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Sci-Fi / Fantasy Der Schädelschmied

Seppo

Auf Abenteuer
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Wieder einmal schicken Jens Lossau und Jens Schumacher die besten Ermittler ins Rennen um ein brutales Verbrechen. Jorge und Hippolit, die Spitzenermittler des Instituts für angewandte investigative Thaumaturgie stürzen sich im wahrsten Sinne des Wortes in die tiefste Unterwelt und müssen sich nicht nur den sturköpfigsten, fremdenfeindlichsten und bürokratischsten Wesen ganz Sdooms stellen, sondern auch Problemen viel größerer Natur. Denn wo es eine Leiche gibt, sind die Aasgeier nicht weit…

Ein brutaler Mord erschüttert Barlyn, die mächtige Minenstadt der Zwerge in Sdoom. Ein Politiker wird in seinem hermetisch abgeriegelten Büro mit gut drei Dutzend Nägeln im Hinterkopf aufgefunden. Die Bevölkerung ist schockiert und nur ein Ermittler-Duo kann diesen Fall aufklären. Ein Ermittler-Duo? Nicht nach den Maßstäben der Zwerge. Denn kaum gelangen Hippolit und Jorge nach Unmengen bürokratischer Arbeit ins Herz von Barlyn sehen sie sich einer Bedrohung gegenüber, die schlimmer sein kann, als der gemeinste Verbrecher – Konkurrenz! Denn auf Befehl des obersten Zwerges, dem Lordprotektor Hindrych (Heil Hindrych!), ermitteln noch weitere Personen in diesem Fall. Der Hauptmann der Stadtwache von Nophelet, Glaxiko, sowie das Ermittler-Duo Oskulapius und Meister Rekten aus Sherlepp. Ersterer ist in den Augen der IAIT-Beamten in der Aufklärung von Verbrechen ebenso kompetent wie ein gebratenes Krügerschwein, wohingegen Oskulapius und Hippolit eine alte Feindschaft verbindet. Doch nicht nur die Feindschaft treibt Hippolit und Jorge an, sondern auch die Belohnung, die auf die Aufklärung des Falles ausgesetzt ist: 1.000 Goldstücke. Und während das Rennen um die Fallaufklärung beginnt, geraten Jorge und Hippolit immer tiefer unter die Erde und erhalten tiefere Einblicke in die Gesellschaft der Zwerge, als je ein Außenstehender vor ihnen. Thaumaturgische Luftversorgung, gefährliche Monster in den Tiefen der Mine, bürokratische Zwerge und vollkommen trollunfreundliche Aufzüge machen den Beiden das Leben sehr schwer. Doch wer wird am Ende des Rätsels Lösung in den Händen halten? Wer wird den Fall lösen und die Belohnung einstreichen? Glaxiko von der Stadtwache, Oskulapius und sein Gehilfe oder doch unsere Helden? Und wie starb der arme Zwerg? War es Selbstmord, die Rache einer unglücklichen Frau oder doch ein Schrecken aus dem innersten der Erde? Weitere Leichen werden den Weg aller Ermittler pflastern, denn was immer das Geheimnis der Zwergenstadt ist, es ist noch lange nicht gelöst.

Lossau und Schumacher haben wieder ein schönes, humorvolles und spannendes Werk über eines der ungleichsten Ermittler-Paare der Fantasy-Geschichte abgeliefert. Wie auch schon in den Romanen Der Elbenschlächter und Der Orksammler (Anm.: Beide ebenfalls bei Egmont-Lyx erschienen) harmonieren der scharfe Verstand Hippolits und Jorges direkte und bisweilen auch vulgäre Art perfekt miteinander. Während der, durch einen magischen Unfall im Körper eines Albino-Kindes gefangene, scharfsinnige Hippolit jedes einzelne Fädchen zusammen sucht, um den Roten Faden der Lösung zu knüpfen, stolpert, trinkt und prügelt sich der Troll Jorge durch die Fälle und nimmt dabei weitere Hinweise auf. Ohne den Anderen wären beide aufgeschmissen. Aber gerade dies macht den Charme des Teams aus. Ohne Watson kein Holmes und umgekehrt. Doch was, wenn diese Interpretation des Sherlock Holmes Teams auf eine andere Interpretation trifft? Neben der grandiosen Story bildet auch das Aufeinandertreffen von Jorge und Hippolit auf Oskulapius und Rekten Höhepunkte im Roman. Denn das Ermittler-Duo aus Sherlepp ist die weltweit bekannteste Version von Holmes und Watson. Der große, hagere Mann mit Adlernase und Pfeife, der einen karierten Mantel mit passender Mütze trägt neben dem kleinen, dicklichen Arzt. Diese beiden Interpretationen ein und derselben Personen nebeneinander zu sehen ist wirklich faszinierend.
Doch auch ein weiterer Aspekt, der dem Leser schrittweise aufgezeigt wird, ist faszinierend. Gemeint ist die Natur der Zwerge. Lossau und Schumacher machen aus diesem Arbeitswütigen Volk etwas, dass sie vielleicht schon immer waren, wenn auch nie so direkt. Denn Zwerge sind Deutsch. Nicht nur die gewaltigen Bürokratie-Apparate, die sie zur Aufrechterhaltung ihres Staates benötigen, auch ihre Liebe zum Bier ist ein gutes Indiz auf den Deutschen in jedem Zwerg. Doch die Autoren treiben ihre Vergleiche noch weiter auf die Spitze. So wird ein riesiges Volksfest in einer der Höhlen der Mine abgehalten, in denen die Zwerge in Lederhosen, Filzhüten und Dirndln zu Blasmusik und Jodelwettbewerben Schweinshaxen, Brezeln und Bier auf blau-weiß gemusterten Tischtüchern konsumieren. Sie begrüßen sich mit dem Ausspruch Heil Hindrych, und haben deutsche Namen mit y’s statt i’s. Die Reichsflagge ist rot, mit einem weißen Kreis in der Mitte und einer H-Rune in schwarz darin und der Lordprotektor wird von Zwergen einer Geheimpolizei mit langen, schwarzen Ledermänteln und magischen Gewehren bewacht. Und spätestens bei den kleinen Gartenzwergen aus Ton, die in jedem Vorgarten von Barlyn stehen, sollte der Vergleich auffallen.

Das Cover ist wie auch bei den vorherigen Romanen gelungen und absolut passend. Zu sehen ist ein Zwerg, der an seinem Schreibtisch Papierarbeit erledigt und nur von einer kleinen Lampe licht erhält. Im dunklen Hintergrund sieht man neben Regalen voller Bücher und Schriftrollen eine verschlossene Türe, während aus dem Schatten im Vordergrund langsam eine Gestalt heran tritt, die einen blutigen Schmiedehammer trägt. Auch auf den Innenseiten des Umschlags ist das Cover zu sehen, allerdings in schwarz-weiß und ausschnittsweise auf Pergament.

Einen neuen Roman aus der Reihe der Fälle des IAIT zu lesen – und zu rezensieren – ist immer eine große Freude, doch auch eine große Überlegungsarbeit. Die Rezensionen zu den Vorgängerromanen Der Elbenschlächter und Der Orksammler sind (in diesem Forum) sehr positiv ausgefallen und von daher sind die Erwartungen beim Lesen auch sehr hoch. Doch Jens Lossau und Jens Schumacher haben es wieder einmal geschafft, einen überaus fesselnden und gelungenen Fantasy-Thriller zu schreiben. Einmal begonnen wird es schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen, da sich die Charaktere mit jedem Buch weiter entwickeln, die Geschichte spannender wird und auch die Lösung der Fälle verzweigter wird. Wer zwischen den Zeilen liest und gut beobachtet, der findet auch vor der letzten Seite die Lösung, auch wenn es nicht ganz einfach ist.
Wer von einem guten Buch eine fesselnde Geschichte, ausgefeilte Charaktere, eine ordentliche Dosis Humor und schöne Dialoge erwartet, der wird von Der Schädelschmied sicher nicht enttäuscht werden.

Vielen Dank an den Verlag Egmont Lyx, der die Rezension dieses Werks ermöglichte.
 
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