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Kartenspiel Der Hobbit - Das Kartenspiel

sonic_hedgehog

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Lizenzspiele sind allgemein eine schwierige Kiste, gerade Videospieler können ein Lied davon singen. Allzu oft werden halbgare Spielkonzepte mehr oder weniger passend auf das Thema umgebogen, um den durch das Originalprodukt entstehenden Hype mitzunehmen. Auch wenn das Phänomen bei Brettspielen weniger ausgeprägt ist: Ein Hobbit Kartenspiel, ein viertel Jahr vor dem Kinostart der Verfilmung durch Peter Jackson, das stimmte mich etwas misstrauisch. Aber, das sei vorweg geschickt, unnötigerweise.

Einen ersten Hinweis liefert der Autor: Der Hobbit ist ein Team-Stichspiel von Martin Wallace. Martin Wallace? Der war mir eher von Spielen wie Brass, Age of Steam oder Runebound bekannt. Allgemein finden sich unter seinen Spielen viele knallharte Wirtschaftssimulationen. Etwas Recherche ergab aber, dass er, mit dem ebenfalls bei Kosmos erschienen Brettspiel Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs, bereits mit dem Thema Tolkien gearbeitet hatte.

Nun also ein Team-Stichspiel.

3-5 Spieler übernehmen die Rollen von Bilbo, Thorin, Gandalf, Bolg und Smaug – jeder Spieler eine Rolle nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel. (Auf die Besonderheiten des Spiels zu zweit gehe ich später ein). Ziel ist es, die Gegenpartei zu besiegen – wobei Bilbo, Thorin und Gandalf gewonnen haben, wenn am Ende der zweiten Runde (je nach Spielerzahl) gleich viele oder mehr Gute als Böse überlebt haben, Smaug und Bolg im anderen Fall.

Der Weg dahin geht geht über Stiche, wer je Schafkopf gespielt hat, kennt das Grundprinzip.
Neben den 5 Charakterkarten enthält das Spiel 60 Farbkarten in fünf Farben mit Werten von 1-12. Eine der Farben ist Trumpf, Farben müssen bedient werden wenn möglich. Die Besonderheit des Spiels ist, dass nicht etwa die Stichzahl oder Punktwerte über den Sieg entscheiden, sondern dass auf die Karten Symbole verteilt sind: Weiße Sterne, schwarze Orkhelme und Pfeifen. Weiße Sterne schaden den bösen Charakteren und heilen Schaden bei den Guten, Orkhelme vice versa. Pfeifensymbole beeinflussen die Zahl der Karten, die der Spieler für die nächste Runde erhält (zur Auswahl, unterschiedliche Kartenzahlen bei einem Stichspiel wären ja kontraproduktiv). Jeder Stich muss unter den Mitspielern verteilt werden, unter den Teammitgliedern und/oder den Gegnern. Verkompliziert wird das dadurch, dass man in der Verteilung der Karten nicht frei ist, sondern je nach Charakter unterschiedliche Regeln gelten. Thorin beispielsweise muss seinen Stich mischen und blind an jeden Charakter eine Karte verteilen.

Es gilt also gut zu überlegen, ob man einen Stich wirklich machen will. Und wenn man gestochen hat, wie man die Verteilregeln möglichst kreativ anwenden kann...

So werden die Stiche nacheinander gespielt, bis alle Handkarten aufgebraucht sind. Im Anschluss wird geprüft, welche Charaktere die erste Runde überlebt haben – zwei oder mehr Schadenspunkt führen zum Ausscheiden.

Sofern noch auf beiden Seiten Charaktere über sind, geht es in die zweite Runde (man beachte die verteilten Karten mit Pfeifensymbol!) mit ansonsten gleichen Regeln.

Das Spiel zu zweit unterscheidet sich in mehreren Punkten, von denen zwei hervorzuheben sind:
Zum einen erhält der Spieler der guten Seite zwei Charaktere (aber nur einen Satz Karten), zum anderen gelten andere Regeln zum Verteilen der Karten. Kleine Änderungen, die aber wesentliche Folgen haben.

In jedem Fall ist das Hobbit Kartenspiel ein kurzweiliges Spiel für zwischendurch, dessen Dauer mit 30 Minuten eher überschätzt ist. Im Fall von 5 Spielern gelten viele Mechanismen, die Kartenspieler kennen (Farbe anspielen, zieh Deinen Mitspielern keine Trümpfe, es sei denn Du musst, etc.). Dabei ist durch die Kartenverteilung ein gewisses Zufallselement unvermeidbar, in der Regel lässt sich im Team aber gut taktieren.

Das Spiel zu zweit hat ein etwas anderes Flair: Zum einen ist, da nur 18 der 60 Karten verteilt werden, das Zufallselement deutlich größer. Die geänderten Regeln zu Kartenverteilung nach dem Stich zwingen zu interessanten Entscheidungen, unter anderem kann es günstig sein, sich selbst Schaden zuzufügen! Im Spiel zu fünft kann man das meist vermeiden.

Das Spiel zu dritt oder viert habe ich bisher noch nicht versucht, anhand der Erfahrungen zu zweit oder fünft ist aber sicher, dass mit sinkender Spielerzahl der Zufall bei der Kartenverteilung wichtiger wird.

Aufgrund der ausgefeilten Kartenverteilung sind die Siegchancen einigermaßen gleich – die Guten sind immer in der Überzahl, zum Ausgleich gibt es aber mehr Karten im Spiel, die ihnen schaden. Diese Karten haben auch einen etwas höheren Durchschnittswert – somit sind die zahlenmäßig unterlegenen Bösen bei den Karten leicht bevorteilt.

Etwas Ungleichheit herrscht einzig im Spiel zu zweit. Ich neige aber zum Glauben, dass hier bei der Erstellung der Regeln kleinere Fehler passiert sind. Im Spiel zu zweit wird der Schaden auf zwei gute Charaktere verteilt, während das Böse nur durch einen Charakter vertreten ist. Daher ist es schwer zu verstehen, warum es mehr Schaden pro Charakter braucht um einen Guten zu beseitigen. Es widerspricht auch dem Szenario, dass der Drache Smaug weniger stabil ist als Hobbit und Zwerg. Außerdem ist in der Spielanleitung der abweichende Mechanismus zur Verteilung der Stiche für den guten Spieler ausführlich erklärt, bei der bösen Seite bleiben aber leider Fragen offen: Muss der Spieler beide Karten verteilen oder darf er auch abwerfen? Sofern hier keine Klärung erfolgt, rate ich, in Probespielen eine angemessene Hausregel zu schaffen.

Dann jedoch ist das Hobbit Kartenspiel ein kurzweiliges, schnelles, aber dennoch taktisch nicht zu unterschätzendes Spiel für Zwischendurch beziehungsweise zum Ausklang eines Spieleabends – nicht nur für Tolkien Fans. Mehr als das kann man von einem Stichspiel, zumal für diesen sagenhaften Preis, nicht verlangen. Gelungen!

Ich danke Kosmos Spiele für das Rezensionsexemplare und verweise auch hier gerne wieder auf die Seite des Verlags für weitere Einblicke: Der Hobbit - Das Kartenspiel | Kosmos Verlag
 
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