Realität begründet. Zum anderen verletzt Rothfuss hier zum ersten Mal die innere Logik seiner Geschichte. Kvothe, der zwar hochbegabte, aber im Umgang mit Frauen eher unbedarfte Jugendliche überwindet, fast im Vorübergehen Felurian, ein uraltes magisches Feenwesen, dessen Leben das Verführen und letztlich Vernichten von Männern ist. Und auch seine Erfolge im Kampfstil der Adem sind mehr als beeindruckend. In nur wenigen Monaten von null auf ausreichend, um gegen 8 Gegner zu bestehen (auch wenn von diesen nur einer wirklich geübter Kämpfer war). Hier braucht es auch für Fantasyfans einige Phantasie.

Mehr Kopfzerbrechen (und Bauchschmerzen, um im Bild zu bleiben) bereitet mir aber der langsame Fortgang der Gesamtgeschichte. Alle wichtigen Handlungsfäden sind weiterhin offen und bei Betrachtung der Kenntnisse Kvothes zu diesem Zeitpunkt scheint es eher unwahrscheinlich, dass ein Band ausreicht, die Handlungsstränge befriedigend aufzulösen, selbst wenn der dritte Band noch dicker würde als der zweite. Daher erlaube ich mir an dieser Stelle mal mehrere Spekulationen:
1. Der dritte Band beendet nur die Erzählung der Vergangenheit Kvothes – sein legendärer Ruf ist eher heiße Luft als Wahrheit. Für die Auflösung der Handlungsstränge werden weitere Bände benötigt. Unschön, aber nicht einzigartig.
2. Band 3 wird monströs – und dennoch muss Rothfuss seine Handlung etwas übers Knie brechen um alle Handlungsfäden abzuschließen. Angesichts der bisherigen literarischen Qualitäten eher schwer vorstellbar.
3. Rothfuss enttäuscht alle Erwartungen und schließt nur einen Teil der Handlung ab – die verbleibenden Handlungsfäden bleiben lose. Vielleicht die interessanteste Lösung, aber eine, nach der Rothfuss besser in Deckung gehen sollte.

Wohin der Weg gehen wird, am Ende dieses Roman bleibt ein gigantischer Cliffhanger und die große Furcht (nicht des Weisen, sondern des Lesers) eine Seifenblase zu beobachten, schön schillernd aber unglaublich fragil.

Ein Wort an dieser Stelle zur Veröffentlichungspolitik des Verlags:
Band 1 umfasste etwas mehr als 860 Seiten für €24,95, denselben Umfang und Preis hatte auch Band 2.1. Band 2.2 liefert gut 520 Seiten bei einem Preis von €22,95.
Sicherlich, Band 2 wäre mit fast 1400 Seiten sehr schwer für ein Buch gewesen. Selbst meine einbändige Herr der Ringe Ausgabe hat nur 1200 Seiten und dabei einen viel zu engen Satz. Trotzdem ärgert man sich darüber, für einen Band im Original zweimal zahlen zu müssen und dann für beide Bände auch noch nahezu dieselbe Summe. Ob sich hier wirklich keine günstigere Lösung hätte finden lassen? Außerdem verwundert mich bei Betrachtung beider Bände auch die Stelle, die für die Unterbrechung gewählt wurde. Hätte man anstatt nach dem Kampf gegen die Räuber früher, nämlich bei der Abreise im Auftrag des Maer unterbrochen, hätten sich zwei gleich dicke Bände ergeben und keine Unterbrechung mitten in der Handlung. Ein weiteres Rätsel.

Trotz dieser Einschränkungen ist auch dieser Roman für Fans der Reihe ein Muss – und weiterhin ist Band 1 für alle anderen eine klare Empfehlung. Der Einstieg lohnt sich und ich persönlich fiebere Band 3 entgegen – in der Hoffnung auf einen runden Abschluss (Überraschen Sie mich, Herr Rothfuss!) und eine angenehme Veröffentlichungspolitik.

Mein Dank gilt erneut Klett-Cotta, auf deren Verlagsseiten sich weitere Details zu diesem und den anderen Romanen finden.
 
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