AW: Dera Drakonim - Heldengeflüster
Seyshaban und Raye sitzen eine Weile schweigend in ihrem Wachnest, als sich schließlich Stille über den lagerplatz senkt und alle der Kameraden schalfen. Auch die natur ist relativ ruhig. Noch eine Weile später bricht Seyshaban das Schweigen. Er spricht mit gesenkter Stimme:
"Nun, werte Raye, darf ich Euch etwas fragen? Ihr seid ja die Beraterin des Fürsten und damit gesandt von dessen Lehnsherrn. Daher stammt ihr vermutlich aus Eurer Hauptstadt. Erzählt doch etwas. Wie groß ist diese, unterscheidet sich das Leben dort von dem in den Festungen. Und, ich hoffe ihr verzeiht dass ich das frage, aber es ist für mich und die anderen durchaus wichtig - wisst ihr, ob gelegentliche Handelsverbindungen zu einem Kontinent im Westen Eurer Gestade existieren? Denn wenn dieser Auftrag erledigt sein wird, werden wir uns ein neues Ziel suchen müssen. Lohnt es sich, die hauptstadt ins Auge zu fassen?"
Raye hebt den Blick und mustert Seyshaban. Sie weiß nicht, ob er sie erkennen kann, doch ist ihr Blick freundlich, wenn auch wachsam. "Eure Vermutung trifft nicht ganz zu" sie lächelt "Ich stamme nicht aus der Hauptstadt Jher-Moron. Allerdings vermag ich auch so etwas zu erzählen. Jher-Moron ist eine recht große Stadt mit einigen hunderttausend Einwohnern. das leben unterscheidet sich wohl in vielerlei Hinsicht. Am Hofe ist es eher gesittet. In der Stadt jedoch, geht es meistens rau zu." Ein Lächeln zeichnet sich auf ihren Lippen und in den blauen Augen ab. "Wenn Ihr und Eure Gruppe diesen Auftrag hinter Euch gebracht habt, dann halte ich diesen Weg für eine gute Entscheidung. Im Hafen von Jher-Moron dockt jedweder Menschenschlag an. Ihr könntet dort mit Sicherheit fündig werden.."
"Das klingt gut, ich werde es mir merken. Nun ja - vielleicht gibt es hier ja noch überraschendes zu erfahren. Diese Frage mag Euch überraschen, aber manchmal führt nur der direkte Weg zum Ziel: Gibt es hier vielleicht Sagen oder Legenden über Manschen, die die Tätowierung eines Drachen auf ihrer Stirn tragen? Eine Tätowierung ähnlich der meinen?"
Seyshaban deutet auf seine Stirn, wo - eigentlich unübersehbar - seine Tätowierung prangt.
Um Seyshabans Tattoo richtig betrachten zu können, muss Raye sich nach vorne - ihm entgegen - beugen und mit ihrem Gesicht, seinem sehr nahe kommen. "Verzeiht. Die Dunkelheit." flüstert sie, blickt ihm kurz in die Augen undlässt ihre Augen dann zu seiner Stirn wandern. Als sie es erkennen kann, zieht sie ihren Kopf zurück und räuspert sich leicht und wohl auch etwas verlegen, dass sie die Nähe Seyshabans so forsch "gesucht" hatte.
"Nun, es gibt Gerüchte, dass es solche Menschen geben soll, allerdings bin ich persönlich noch niemanden begegnet. Ob sich die Tätowierungen ähneln, entzieht sich leider meiner Kenntnis."
"Das wäre nun auch ein großer Zufall gewesen... Aber ja nicht unmöglich!"
Seyshaban scheint kurzfristig ins Leere zu blicken, während er sinnniert. Dann richtet er seinen Blick wieder in Richtung des Lagers und von dort einmal in die Runde.
"Stimmt" bemerkt sie knapp und richtet ihren Blick dann ebenfalls wieder in die Ferne.
"Sagt, Seyshaban, wie kam es dazu, dass man Euch zum Redner dieser doch eher.. gewürfelten Gruppe ernannte? Ihr müsst etwas an Euch haben" sie lächelt ihn an.
"Interessant, dass Euch bei all den Rätseln vor die wir Euch stellen müssen ausgerechnet diese Frage beschäftigt.
Nun, wie wir ja bereits erzählten, sind wir nicht als eine Gruppe in dieses Gebiet gekommen, sondern Ruppert und ich waren in einer Gruppe unterwegs und trafen dann zufällig auf Eidel, Drachir und Beryt. Joxx stellten wir als Führer an, Arikarion trafen wir auf der Reise - die beiden können wir also außen vor lassen.
In Rupperts und meiner ursprünglichen Reisegesellschaft ergab es sich, dass ich am besonnensten reagierte, als wir von Gegnern umzingelt wurden und daher von diesen auserkoren wurde, das Schicksal der Gruppe zu verhandeln. Dank des guten Ergebnisses, das ich erreichte, waren auch die anderen mit dieser Wahl sehr zufrieden und wir behielten diese Aufgabenverteilung bei. Später dann, als wir beschlossen hatten unsere Reise in verschiedenen Gebieten fortzusetzen, trafen wir auf Beryt, Eidel und Drachir. Und da von den dreien zwar jeder seine speziellen Fähigkeiten besitzt, keiner jedoch den expliziten Wunsch, die exponierte Stellung des Verhandungsführers zu übernehmen, behielt ich diese Position bei. Jedoch dürft ihr eine Sache dabei nicht falsch verstehen - ich bin mitnichten befehlsberechtigt. Wir pflegen hier nicht in kategorien von Herrscher und Untertan vorzugehen - dafür haben wir alle einen viel zu ausgeprägten Drang zur Freiheit. Ich spreche nur meist für alle, überlasse jedoch auf Gebieten, auf denen ich micht nicht so gut auskenne, die Entscheidung immer erfahreneren Kameraden. Wir sind davon überzeugt, dass dies feqzgefällge Schläue ist - auch wenn es für Außenstehende aufgrund manches Disputs irritierend sein mag. Daher auch unser misstrauen Fremden gegenüber - diese Machtverteilung beruht auf dem Vertrauen in die Fähigkeiten der anderen. Vertrauen, das verdient sein muss."
Raye nickt leicht. "Verstehe. Nun, keineswegs wollte ich Euch in Frage stellen. Mitnichten. Es interessierte mich nur, und dank Eurer Erklärung, verstehe ich nun das Gruppenverhalten. Befehle zu Empfangen und zu erteilen, ist ein schwieriges Unterfangen. Man muss abwägen, wem man nun, und wenn auch nur für kurze Zeit, die Befehslgewalt erteilt." Sie schaut sich um.
"Bei all den Rästeln, wie Ihr sagtet, die wir zu lösen haben, dürfen wir nicht die profaneren Dinge ausser Acht lassen. Nur wer auch mal Rätsel und Schwierigkeiten selbiges und selbige sein lässt, der wird den Weitblick nicht verlieren. Es muss auch mal möglich sein, sich über andere Dinge zu unterhalten." sie lächelt.
"Allerdings mache ich mir Sorgen um die Gruppe, sie scheint... viel zu sehr Disputen ausgesetzt zu sein. Eure Gruppe wächst zu schnell, mich eingerechnet. Ich hätte nicht mitkommen dürfen. Es fordert das Band dieser Gruppengemeinschaft heraus, welches ob der unterschiedlichen Charaktere ohnehin zum Zerreißen gespannt ist. Ich hoffe, dass uns die Götter gnädig sein werden und wir ihren Segen erhalten." Sie blickt Seyshaban nicht an.
"Ihr habt Recht - das schnelle Anwachsen unserer Gruppe verhindert, dass wir bereits ein so enges Band unter einander geknüpft haben, wie auch ich es mir wünschen würde. Einige Dispute sind wohl in der Tat darauf zurückzuführen. Jedoch bin ich der festen Überzeungung, dass wir an dieser Herausforderung wachsen werden. Zur Zeit haben uns das Schicksal und unser Auftrag aneinander gebunden - und da wir alle den Auftrag bestmöglich erfüllen wollen, werden wir auch allfällige Dispute im Ernstfall beiseite schieben. Bei Feqz, ich hoffe, dass ich ich mich da nicht täusche - aber ich traue allen unseren Begleitern - außer vielleicht Lilume, die nichts an unseren Auftrag bindet - diese Stärke zu. In diesem Ernstfall wird sich aber auch zeigen, wer sich auf wen verlassen kann - und nichts schmiedet eine Gruppe besser und schneller zusammen als gemeinsam durchlebte Gefahren. Aus diesem Grund sehe ich allem was da kommen mag positiv entgegen.
Und, bei den Göttern, ich sehe sogar einen Vorteil darin, dass wir diese Dispute führen. So sind wir jederzeit über Probleme informiert - während in anderen Gruppierungen solcherlei Probleme oft im Geheimen gären und schließlich zu großem Ärger führen. Ich hoffe ihr verzeiht mir meine Direktheit - aber Euer Verhältnis zu Eurem Dienstherrn scheint mir ein Beispiel für im Geheimen geführte Differenzen zu sein. Denn wie sonst sollen wir es deuten, dass er sich von Euch mit den Worten verabschiedete, er dürfe euch nicht das wünschen, was er euch gerne wünschen würde -sei aber auch nicht bereit, euch das Gegenteil zu wünschen...?"
Seyshaban lässt die letzten Worte kurz nachklingen, dann blickt er Raye ins Gesicht.
Raye hört Seyshaban zu und nickt immer wieder um Ihre Übereinstimmung zu bekunden.
"Ganz recht, Seyshaban, Ihr habt recht, mit allem was Ihr sagtet."
Als das Gespräch auf den Fürsten kommt, erwidert Raye den Blick Seyshabans und hält diesem stand. Ein offenes und doch dann starres Lächeln ziert für einige Sekunden die roten Lippen, ehe sie ernst wird.
"Der Fürst ist ein intelligenter Mensch. Er weiß um mich und meine Wahrheit." Sie blickt Seyshaban noch immer an und prüft, seine Reaktion. "Ich bin Beraterin des Fürsten, doch in erster Linie... bin ich Mitglied eines Ordens, der sich selbst Azalar-Orden nennt." sie spricht leise aber deutlich. "Es ist kein Geheimnis, dass dieser Orden existiert, und dennoch nur ein Gerücht. Versteht Ihr? Ich kam dahin, als ich noch sehr klein war. Nunja. Jedenfalls ist es meine Aufgabe, den Fürsten des Verrates zu überführen. Und das weiß er, desshalb der Umstand, dass ich nun hier mit Euch sitze und Wache halte, bei einer Sache, die meiner Meinung nach lediglich der Ablenkung dient."Sie schweigt einige Zeit um das Gesagte wirken zu lassen. Dann holt sie Luft und sieht Seyshaban erneut ins Gesicht.
"Ihr fragt Euch sicher - und das zurecht - warum ich das verschwiegen habe. Nun.. Wem kann man in solchen Zeiten trauen? Ich brauchte den ersten Überblick, bevor ich erzähle was ich nun Euch offenbarte. Ich hoffe Ihr versteht das. Es soll mitnichten zu einem Verrat meinerseits kommen. Nur ist Vorsicht geboten, ob der Zeiten hier."Auf seine Reaktion wartend, lässt sie ihren Blick in seinen Augen ruhen. Das tiefe Blau ihrer Augen, ist selbst durch die Dunkelheit zu erkennen.
"Danke für Eure Offenheit, werte Raye. Genau dies ist es, was das Vertrauen in unserer Gruppe stärkt.
Wenn ich fragen darf - der Fürst ein Verräter? An Eurem Herrscher, oder an wem? Und warum?"
"So genau vermag ich das noch nicht zu sagen. Meine Nachforschungen sind von vielen Handlangern des Fürsten vernebelt worden. Doch es scheint mir, dass der Fürst seine ganz eigenen Pläne hat. Warum.. nun ich würde auf die ganz banalen Dinge tippen, Macht, Ruhm, Gold. Das Übliche. Zumindest ist er nicht loyal. Und Loyalität ist etwas, dass man in einem Fürstentum dringend benötigt. Wie können all die Lehnsherren ihrem Fürsten Loyalität versprechen, wenn er im gleichen Atemzug diese verletzt?"
Es wird klar, dass Raye eine hohe -wenn nicht unübertroffene - Loyalität besitzt. Wem sie loyal ist, wird aber nicht deutlich.
Seyshaban scheint einne Weile nachzudenken - zumindeststarrt er konzentriert ins Dunkel. Dann beginnt er zu sprechen, ohne seinen Blick wieder auf Raye zu richten:
"Loyalität ist in der Tat ein hohes Gut - sie will verdient sein, ist dann aber auch höchst notwendig...
Nun, ich werde mich nicht weiter in politische Ränke verwickeln als es für meine Sicherheit unvermeidbar ist, weswegen Ihr von mir keinerlei Einmischung zu befürchten habt. Mich wundert nur: Wäre es Eurer Mission nicht zuträglischer gewesen, hätte der Fürst keinerlei Ahnung von Euren Motiven gehabt? Oder seid ihr nur der Köder, eine Ablenkung, eine List und durch Eure Auffälligkeit verdeckt agieren andere, die das Ziel besser erreichen können?
Sei es wie es ist - ich verstehe nun, warum Euch an mehr Eile gelegen ist. Ich bitte Euch nur zu bedenken, dass wer zu schnell geht auch zu leicht stürzt. Seid versichert dass auch wir keinerlei Interesse daran haben, länger als unbedingt nötig inmitten dieser Wildnis zu verbringen.
Bei Feqz - was war das?"
Ruckartig bewegt sich Seyshabans Kopf nach links und er starrt angestrengt ins Dunkel. Er hebt einen Finger vor den Mund, den anderen hinters Ohr. So sitzt er für einige, lange Atemzüge. Dann entspannt er sich wieder und wendet sich Raye zu.
"Nichts, nur normale Nachtgeräusche - es ist jedesmal wieder erstaunlich, wie irritierend laut die Natur sein kann."
"Gewiss habt Ihr auch andere Vorstellungen, was das Reisen anbelangt und ich kann mir denken, dass Ihr schnellstmöglich wieder auf Euren Heimatkontinent zurückkehren wollt. Was für ein Leben erwartet Euch da, Seysheban?" fragt sie nach und horcht dann ebenfalls auf, als Seyshaban die Geste dazu macht. Als er sich entspannt, entspannt sie sich ebenfalls und muss lächeln.
"Nun, das Leben, das ich mir gewählt habe. Seit frühester Kindheit bin ich Mitglied im Orden der Al'Drakorim, dort wuchs ich auf, dort wurde ich ausgebildet. Und als die Zeit kam, eine Aufgabe zu suchen, die meiner und meines Ordens würdig ist, wählte ich einen ungewöhnlichen Weg. Ich beschloss, die Vergangenheit meines Ordens zu erkunden - denn leider ist in vergangenen Schlachten vieles verloren gegangen.
Das ist die Aufgabe, die ich für mich gewählt habe und die nun ruhen muss, da es mich hierher verschlagen hat. Obwohl - ihr habt vermutlich gemerkt, dass Drachir immer wieder etwas Zeit damit verbringt, mir etwas auf Pergament zu erklären. Wenn ich genug gelernt habe, um auch die Schrift Eures Landes lesen zu können, dann werde ich sehen, ob mein orden hier Spuren hinterlassen hat. Bei Feqz - das ist nur eine vage Hoffnung, aber man sollte sie nicht ausklammern."
Als Seyshaban von einem Orden spricht, eine Ausbildung, die er absolviert hat, seine Kindheit, die er dort verbracht hat, hat Raye das Gefühl, ihm gleich ein Stück verbundener zu sein. So wendet sie ihren Blick direkt zu Seyshaban, als dieser spricht und hört ihm aufmerksam zu.
"Nun.. wie ich bereits erzählte lebe ich auch seit meiner..-Naja recht lange in einem Orden und ich kann euch, was hiesige Schriften angeht, sicherlich helfen, sofern Ihr das wünscht. Mein Orden trug zusammen, was aus Jahrhunderten zu sammeln war. Da wird sich vielleicht eine Regelung finden lassen, fragt mich nur danach, sofern Ihr zu Euren Studien zurück gelangt."
Sie nickt, wie zur Bekräftigung ihrer Worte, und richtet ihren Blick dann wieder auf unbestimmte Dinge.
Seyshabans Gesicht hellt sich merklich auf:
"Das würdet Ihr tun? Ich stünde in Eurer Schuld, das müsst ihr wissen - aber ich stünde gerne in Eurer Schuld. So habe ich gleich einen weiteren Grund, alles daran zu setzen, diesen Auftrag schnellstmöglich zu erfüllen. Habt Dank!
Doch nun sollten wir unsere Aufmerksamkeit wieder der Nacht zuwenden - diese Gegend ist suspekt,,,"
Raye lächelt lediglich als Seyshaban erwähnt, dass er in ihrer Schuld stünde, doch erwidert nichts darauf. Sie versteht seine Anmerkung, dass sie nun wieder anderen Dingen ihre Aufmerksamkeit schenken sollten und verstummt somit. Bis zur nächsten Wache würde es mit Sicherheit nicht mehr lange dauern.