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Chapter one - The Gathering

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Luca van Xay

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Ungehorsam schlugen schwarze, geifernde Wellen gegen die dunklen, mit grünem Seetank überzogenen, Planken des Schiffes
"HMS Eveningstar". Ächzend unter der Einwirkung des Wassers wog sich der Viermaster im Wind und bettete sich immer wieder in meterhohe Wellen. Weit und breit sah man lediglich die schwarze See, nirgendwo konnte man die Küste oder eine Insel ausmachen. Nord, Ost, West und Süd blieben am Firmament dunkel, nicht einmal die Sterne ließen sich hinter den tiefhängenden Wolken blicken. Kalt war es nicht, zumindest nicht sehr. Es war eher die beklemmende Stille auf diesem Ozean, die frösteln ließ. So dunkel, wie hier, hatte man es noch nie erlebt. Man konnte die Hand kaum vor Augen erkennen, und das tosende Rauschen der See nahm eine eintönige Resonanz an, die zum Einschlafen bewog. Einzig und allein der Capt'n steuerte seine geliebte "HMS-Eveningstar" durch die aggressiven Wellen, die das Schiff irgendwie vom Kurs abdrängen wollten. Die gesamte Crew schlief unter Deck und wurde sanft in ihre Hängematten geschaukelt.

Alle schliefen tief und fest, doch jederzeit bereit aufzuspringen und ein Gefecht zu liefern. Alle Hängematten waren belegt, und mit dem Gedanken daran, wog sich der Capt'n in eine entspannte Sicherheit. Seine Crew war vollzählig, sein "Baby" in Topform, und er am Steuerrad. Er liebte die Seefahrt, er liebte die "HMS-Eveningstar" und liebte seinen Job bei der königlichen Flotte -zumindest tat er das bisher. Er war ein angesehener Commandore, trug viele Abzeichen und Auszeichnungen, hatte Frau und Kind, ein Gut im Shire of England , und war mit sich und der Welt im Reinen. Doch auch die vielen Abzeichen, die vielen Verdienste und Orden, konnten ihn nicht vor dem warnen, was vor ihm lag....

Unter den Füßen des Capt'n's , in einer der Hängematten schlief ein Matrose nicht. Nein, er lag wach und starrte, die Hände auf seinen Bauch gelegt, an die hölzerne "Decke" des Schiffes. Unter seiner Mütze lugte braunes Haar hervor, und den wachsamen Augen entging nicht ein Zucken der Anderen. Ruhig ging sein Atem, in voller Konzentration auf das, was nun mit Sicherheit gleich geschehen würde. Er wusste, was passieren würde, er wusste es so hundertprozentig, dass er schon die Sekunden zählte bis zum Countdown. Dann, dann ertönte auch schon die volle Stimme des Capt'ns. "Auf, Auf ihr Ratten, bewegt euch!" schrie er aus voller Seele und das Schiff bewegte sich urplötzlich in einen scharfen Schlenker. "Wir stehen unter Beschuss! BEWEGT EUCH! Doch die Stimme versiegte und keiner der Schlafenden eilte ihm zu Hilfe. Nur der wachsame Matrose erhob sich langsam, zog sich die Lederstiefel an, blickte sich kurz grinsend um, und eilte dann hinauf zum Capt'n. Noch immer rührte sich keiner der Männer, nicht einer bewegte sich und horchte dem Schrei des sterbenden Kapitäns...

Nachdem die Rufe des Capt'ns versiegten, hörte man noch einige Kanonenschüsse, ehe es wieder ganz still um sie alle herum wurde. Nur noch das protestierende Knarren der Masten war zu hören, und das leise Plätschern der See. Wie von Geisterhand war der Ozean, der eben noch so wütend und tosend unter ihnen brodelte, verstummt. Leise, ruhig und zufrieden erschien er. Man könnte meinen, die "HMS-Eveningstar" sei nun eines der viel umschriebenen Sagenschiffe, eben jenes, dass die Hochsee niemehr verlassen wird, ein im Volksmund genanntes Geisterschiff, ewig dazu verdammt den Tücken des Meeres zu widerstehen... Doch der Matrose, welcher nun an Deck gelangte, stellte sich an die Reling, hielt Ausschau nach dem Piratenschiff welches ihn hier abholen sollte. Der Deal war einfach gewesen, er beseitigte die Mannschaft, die anderen den Capt'n.. Doch irgendetwas stimmte nicht.. die Augen verengend betrachtete der junge Braunschopf die stille See, argwöhnisch glitten die Augen über den Horizont wo kein Schiff auszumachen war.. Alles um ihn herum war totenstill, jegliche Geräusche versiegten. Er wandte sich um, blickte unberührt zum Kapitän hinab und überprüfte ob dieser auch wirklich tot war. Daran jedoch hatte er keinen Zweifel.

Er stieß einen wütenden Seufzer aus, hob die Hand und zog die Mütze von seinem Haupt. Hervor kamen lange, dunkle und leicht gewellte Haare ; das niemandem aufgefallen war, das "Der Neue" in Wahrheit eine Frau war, hatte sie verwundert, doch nun spielte das keine Rolle mehr. Nein, sie war hier, auf einem Geisterschiff mit 27 Leichen, und wartete auf jenes Schiff, welches sie abholen sollte. Abermals blickte die junge Frau hinüber zum Horizont. Kein Zweifel, sie war alleine auf diesem gottverlassenen Schiff..
Alleine würde sie es niemals segeln können, das war ihr klar, doch was tun?...

Ein urplötzlicher Ruck durchfuhr den Rumpf des Schiffes und die junge Frau verlor das Gleichgewicht. Sie stieß mit der Brust gegen die Reling, keuchte, und klammerte sich an dem dicken Holz fest. Ein weiterer Ruck zuckte in die andere Richtung, und gleich darauf wieder nach vorn, so dass sie den Halt verlor und in die tiefe Schwärze des unerbittlichen Ozeans fiel..
Kalt...fesselnd..beklemmend...schwarz.. das Wasser durchdrang ihre Lungen, durchfuhr Leib und Seele und hustend tauchte sie auf. Sie hatte das Gefühl, als würden viele unsichtbare Hände nach ihren Gliedern grabschen, sie hinunter ziehen, sie sterben sehen wollen. War das die Hölle? War das ihre Hölle, aus der sie nie wieder würde fliehen können? Sie hatte sich die Hölle stets dunkel vorgestellt, ein absoluter Qualenort für "Lichtwesen". Depressionen würden die Verdammten heimsuchen, Wahnsinn und Aggressionen würden in ihre seelenlosen Körper kriechen und sie zu einem Leben in ewiger Knechtschaft zwingen...
Und tatsächlich, sie wurde hinab gezogen, hinab in die unendliche Tiefe, die Dunkelheit. Sie konnte nichts dagegen tun, nichts außer ... sterben.
Nachdem sie soweit hinab gezogen wurde, dass sie die Oberfläche nicht einmal mehr erahnen konnte, brach der Druck und die Beklemmung über sie hinein.. Die Luft versagte und sie verlor die Orientierung, wenig später das Bewusstsein....

Das alles lag nun mehr als ein Jahr zurück. Doch die bedrohliche Wasseroberfläche suchte sie Nacht für Nacht heim.. Sie würde es selbst unter Folter niemals zugeben, doch das beklemmende, erdrückende Gefühl, als würde eine eisige Hand langsam und wissendlich deine Kehle zudrücken, verfolgte sie seit jeher. Es wurde in der Nacht schlimmer als am Tage, und doch verlor sie niemals die Professionalität.

Starr und die Hände in die Taschen ihres Wintermantels gedrückt, lehnte die zierliche Frau an einer eisigen Hauswand. Die Augen, welche so grün und ungewöhnlich waren, dass ein jeder einen oder auch zwei Blicke riskieren musste, fixierten den Mann an der anderen Ecke. Wie lange ging sie diesem Handwerk nun schon nach? 4 oder 5 lange, schmutzige Jahre? Und überhaupt, wann hatte dieses Lebewesen in ihr Besitz ergriffen? 7 Jahre.. 7 Jahre ist das jetzt her - Himmel wie die Zeit vergehen konnte. Inzwischen war aus dem Kind ein Profi ohne jegliche Skrupel geworden, ein Kind, dass einst den Thron Englands besteigen sollte, und nicht einmal blauen Geblüts war. Ihre Geschichte ist verquer, kompliziert, und doch so einfach wie kaum eine andere..

Und langsam machte sich die junge Frau durch die Dunkelheit auf, die Augen stets auf den Rücken des Mannes geheftet. Oh er merkte ja nicht einmal, dass er verfolgt wurde, er verspürte mit Sicherheit nicht mal ein Kribbeln im Nacken. Nein, er war beschäftigt eines der Mädchen anzugraben, eines von jenen, die des Nachts an den Bordsteinen standen und den Männern in ihren Kutschen zu lächelten.. Perfekt! Als der Mann mit seiner Eroberung, oder sollte man sagen, der Mann als eine Eroberung, mit dem Mädchen abzog, folgte die junge Unbekannte mit einem bestialischen Grinsen unter der schützenden Kapuze…
 
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Tufir

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AW: Chapter one - The Gathering

Ganz ruhig stand Jeff an der Straßenecke im Dunkeln. Er tat so, als würde er rauchen. Das war unauffälliger, wenn man einfach nur so herumstand. Dem aufmerksamen Beobachter würde es aber schon auffallen, dass die Zigarre nicht brannte. Wie immer trug Jeff schwarz. Stiefel, Hose, Hemd, Mantel und Hut waren schwarz. Er liebte die Dunkelheit. Dunkel war auch seine Vergangenheit. Niemand kannte sie. Er hielt sie geheim. Es wäre seinen Plänen abträglich, würde er auch nur ein einziges Wort zuviel davon preisgeben. Vor einem Jahr hatte man ihn aus der Anstalt entlassen. Es hatte ihn viel Mühe gekostet, den Ärzten klar zu machen, dass er wieder normal war. Wobei ..... war er jeh nicht normal gewesen? Angelina, das Biest, hatte ihn dorthin gebracht. Sie hatte ihn dazu gebracht, die Tiere zu töten, weil sie sie angeblich nervten mit ihrem nächtlichn Geschrei. Jetzt brachte sie sein Erbe durch. Wer weiß mit wem? Vielleicht mit Albert, seinem Erzfeind?

Da war sie! Wenn man nicht wußte, auf was man achten sollte, wäre sie ihm gar nicht aufgefallen. Doch sein Kontaktmann hatte ihn bestens instruiert. Er beobachtete sie, wie sie geschmeidig hinter ihrem erwählten Opfer her glitt. Oder war es gar nicht ihr Opfer? Hhhhmmm, das zu beurteilen war schwer. Auch würde es schwer werden, ihr zu folgen. Sie war ein Profi und würde ihn wahrscheinlich bemerken. Doch er hatte auch einiges gelernt in den sechs Monaten, die man ihn von der Gesellschaft weggesperrt hatte. Und im letzten jahr hatte er auch einiges lernen müssen, um zu überleben. Umbewusst tastete er nach Degen und Dolch. Dann warf er die Zigarre auf die Strasse und machte sich daran, die Unbekannte zu verfolgen. Sie hatte eine Kapuze über den Kopf gezogen. Das würde es ihm leichter machen, sich schräg hinter ihr zu halten. Er wollte sie heute nicht ansprechen. Noch nicht. Erst wollte er mit eigenen Augen sehen, ob es stimmte, was man sich in gewissen Kreisen über sie erzählte. Dann würde er entscheiden. Er wollte die oder den Besten. Eine andere Person kam für seine Pläne nicht in Frage. Rache! Er musste das Aufwallen seines Blutes unterdrücken. Angelina sollte leiden. Bleib ruhig! Leiden, wie er selbst gelitten hatte, als das Leben an ihm vorbeizog und man ihm nahm, was seine Familei in Jahrhunderten aufgebaut hatte. Er biss sich auf die Unterlippe. Dann holte er tief Luft. Sie hatte kurz zu ihm her gesehen. Doch das machte nichts. Er war nur einer dieser Nachtschwärmer, die aus waren auf junges, williges Fleisch. Dann sah er sich um. Niemand sonst nahm Notiz von ihm.

Er gab sich einen Ruck und folgte dann vorischtig der Unbekannten.
 
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Luca van Xay

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AW: Chapter one - The Gathering

Wie eine Katze, die lauernd darauf wartete, dass die Maus einen Fehler machte, hatte sich die zierliche Frau auf ein Dach begeben und beobachtete nun das Treiben in einer dieser sogenannten verbotenen Gassen. Jeder hier wusste, dass sich dort die zwielichtesten Gestalten trafen, Prostituierte, deren Freier, Drogenhändler, deren Abnehmer, Mörder, Gejagte, kranke Geister mit abgrund tiefem Hass anstelle eines Herzen. Gelassen hatte sich die Fremde auf dem Dach niedergelassen, hockte dort, die Arme auf den Knien verschränkt. Mit wachen Augen fixierte sie nur diesen einen Mann. Sie hatte das Gefühl, als könne sie seinen schlechten Atem riechen, als könne sie seinen Schweiß fühlen, der sich unweigerlich bildete bei dem was er tat. Er hielt seinem Opfer den Mund zu, sie, jenes "Opfer", hingegen quickte unaufhörlich und schloss die Augen. Er tobte sich aus.

Ohne irgendwelche nennenswerten Geräusche zu verursachen rutschte die junge Frau von dem nicht allzuhohem Dach und landete elegant auf den Füßen. Die beiden noch immer ineinander verkeilt, beinahe zum explosiven Teil dieser Szenerie hochgeschaugelt, bemerkten sie nicht, wie sich die Gefahr als lautloser Schatten näherte. Töricht. Gerade in diesen Gassen musste man beide Augen und die Ohren benutzen um den Tod zu erahnen. Diese beiden jedoch hatten weder Augen noch Ohren. Sie hatten sich völlig ihren Trieben gewidmet. Das gedämpfte Stöhnen dieser Figuren, welche sich im Schatten dieser Gasse befriedigten, fand ein jähes Ende, als eine weitere Frau in die Dunkelheit trat.

Auf schnelle Reflexe trainiert drückte sich der zarte, doch kraftvolle Körper der Unbekannten, in den Schatten einer kleinen Eingangstür. Sie wusste bereits jetzt, was nun geschehen würde. Also hockte sie sich hinunter, gelangweilt den Ellenbogen auf ihr Knie gestützt, die Handinnenfläche als Stütze für ihr Kinn genutzt und wartete ab was nun geschehen würde.

"Jean-Luc!?" entfuhr es dem Weibsbild, welches die Pläne der unhelvollen Besucherin durchkreuzte. Das Stöhnen endete abrupt. "Elisa- Mon 'Amour" stammelte sich der Mann zurecht. Auch die Schwalbe vernahm man jetzt "Du schuldest mir Bezahlung, gib es mir schnell!" befahl sie und der offenkundige Jean-Luc ließ seinen volltönenden Bass erklingen "Du 'ast mir nicht das verschafft, was ich brauchte. Du bekommst garnichts! Garce!" die Unbekannte grinste bei dem letzten Wort. Dann erhob sie sich und trat langsam aus ihrem Versteck hervor.

"Oh Bitte, Jean.. Mehr fällt dir nicht ein? " ihre Stimme klang lauernd, ihre Schritte ließen einem das Mark gefrieren. Der Angesprochene wandte sich mit einem Unheil verkündenden Gefühl zu der Braunhaarigen herum. Er konnte nur ihren Schemen ausmachen, und doch wusste er, wer dort auf ihn lauerte. "I..ich.. nein!" stammelte er "Du.. doch" ihre Stimme zerschnitt die Luft. Seine Frau und seine Schwalbe drückten sich beide an die Wand, die Augen zwischen ihm und ihr hin und her gerichtet. "Jean-Luc, ist das etwa noch so eine wie die da!?" keifte seine Frau und deutete erbost auf die Schwalbe.

Die Unbekannte ließ diese Beleidigung unberührt. Jean Luc hielt abwehrend die Hand hoch, als die Fremde weiter auf ihn zuschritt. "Bitte.. bitte, " mit einem schnellen Schritt war sie bei ihm und packte den Franzosen an der Kehle. Ebenso schnell hatte sie einen Dolch gezückt und diesen direkt an seine Halsschlagader gepresst. Wenn sie jetzt losließe war er tot, soviel stand fest. Langsam neigte sie den Kopf und es sah aus wie eine Umarmung. Ihre Lippen befanden sich an seinem Ohr und mit sanfter Stimme flüsterte sie: "Du kennst mich... Jean.. Du kennst mich." Der ängstliche Franzose, ihr hilflos ausgeliefert, schnappte nach Luft um etwas zu sagen... doch wenige Schreie der beiden Frauen später war er tot... verblutet.

Erneut ließ sie Leichen zurück, in dieser Nacht waren es 3... in der nächsten.. sie würde sehen.
 
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Tufir

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AW: Chapter one - The Gathering

Jeff sah fasziniert zu, wie die Frau katzengleich das Dach eines Hauses erklomm. Fast hätte er geflucht, weil er ihr dahin nicht hätte folgen können, als er sah, dass ihr Ziel inne hielt und sich einer der Damen näherte. Er sicherte und sah die dunkle Gestalt auf der anderen Strassenseite, die das Geschehen ebenfalls beobachtete. Jeff interessierte es nicht, was der Mann mit der Hure tat. Die andere Gestalt, offenbar auch eine Frau, tat dies umso mehr. Schließlich war sich Jeff sicher, dass sie die "Katze" nicht bemerkt hatte. Er atmete auf. Er war also doch alleine auf ihrer Spur.

Der Akt der beiden Heimlichtuer dauerte nicht lange. Dann trat die Frau aus der Dunkelheit und sprach den Mann an. Aha! Offenbar ein Affront, ein Ehestreit oder ähnliches. Fast hätte er seine eigene Aufgabe vergessen, als die Katze plötzlich vom Dach glitt und auf die Gruppe zuging. Die leisen Worte konnte er nicht verstehen, doch das Ergebnis war zu eindeutig. Die Hure und die Frau fingen an zu schreien, als der Mann tödlich getroffen zu Boden ging. Die Katze - Jeff lächelte, als er sich dabei ertappte, dass er sie seit ihrer Kletterpartie in seinen Gedanken nur noch so nannte - machte zwei Schritte und zwei Schnitte und die Schreie verstummten. Jeff konnte nicht umhin, diese Präzision zu bewundern.

Die Katze ging weiter, als wäre nichts geschehen. Jeff trat vor und besah sich kurz die Opfer. Nicht, dass er etwas für sie getan hätte, wären sie nicht tot gewesen, aber ohne einen Blick auf sie wollte er nicht weitergehen. Doch sein Begehr lag woanders, bei dem Tier, dass gerade um die nächste Ecke verschwand. Der Geruch des warmen Blutes, welches über den Boden lief, weckte seine eigenen, niederen Instinkte und rasch , ohne nachzudenken, nahm er erneut die Verfolgung von IHR auf! Es dauerte mehrere Minuten, bis er sie wieder so weit eingeholt hatte, dass sie ihn zwar nicht entdecken, aber auch nicht abschütteln konnte. Ob er wohl ihr Zuhause entdecken würde?
 
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Luca van Xay

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Nur wenige Sekunden später, war die Unbekannte um die nächste Hausecke und somit aus der unheilvollen Gasse verschwunden. Auf den Straßen schlenderten nur noch vereinzelt die Leute aus dieser Stadt, die meisten waren jedoch bereits in ihren Häusern, oder in den zahlreichen Spelunken. Nur fade Lichtstrahlen von den Laternen versuchten verzweifelt ihre Helligkeit nicht von der Dunkelheit untergraben zu lassen. Der blutgetränkte Dolch in der Hand der Mörderin glitzerte im Schein einer solchen Laterne. Die Dunkelhaarige zog ein weißes Taschentuch aus ihrem Mantelärmel und wischte einmal, zweimal, den todbringenden Stahl wieder rein. Dann steckte sie den kleinen Gehilfen bei ihrer Gräueltat in seinen angestammten Platz und blickte sich nur flüchtig, so schien es für einen Laien, um. Doch in diesem Bruchteil der Sekunde erhaschte sie einen Blick auf einen Schemen, der ihr Interesse weckte. Doch zu nebensächlich war diese Ablenkung, als dass sie ihr mehr Beachtung schenken würde.
Den Dolch gut versteckt unter dem engen Mantel, welcher ihren Körper umschmeichelt, als wäre er an ihrem Körper genäht worden, steckte sie die Hände in die Taschen und marschierte, sagen wir schlenderte, durch die Straßen des kleinen Dörfchens irgendwo in Frankreich. Frankreich – wie sie dieses Land hasste. Hier begann alles, alles was sie hasste, nicht mal das Essen war erträglich. Mit bestimmten, aber nicht eiligem, Schritt kehrte sie der Straße erneut den Rücken und bog in eine abzweigende Gasse ein. Erneut war dies so eine schäbige, verruchte Gegend.
Anders als in der vorherigen, war diese Gasse belebt und mit einer Laterne ausgehellt. Hier und dort drückte sich, ganz wie in der „Mordgasse“, das eine oder andere Pärchen, aneinander und gab sich den niederen Trieben dieser Rasse hin. Auch hiervon war die Unbekannte unberührt und bog wenige Schritte später in einen Hauseingang ein. Ganz klar war zu erkennen, dass es sich bei diesem Eingang um ein Bordell handelte. Innerlich grinste die junge Frau mit solch ungewöhnlichen Augen. Sie dachte an eine ähnliche Begebenheit, vor gut 4 Jahren. Als sie jedoch durch die Tür trat und der stickige Geruch dieses Etablissements ihr ins Gesicht schlug, war sie erneut von kühler Professionalität erfüllt.
Einige der „Damen“ kamen ihr entgegen und sie begrüßte mit einem Nicken. Lachend und gackernd turtelten die Huren mit den widerlichsten Männern, die dieses Land ausspucken konnte.
„Da bist du ja, Betty-Sue!“ bei dem Namen glühten ihre Augen auf und sie entledigte sich ihres Mantels. „Wie immer, Soraya“. Eine andere Prostituierte kam ihr entgegen und nahm ihren Mantel ab, zuvor jedoch verstaute die Braunhaarige ihren Waffengürtel und hervor kam ein kraftvoller, doch sehr weiblicher Körper. Sie war ein Stückchen größer als es die Norm vorschrieb und doch schien alles perfekt zusammen zu passen. Auf den ersten Blick, schien es zumindest so. Was unterhalb der Fassade war, wusste niemand.

Sie ging an der Soraya genannten vorbei und begab sich eine hohe Wendeltreppe hinauf, die zu den oberen Zimmern führte. Mit wachen Augen, die Haare zuvor zu einem strengen Zopf gebunden, nun locker über die schmalen Schultern gefallen, schritt sie durch die mit Teppich verzierten Gänge. Von draußen glaubte man kaum, dass sich dahinter ein solcher Prunk verbarg. Es mochte kitschig wirken, vielleicht auch zu viel, und doch.. Männer gab es hier in Scharen. Es war jeden Abend gut gefüllt und die „gemütliche Atmosphäre“ lockte die Triebgesteuerten in diese Gemächer.

Die mit „Betty-Sue“ Angesprochene, bog nach rechts und öffnete dann eine der vielen Türen. Sie lugte hinein, sicherte schnell, ehe sie dann hinter der Tür mit der Nummer 06 verschwand.

Leise klackte das Schloss, als sie sich mit dem Rücken gegen die Tür lehnte und sich die Zeit nahm, ihre Augen an die Düsternis zu gewöhnen. Die schweren Samtvorhänge in einem tiefen Bordeaux, verhüllten die verruchten Fenster. Sie konnte im Bad das Plätschern vernehmen, doch sie machte sich nicht bemerkbar. Eine tiefe Stimme ertönte: „Ahhh.. Du musst Betty-Sue sein, richtig?“ und man erahnte seine Erregung. „Willst du dich nicht hergesellen? Das Wasser aus dem Krug ist herrlich warm!“ säuselte er anzüglich. Langsam ging die in ein enges Korsett Gekleidete hinüber zu dem Badezimmer. Um sie herum duftete es nach schwerem Parfüm. Die Mädchen dieses Etablissements trugen zwischen den „Jobs“ viel davon auf um nicht nach jeder getanen Arbeit in die Wanne zu müssen.

Langsam ging die Brünette auf den im Wasser Sitzenden zu, die Hände auf dem Rücken, ein liebliches Lächeln auf dem Gesicht. Die so unheimlich leuchtenden Augen, die, die ihrer Heimat so fern waren, der dunkle Teint und die vollen, roten Lippen, machten die junge Frau vertrauenswürdig. Mit einer Leichtigkeit, einem Selbstbewusstsein, trat sie auf diesen Unbekannten zu und spielte mit ihm, wie eine Katze mit der Maus.

„Ihr habt nach mir verlangt?“ flüsterte sie dem Badenden zu. Hässlich war er nicht, das konnte man nicht sagen, schade um ihn. Sie kam vor dem Wannengefäß zum Stehen und hielt die Hände weiter auf dem Rücken. Er sah mit freudiger Erwartung auf die große Enthüllung, die jedoch ausblieb. Langsam beugte sie sich vor und neigte ihren Kopf zu seinem Ohr. „Ihr verlangtet nach mir.. Und bekommt den Tod!“ sie riss ihre Rechte vom Rücken, im Korsett ein Messer versteckt, und jagte dieses mit erschreckender Geschwindigkeit in die Kuhle zwischen Hals und Schulter. Er war sofort tot. Und erneut hatte sie einen Mord begangen.
 

Tufir

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AW: Chapter one - The Gathering

Jeff hatte keine Probleme mehr, der "Katze" zu folgen, nachdem er sie wieder eingeholt hatte. In der Ferne hörte er das schrille Geräusch der Alarmpfeifen der Polizisten. Man hatte wohl die Leichen entdeckt. Er malte sich die Schlagzeilen der Boulevardpresse aus: "Bestialische Morde in der Stadt. Drei Menschen auf offener Strasse verblutet." Seine Lippen wurden von einem Lächeln umspielt. Es war eine Art Bewunderung dafür, wie die "Katze" dafür sorgte, in die Schlagzeilen zu kommen. Leider - für sie selbst - konnte sie den Ruhm nicht offen ernten. Das würde sie das Leben kosten. Jeff nahm sich vor, ihr wenigstens seine eigene Bewunderung auszudrücken, wenn er sie ansprach.

Die "Katze" verschwand in einem Hauseingang. Er kannte das Haus. Es war ein Freudenhaus. Er entschied sich, ihr nicht zu folgen. Das Risiko erkannt zu werden, war zu groß. Er selbst war zwar niemand, der in solchen Häusern verkehrte und so musste er nicht befürchten, dass eines des Mädchen ihn erkannte. Aber in Jeffs Bekanntenkreis gab es einige Männer, denen er zutraute, sich genau just zu diesem Augenblick in genau diesem Haus aufzuhalten. Dieses Risiko wollte er nicht eingehen.

Jeff drückte sich in der Mitte zwischen zwei Laternen in die schattenhafte Dunkelheit eines Hauseingangs. Er holte erneut eine Zigarre aus der Tasche und nahm sie in den Mund, ohne sie anzuzünden. Trotz der Möglichkeit, dass die "Katze" den Hinterausgang nahm oder durch ein Fenster zur Seite verschwand, war er sich sicher, dass sie dies nicht tun würde. Er begann auf der Spitze der Zigarre zu kauen. Nein, sie war zu selbstbewusst. Jeff war davon überzeugt, dass die Frau seines Begehrens wieder genau durch die Tür das Haus verlassen würde, durch die sie hineingegangen war. Er bedauerte, dass er nicht beobachten konnte, was sie im Haus tat und richtete sich darauf ein, ein wenig warten zu müssen.

Seine Gedanken, wanderten zu Angelina. Vor seinem geistigen Auge sah er sie beide, wie sie sich nackt auf dem Bärenfell vor dem Kamin räkelten. Dann sah er wieder ihr triumphales Grinsen, als die Helfer des Arztes ihn in der Zwangsjacke zu ihrer Kutsche führten. Jeff spuckte den vom Tabak braun gewordenen Speichel auf die Strasse. Den nächsten Gesichtsausdruck, den er von ihr sehen würde, würde der des Schmerzes sein. Das schwor er sich nun zum hundersten Male. Jeff sah zwei Männer das Freudenhaus betreten und einen anderen wieder herauskommen. Was SIE wohl gerade tat?
 
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Luca van Xay

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Ohne, dass sich irgendeine Regung bei ihr abzeichnete, blickte die junge Brünette auf den Toten hinab. Erneut hatte sie das ehemals weiße Taschentuch zur Hand und wischte damit fast schon sanft über die Klinge des todbringenden Stahls. Ihre Arbeit war für diese Nacht getan, die Bezahlung war gut und sie würde damit einige Monate über die Runden kommen. Sie ließ sich Zeit bei dem was sie tat. Bevor sie das Haus betreten hatte, hörte sie die Polizeisirenen, die sich vermutlich allesamt in der Gasse versammelt hatten. Sie hatten die Tat also entdeckt. Schön. Auch das war ohne Belang für sie, ihre Beweggründe mochten von der Presse vielfach zerrissen werden, vielleicht würde eines der Käseblätter dieses Ortes auch Leserbriefe drucken; ein Lächeln legte sich auf die zart geschwungenen, roten Lippen. Die grünen Augen blitzten auf und sie wandte sich zum Fenster. Seelenruhig tasteten die Augen der Unbekannten die Gasse ab. Dort hatte niemand etwas bemerkt, wie sollten sie denn auch, sie waren allesamt mit Niederem beschäftigt.

Doch dann erlosch das Lächeln und die Augen wurden stählern. Sie fixierte den Schemen im Schatten zweier Laternen und kniff die Augen zusammen. In ihr kochte Wut auf. Sie hasste es, verfolgt zu werden und wenn jemand diese Dreistigkeit besaß, dann hatte er ein Problem. Sie war es, die verfolgte. Nicht andersherum.

In diesem Augenblick setzte unten im „Foyer“ die Musik ein. Ein kleines Orchester, es war nicht mal wert selbiges so zu bezeichnen, spielte einige schnelle, fröhliche Lieder. Grotesk. Sie warf einen Blick über die Schulter, die Wanne hatte sich inzwischen in eine rote Vorhölle verwandelt, die den Leichnam in eine kalte, graue, fahle Masse verwandelt hatte.

Schwungvoll drehte sie sich um, griff nach etwaigen Beweisen ihrer Anwesenheit, und ging mit bestimmtem Schritt aus dem Zimmer. Auf dem Flur, der zu den Zimmern 01 bis 09 führte, wandte sie sich nach links und ging mit sicherem Gang die große ausladende Wendeltreppe hinunter. Unten im „Foyer“ angekommen, empfing sie bereits Soraya und hielt ihren Mantel bereit. „Komm’ bald wieder, Cherie. Wir müssen noch eine Partie Solitaire vollenden!“ sie zwinkerte schelmisch.

Nur mit einem Nicken quittierte sie diese Aufforderung, ließ sich eilig in den Mantel helfen und knotete diesen dann zu. Ihre Hände zitterten nicht einmal mehr. Diese Adrenalinausstöße nach dem Töten hatte es mal gegeben, allerdings waren die Morde zu zahlreich, als dass sie jetzt noch zitterte. Als sie den Mantel angezogen hatte, wandte sie sich noch mal an Soraya „Nummer 06 muss gereinigt werden.“ Meinte die Brünette trocken und verließ dann das Bordell durch den Vordereingang. Draußen angekommen, nahm sie sich nicht mal mehr die Zeit um sich umzusehen. Sie lehnte sich gegen die Wand neben der Tür und betrachtete unverhohlen den Schemen an der gegenüberliegenden Seite.
 

Tufir

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AW: Chapter one - The Gathering

Jeff stand mehrere Minuten lang so da und sah zum Haus auf der anderen Seite. Immer dann, wenn die Tür aufging, um jemanden heraus zu lassen, zuckte er ein wenig zusammen. Es hätte jedes Mal SIE sein können. Immer wieder sagte er sich dabei von Neuem: "Bleib ruhig! Sie wird ihre Zeit benötigen!"

Nebel senkte sich von oben in die Strasse herab und wurde von Minute zu Minute dichter. Die Gestalten, welche die Strasse zu dieser Stunde noch passierten, nahmen geisterhafte Konturen an. Die Geräusche bekamen einen unnatürlichen Hall und Klangfaktor. Kälte kroch in Jeffs Kleidung und mit ihr kam die Feuchtigkeit, gegen die es keine Möglichkeit der Abwehr gab. Die Lichtkegel der Gaslaternen bekamen Höfe, wie sie auch der Mond manches Mal Hatte, wenn er voll am nächtlichen Himmel stand und dieser nicht vollkommen klar, sondern mit leichten Zirruswolken bedeckt war.

Jeff begann langsam auf der Stelle zu treten, um die Kälte zu vertreiben und seine Muskeln geschmeidig zu halten. Schließlich öffnete sich die Tür zu dem Etablissement ein weiteres Mal und endlich trat SIE heraus. Jeff ließ die Zigarre achtlos fallen und bereitete sich darauf vor, ihr weiter zu folgen. Doch was war das? Sie ging nur zwei Schritte und lehnte sich dann an die Mauer des Hauses. Und jetzt? Jetzt sah sie zu ihm herüber. Jeff war klar, dass sie ihn sah. Aber war das jetzt Zufall oder wusste sie, dass er sie verfolgte?

Jeff versprüte ein leichtes Kribbeln im Nacken und ihm wurde klar, dass sie nie etwas dem Zufall überlies. Sie WUSSTE es! Er sah nach links und nach rechts die Gasse entlang und konnte niemanden sonst entdecken. Dann setze er sich in Bewegung, überquerte die Strasse und ging direkt auf SIE zu. Während er das tat, fingerte er in seiner Manteltasche nach einer weiteren Zigarre. Sie würde auch wissen, dass das, was jetzt kam, ein Fake war, um die erste, beiderseitige Unsicherheit zu überwinden. Aber er wollte ihr gegenüber nur seine Friedfertigkeit demonstrieren und mit dem ersten Kontakt gleichzeitig zu einen Waffenstillstand kommen. Als Jeff die "Katze" erreichte, hielt er die Zigarre hoch und sprach sie an: "Ihr führt nicht zufälligerweise Feuer mit euch?"
 
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Luca van Xay

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Die Straße war wie ausgefegt. Als hätte jemand alles Leben ausgehaucht. Der Nebel senkte sich auf die Verbliebenen herab; Unerbittlich trieb er die klamme Kälte durch die Gasse der Verruchtheit. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich inzwischen alle Pärchen in irgendwelchen Zimmern eingefunden um dort ihr Tächtelmächtel fortzuführen. Es war spät. Es musste bereits nach Mitternacht sein. Licht gaben nur noch die Laternen, welche vereinzelt die Gehwege beleuchteten. Müde war die junge Schottin nicht, doch ihre Kräfte wurden nach und nach aufgebraucht. Sie benötigte schlaf, ein Bad. Ihre Gedanken hingen an dieser Vorstellung fest, nächtigte sie doch nicht weit von allem Unglück, welches sie bereits über diese Stadt gebracht hatte, in einer kleinen Kaschemme. Ihre scheinbare Aufmerksamkeit richtete sich noch immer auf ihren Verfolger. Sie hatte ihn schon bemerkt, nachdem sie die ersten Morde begannen hatte. Doch sie erachtete seine Anwesenheit als unwichtig, doch dass er nun auch hier auf sie lauerte, konnte sie nicht akzeptieren.

Die junge Brünette hatte sich an die marode, kalte Wand gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. Ihr Herzschlag ging ruhig, ihr Puls war so ruhig, wie der eines schlafenden Babys. Es war schon fast pervers, dass sie so ruhig an der Hauswand lehnte, hinter der sie soeben einen weiteren Mord begannen hatte. Doch war es eigentlich ein Mord? Natürlich. Sie hatte gemeuchelt, ohne Rücksicht. Sie lächelte und die Augen fixierten noch immer listig den Unbekannten. Sie erkannte, trotz des Nebels, wie er seine Zigarre fallen gelassen hat, kurz nachdem sie aus dem Bordell getreten war. Nun stieß er sich von der Wand ab, zog eine neue Zigarre aus seinem Vorrat und kam auf sie zugeschritten. Innerlich schnaubte sie und ihr Blick wurde verächtlich. Dann stand er vor ihr, auf Augenhöhe, auch wenn er mindestens einen halben Kopf größer war als sie. Noch immer rührte sich die Unbekannte nicht und musterte den Mann vor sich. Er fragte nach Feuer und ein eisiges Lächeln huschte über ihre Züge.

Es dauerte lange, bis sich die fein geschwungenen Lippen öffneten nur um wieder Verachtung und Sarkasmus auszuspucken. „Kommt lieber gleich zur Sache. Rauchen wollt Ihr ja doch nicht, die andere hattet Ihr ebenfalls nicht angesteckt.“ schoss sie ihm entgegen und neigte etwas den Kopf zur Seite. „Was wollt Ihr?“ fragte sie gerade heraus und hielt dann ihren Blick in seinen Augen. Funkelnd war das Grün, der Blick so kalt, dass man das Gefühl hatte, man würde nicht durch die klamme Nässe des Nebels frieren, sondern von eben jenem Blick. Eine kleine, doch starke, Böe rauschte durch die enge Gasse und ließ die Gebeine klappern. Es wurde zunehmend kälter, der Winter brach an. Wie die junge Mörderin so dastand, strotzte sie nur so von Ablehnung, Sarkasmus und Zynismus. Sie war mit absoluter Vorsicht zu genießen, das strahlte sie aus, bewusst und unbewusst.

„Ihr solltet an Euren Verfolgungskünsten feilen, werter Herr,“ die Anrede spottete sie nur so heraus, „Ihr verhaltet Euch wie ein Ratte, der man ein Stück Käse vorsetzt, sie jegliche Vorsicht vergisst und in die Falle tappt.“ erneut schwang der pure Hohn mit. Amüsiert hatten sich die roten Lippen zu einem Lächeln verzogen.
 

Tufir

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Jeff setzte ein Lächeln auf, als er die Worte hörte. Sein Kung-Fu Lehrer hatte ihm immer wieder gesagt, "Jeff, ein Lächeln ist immel del külzeste Weg zwischen zwei Menschen, abel es ist auch die beste Alt, dem Gegnel die Zähne zu zeigen!" Jeffs Lächeln wirkte alleine deswegen schon echt, weil er an den witzigen Akzent von Chow Weng denken musste, der es ihm nicht erlaubte ein "R" zu sprechen. Jeff fürchtete die Frau nicht. Er hatte Schlimmeres erlebt in der Anstalt, wo er unter wirklich Verrückten und geistesgestörten Totschlägern gelebt hatte. Er fühlte sich ihr durchaus gewachsen, zumal er kräftiger sein dürfte als sie. Seine Hand zerkrümelte die Zigarre. Das war der einzige Ausdruck seiner Erregung. Außerdem machte er damit klar, dass er seine Tarnung aufgab. "Ein kluger Mann lügt nicht mehr, wenn er sich durchschaut sieht!" war auch ein Wahlspruch von ihm.

Jeff zog, immer noch lächelnd, den Hut und zum Vorschein kamen schwarze Haare. "Gestatten, Jonathan Ethan Frederik Foulhurst ist mein Name, Mylady. Freunde", er betonte das Wort seltsam, "nennen mich JEFF. Das sind allerdings nicht viele." Nun da sein Gesicht nicht mehr beschattet wurde, konnte man strenge, markante Züge eines Mannes Anfang dreißig erkennen. Er war glatt rasiert und hatte eine kleine sternförmige Narbe über der linken Augenbraue. "Ich dokumentiere Eure Arbeit bereits seit ein paar Wochen und bin, ehrlich gesagt, fasziniert von Eurer Perfektion. Hättet ihr nicht Lust, mit mir ein Glas Wein zu trinken? Ich kenne da einen Club, der auch um diese Zeit noch ausschenkt und der Frauen als Gäste seiner Mitglieder akzeptiert."
 
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Die grünen Augen schienen das Gift, welches in ihrem Inneren lauerte, nur so auszuspucken. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und regte sich sonst nicht weiter. Noch immer lehnte der zierliche Frauenkörper an der kargen, farblosen Wand des Bordells. Seelenruhig, ungestört. Als der Fremde seinen Hut lüftete, beobachtete sie jede seiner Bewegung, jede noch so kleine Reaktion. “Es ist mir egal wie Ihr heißt und wie Euch Eure Freunde nennen.” zischte sie und hob ein wenig das Kinn empor. “Und ich werde mit Euch keinen Wein trinken.” fügte sie hinzu, noch ehe er seinen Satz beendet hatte. Dann stemmte sie sich von der Hauswand ab und löste die Arme aus ihrer Starre. “Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigt.” meinte sie trocken und ging an ihm vorbei.

Mit gelassenem sicherem Schritt, ging sie die Gasse entlang, in die Richtung, aus der sie vormals kam. Sie musste nun ruhen, musste sich auf einem Bett ausstrecken und schlafen. Es wurde Zeit, war sie doch bereits seit gut einer Woche unterwegs. Dieser Spaßvogel hatte wohl bereits die halbe Nacht in einer Spelunke zugebracht und versuchte sie nun zu irgendeinem waghalsigen Auftrag zu überreden. Oh nein. Sie hatte kein Interesse, sie war versorgt, mindestens für einen weiteren Monat. Ohne.. - sie hatte seinen Namen wieder vergessen- noch mal mit einem Gedanken zu belohnen, verschwand sie erneut um die nächste Hausecke und fand sich auf einer der größeren Straßen wieder. Mit bestimmten Gang, die Hände in die Taschen gesteckt und den Kragen hochgestellt, lief sie an den wenigen Menschen vorbei, ohne jene auch nur zu bedenken.

Sie hatte erneut gemordet und das, ohne mit der Wimper zu zucken. Ein müdes Lächeln glitt auf die roten, doch trockenen Lippen. Ihr Blick richtete sich gen Himmel, welcher düster und abwehrend über ihr seine Sterne offenbarte. “Na siehst du, Franzose. Nun war ich auch in deiner Heimat” flüsterte sie grimmig und schüttelte dann lächelnd den Kopf. “Ich brauche dringend Schlaf, ich rede schon mit mir selber.” dachte sie bei sich und bog dann in einen neuen Hauseingang. Auch hier war die High Society nicht Bestandteil des Hausinventars, doch es genügte ihr. Sie öffnete die braune, schwere, Holztür und glitt hinein.

Drinnen flackerten hinter einfachem Glas Kerzen, die den Gang zu den einzelnen Zimmern erhellten. Den ganzen Flur entlang zog sich ein schmutziger Teppich, der nur so von Bakterien strotzte. Ungeachtet dessen begab sich die zynische Frau durch den Gang, welcher im Übrigen der einzige war, und zog aus ihrem Mantel einen Schlüssel. Dieser fügte sich mühelos dem Schloss an, für das er gemacht worden war, und sie betrat ihr kleines, aber immerhin mit einem Bett versehenes, Zimmer. Die Wände waren mit dunkler Farbe bestrichen worden, die Fenster mit tiefem, doch recht billigem Stoff verhangen. Mit geübtem Griff, öffnete die junge Fremde ihren Mantel und warf ihn dann über den einzigen Stuhl. Hervor kam ihr Dress, von dem Auftrag im Bordell, dazu die hohen Stiefel, welche sie auszog im Gehen. Als sie die lästigen Stiefel losgeworden ist, entzündete sie den mickrigen Kamin, der jedoch genügend Wärme spendete.

Dann öffnete sie eine weitere Tür, die in ein kleines, ungemütliches Bad führte und entledigte sich ihrer Kleidung. Auf ihrem Rücken zeichneten sich kleinere Narben ab, welche allesamt verheilt, doch immer noch zu sehen waren. Die schrecklichen Sachen, das Korsett und die “Reizwäsche”, schmiss sie ungeachtet auf den Boden in eine Ecke und ließ sich dann heißes Wasser in die Wanne ein. Das Stück Seife ließ sie in das dampfende Nass gleiten und jenes löste sich langsam auf. Nachdem die Wanne voll gelaufen war, ließ sie sich hineingleiten und tauchte einmal unter. Dann lehnte sie sich zurück und schloss die Augen, von dem heißem Dampf benebelt. Der Duft der Seife legte sich auf ihren Körper und hüllte jenen damit ein. Sie genoss diese Entspannung und glitt immer wieder mit ihrem Seifenbenetzten Händen über Arme und Beine. Während sie der wohligen Wärme frönte, plante sie bereits das weitere Verfahren. Sie würde morgen schnell Proviant für sich und Shakespeare, der beste Partner, den sie sich vorstellen konnte, besorgen und dann dieses verschlafene Dörfchen verlassen. Immerhin musste sie noch die Bezahlung für die geleisteten Dienste entgegen nehmen.
 

Tufir

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Jeffs Herz machte einen Sprung, als die "Katze" zu ihm sprach. Nur Momente später verfinsterte sich sein Blick, als ihre Worte zu seinem Gehirn vordrangen und er deren Bedeutung erfasste.

Da wandte sie sich auch schon ab und ging ihres Weges. Nicht von ungefähr hatte Chow Weng ihn einmal einen "Sofortumschalter" genannt. Jeffs Starre dauerte nur wenige Lidschläge an. Dann straffte er sich und folgte der Frau in nicht einmal zwanzig Meter Abstand. Dieses Mal war es ihm egal, ob sie ihn bemerkte oder nicht. Er hatte sich vorgestellt, seinen Namen genannt. Sie musste nun wissen, dass er hinter ihr her war. Und sie sollte wissen, dass er nicht so schnell aufgab. Was immer sie auch von ihm gedacht haben musste, er würde ihr klar machen, dass er nicht ihren Körper wollte, sondern ihre Perfektion, ihre Eleganz, ihre Skrupellosigkeit. Dafür würde er ihr Dinge bieten, die sie noch nicht kannte. Er hatte seinen Plan schon seit einigen Wochen im Kopf.

Fast hypnotisch war er der Frau gefolgt, ohne wirklich auf sie zu achten. Vielleicht führte dies zu dem Effekt, dass sie sich kein einziges Mal nach ihm umdrehte. Er schien für sie ein Geist zu sein.

Sie betrat ein drittklassiges Hotel. Jeff wartete genau drei Minuten, dann folgte er ihr. Den schmierigen Typen an der Rezeption bedachte er mit einem kalten Blick. Er drehte das Meldebuch zu sich herum und legte den Finger auf den obersten Namen. Fast flüsternd sagte er zu dem Schmutzfinken: "Wenn mein Finger die Frau trifft, die gerade herein kam, dann nickst du einfach!" Dann begann er langsam mit dem Finger die Spalte mit den Namen im Buch hinab zu fahren, während sein Blick fest auf dem Portier haftete. Sein Nicken war kaum wahr zu nehmen. Jeff sah nach unten. "Joy!" lachte er lautlos zu sich selbst. "Wie passend!" Er sah wieder zum Portier "Du hast mich nie gesehen!". Dann wandte er sich zum Flur und ging ihn entlang bis zur Tür mit der Nummer, die er gerade im Meldebuch gelesen hatte.

Er versuchte die Klinke! Verdammt, sie hatte tatsächlich nicht abgeschlossen. Jeff war weit davon entfernt, sich darauf etwas einzubilden. Aber eigentlich, war sie zu perfekt, um es einfach zu vergessen. Leise betrat er den Raum. Er hörte das sanfte Plätschern aus dem Badezimmer. Jeff grinste, bei der Vorstellung, sie im Bad zu überraschen. Aber stattdessen legte er einen Scheit im Kamin nach und platzierte sich anschließend einfach auf dem Stuhl daneben und wartete ab. Sie würde nicht ewig baden.
 
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Sich nicht stören lassend, badete die Schottin seelenruhig in dem duftenden Nass. Sie konnte den Duft nicht richtig zuordnen, roch ihn allerdings gerne. Es musste etwas blumiges sein –sie grinste innerlich, war doch so etwas liebliches wie eine Blume nicht wirklich ihrer Natur entsprechend. Doch warum eigentlich nicht? Trug nicht jeder Mensch eine Maske? Eine Maske, die das wirkliche „Ich“ verbarg? Oh doch, die Meisten trugen Schleier vor der Seele, verbargen ihre Ängste und Träume hinter Mauern so kalt und unerbittlich. Gehörte sie auch dazu? Nein, vermutlich nicht. Ihr war es gleichgültig, was Menschen von ihr hielten, nur wer redet hat etwas zu verbergen. Also ließ sie die Menschen reden.. Sie jedoch sagte stets das was sie dachte, ungeachtet irgendwelcher Moral oder Etikette.

Die Tür fiel ins Schloss und ein Grinsen legte sich auf die verführerisch geschwungenen Lippen. Völlig ruhig und entspannt badete die junge Frau weiter, strich mit ihrer rechten Hand über den linken Arm und hielt auf ihrer Schulter inne. Da der Kamin, welcher den Raum mit dem Bett erwärmte, an der Wand zum Bad stand, konnte sie das Kratzen des Holzscheits vernehmen. Wirklich dick waren die Wände hier ja nun nicht gerade. Noch eine geraume Zeit lang genoss die Brünette das Bad, ehe sie sich erhob und nach dem Handtuch griff. Ihr Körper dampfte und der kleine verdreckte Spiegel an der Stirnwand, über dem Waschbecken, war beschlagen. Sie band sich das Handtuch um den Körper und knotete den überschüssigen Rest zusammen. Dann wischte sie geschwungen über den Spiegel und betrachtete sich selbst. Sie sah müde, doch in keinster Weise beeinträchtigt aus. Ihre Sinne funktionierten weiterhin gestochen scharf und sie glitt mit den Augen über ihr Dekollete. Auf der Höhe des Schlüsselbeines und der Kehle zeichneten sich kleine, fast unscheinbare, Narben ab. Mit den Fingerkuppen glitt sie die kleinen Blessuren entlang und erinnerte sich dabei an die vielen Kämpfe, die vielen brenzligen Situationen, in denen sie schon gesteckt hatte. Auch wenn so ein Leben immer unmittelbar mit dem Tode verstrickt war, wusste sie genau, sie würde ewig so weiter leben. Niemals würde man sie zur Häuslichkeit bewegen. Dafür war sie einfach nicht geschaffen.

Nachdem sich Joy abgetrocknet und frische Sachen angezogen hatte –ein schlichtes weißes Hemd, welches ihr zu groß war und lediglich als Schlafhemd diente- trat sie aus dem Zimmer. Sie begab sich zum Bett, ungeachtet des Mannes auf dem Stuhl vor dem Kamin. Das Hemd reichte ihr lediglich bis zu den Oberschenkeln, und auch eben jenen zeichneten sich mehrere kleine Narben ab. Auch ein frischer Schnitt zog sich daumenlang über die Haut. Während die Schottin ihr Bett richtete, erhob sie die Stimme: „Fühlt Ihr Euch in Eurem Element, oder warum müsst Ihr das Feuer im Gange halten? Ist der Bedienstete noch in Euch?“ Ihre Eltern hätten sie vielleicht lieber „Cynic“ –als Anspielung auf „cynicism“- nennen sollen, anstatt sie „die Entzückung“ zu nennen. Das wäre vermutlich passender gewesen. Na ja, man kann nicht alles haben.

Sie wandte sich zu Jeff um und blickte ihn aus grün leuchtenden Augen an. Der Schein des Feuers zeichnete sich auf der Frauengestalt ab und ließ ihren dunklen Teint zur Geltung kommen. „Ich könnte die Gendarmen rufen..“ sie musterte den Mann vor sich ungerührt seiner Anwesenheit.
 

Tufir

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Jeff zog für einen kurzen Moment - aber wirklich nur einen Augenblick - eine Augenbraue nach oben. Er hatte Ärger, Wut oder sogar eine Attacke erwartet. Doch dann lächelte er. Denn entsprach doch genau dieses Verhalten ganz ihrer eigenen Art. Kalt und abschätzend war sie - immer die Ruhe vor dem Sturm. Er ignorierte die provokante Anspielung auf das Bediensteten-Dasein und antwortete direkt auf ihren letzten Satz. Sie war intelligent genug, um es zu verstehen. "Das denke ich nicht!" klang seine dunkle Stimme auf. "Denn ihr wisst noch viel besser als ich, dass sich die Gendarmen viel mehr für die drei Toten der heutigen Nacht, ein Mann und zwei Frauen, in der Rue de la demi-jour interessieren würden, als für meine unbescholtene und ehrenhafte Person." Er schlug die Beine übereinander und lehnte sich zurück. Er fühlte sich auf einmal sehr sicher und behaglich. "Aber ihr habt von mir nichts zu befürchten, wenn ihr mich anhört. Ich benötige nichts weiter als die Dienste eurer perfekten Künste, .... Joy." Das letzte Wort ließ er auf seiner Zunge zergehen.
 
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Während des Wortwechsels hatte sich die junge Frau auf dem Bett niedergelassen und den Fremden abschätzend gemustert. Die braunen Haare waren in ungezähmten Wellen auf ihren Schultern zur Ruhe gekommen. Während der Fremde sprach, glitten die Augen, welche die seltsame Auswirkung auf andere hatten, dass eben solche sich unwohl zu fühlen schienen oder sich in ihnen verloren, über den Mann am Kamin. Als er endete und die Lippen abwartend schloss, richtete sich Joy, welche eben noch entspannt auf ihren Unterarmen gestützt dalag, auf.

„Ihr kennt also meinen Namen?“ ihre Lippen verzogen sich zu einem anerkennenden Lächeln. „Ihr habt Eure Hausaufgaben gründlich erledigt, Jonathan Ethan Frederik Foulhurst“ antwortete sie und erhob sich dann von dem weichen Bett. Langsam und ohne Hast ging sie hinüber zu der braunen, alten, Kommode und öffnete eine der Schubladen. Sie hatte dem Mann in ihrem Zimmer den Rücken gekehrt. Langsam glitt ihre Rechte in das Innere der Schublade, die feingliedrigen Finger umfassten das kalte Metall, und sie zog im nächsten Moment eine Pistole heraus.

Langsam und ohne die Waffe auf Jonathan gerichtet zu haben, drehte sie sich wieder zu ihm herum. „Wisst Ihr, Jonathan Ethan Frederik Foulhurst..“ begann sie zu sprechen „diese Waffe leistete bereits große Dienste. All ihre Vorbesitzer trugen sie stets bei sich und sie erfüllte jeden Dienst, der ihr abverlangt wurde..“ Sie sprach von der Pistole, welche aus braunem Holz und silbernen Verzierungen war, als wäre sie ein treuer Begleiter. „Doch hin und wieder.. Enttäuschte sie auch. In all ihrer Perfektion“ sie richtete die harten Augen nun auf Jeff. Die Waffe hatte sie, den Finger am Abzug, auf ihre Schulter gestützt. „versagt sie einem doch ihre Dienste und fällt einem in den Rücken..Je mehr man ihr vertraut, dass sie im richtigen Moment schon das tun wird, was man von ihr fordert, desto vernichtender ist der Verrat, welcher geübt wird..“ Ihre Gesichtszüge waren hart, versteinert. Noch immer hatte sie ihre Augen von Jeff nicht abgewandt.

"Nehmt Ihr also Dienste in Anspruch, wo es um reines Vertrauen geht, wählt sorgfältig..“ Ihre Lippen kräuselten sich zu einem scharfen Lächeln. „Ihr wisst nie, wann Euch das Vertrauen in den Rücken fällt und eben jenes Euch tötet..“ Die Drohung so im Raume gelassen, richtete sie nun die Waffe auf ihn. „Geht jetzt.“ meinte sie und fixierte den Mann. „Kommt Morgen wieder. Wartet unten im Schankraum auf mich, dann werden wir sehen..“ sie zielte auf seine Brust, auf sein Herz. Noch immer ruhte ihr Zeigefinger am Abzug, ohne zu zucken, ohne zu zittern. Die linke Hand hatte sie auf die Kommode gelegt und stützte sich nun darauf. Mit einem Kopfnicken und einem Wedeln mit der Waffe, warf sie ihn hinaus…
 

Tufir

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Jeff erhob sich langsam und strich sorgfältig seinen Anzug glatt, bevor er den Kopf hob und sie unerschrocken ansah. "Ihr redet von Vertrauen, Joy, als wäre es ein Tier, dass zu zähmen euch nicht gelungen ist. Dabei ist das einzige Vertrauen, dem ihr wirklich vertrauen könnt, euer eigenes Selbstvertrauen. Verliert ihr dies, dann seid ihr in eurem Beruf bereits tot. Und mir würde es genauso ergehen. Daraus folgt unweigerlich, dass wir etwas gemeinsam haben. Und ihr als Frau werdet neugierig genug sein, dies ergründen zu wollen. Das ist mein Selbstvertrauen!"

Jeff ging langsam zur Tür und ergriff den Knauf. Er setzte seinen Hut wieder auf, den er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte. "Ich empfehle mich! Bis morgen früh, verehrte Joy." Dann öffnete er die Tür und verließ den Raum.

Jeff ging schnurstracks in den Gastraum, setzte sich in einen Winkel des Raumes, der auch dunkel sein würde, wenn jemand das Licht anmachte. Er zog den Hut über die Stirn und begann zu dösen. Er hatte bereits viele Nächte so verbracht. Morgen früh würden seine Knochen und Muskeln ein wenig steif sein. Aber er war sich sicher, dass sein Schlaf so leicht war, dass ihn niemand würde überraschen können. Er freute sich auf das Gespräch mit Joy. Er wusste nicht zu sagen warum, aber die Vorfreude in seinen Emotionen war für ihn unüberhörbar.
 
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Luca van Xay

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Nachdem sich Jeff aus dem Raum begeben hatte, ließ Joy die Pistole sinken und schob sie anschließend wieder zurück in die Schublade. Ein wenig den Gedanken nachhängend, drückte sie leicht ihren Körper gegen das Holz der Lade und schloss jene. Als sie Jeff nicht mehr draußen im Flur hören konnte, wandte sie sich um und trat an das Fenster. Die gift grünen Augen hafteten stetig an dem Ausgang, doch die hohe männliche Gestalt trat nicht in die Dunkelheit. Ein eisiges Lächeln huschte für einen Sekundenbruchteil über ihre Lippen. “Narr.” meinte sie zu sich selbst und schwungvoll kehrte sie dem Fenster den Rücken.

Inzwischen waren ihre braunen Haare trockener geworden und so nahm sie selbige in beide Hände und drehte sie zu einem einfachen “Dud”. Mit einem einfachen Band gehalten, nicht wirklich schmuckvoll - doch praktisch -, zähmte sie die Haare in ihrem Nacken. Die junge Schottin konnte nicht umhin sich einmal herzhaft zu strecken und dabei erschöpft zu gähnen. Wie einladend das Bett doch war.. Die weichen Kissen, die Körper verschlingende Matratze. Es schrie förmlich nach Joy und deren Körper verzehrte sich danach zu folgen. Doch es galt noch wichtige Dinge zu planen, zu durchdenken, zu organisieren, vorzubereiten. So drehte sie auch dem Bett den Rücken zu und machte sich in dem einzigen Stuhl, in welchem zuvor noch Jeff gesessen hatte, breit.

Das Holz im Kamin flackerte und knisterte wütend vor sich hin und bei jedem Windhauch loderte es ein wenig stärker. Im Stuhl sitzend, mit einem Bein auf dem Boden abstützend, neigte sich die Mörderin vor und griff nach einer ledernen Tasche. Sie war nicht sonderlich groß und eher unscheinbar. Dennoch, mit festem Griff hielt sie das Bündel fest und zog jenes auf ihren Schoß. Im Licht des Feuers suchte sie den Inhalt der Tasche ab und kramte ein kleines in Fell gebundenes Taschenbuch hervor. Es war vielleicht 1 ½ Finger lang, nicht groß also. Langsam schob sie ihren Zeigefinger zwischen einige der vergilbten Seiten und öffnete das Buch. Sie griff noch einmal in die Tasche und zog dann wenige Atemzüge später einen Stift hervor. Es war ein kleiner Stumpf und doch erfüllte er seinen Zweck. Die Beine auf den Stuhl gestellt, die Knie zu sich heran gezogen, lehnte Joy das kleine Büchlein gegen ihre Knie und begann den Stift auf das Papier zu setzen…

Die junge Schottin wusste nicht genau, wann sie das Bett endlich aufsuchte und sich völlig ermüdet hinein gleiten ließ, doch als sie am Morgen die Augen öffnete verbarg sich das schäbige Zimmer hinter einem schläfrigen Schleier ihrer Augen. (Nicht das es schade gewesen wäre). Sie streckte ihre Arme unter der Decke hervor und verbog sich einmal in alle vier Himmelsrichtungen. Dann rieb sich die Frau über das Gesicht und richtete sich auf. Schläfrig trottete sie ins Bad und nur einige Zeit später erschien sie: Hellwach, frisch angezogen, fit, kühl, launisch, distanziert wie eh und je.

In aller Ruhe packte Joy die Tasche ein, was sie am Abend zuvor nicht getan hatte, und schulterte diese. Mit weniger als 2 Schritten war sie an der Kommode angelangt und zog die Pistole heraus, nur um sie dann gleich wieder in ihre Tasche zu stopfen. Die Sachen von dem Auftrag am Vorabend ließ sie achtlos liegen und wandte sich an der Tür, bevor sie jene öffnete, noch mal zur Raummitte. Das Bett war nicht gemacht, im Kamin glimmten weiterhin einige übrig gebliebene Scheite, die Vorhänge blieben verschlossen und ließen den Tag nicht hinein. Dennoch.. Etwas Persönliches lag hier nicht mehr. Alles was an eine fremde Frau mit seltenen grünen Augen erinnerte, war fort. Und so öffnete Joy die Tür und betrat den Flur. Hinter ihr klackte es kurz, damit war dieses Kapitel beendet. Ein neues stand bevor, deren Anfang sie noch nicht zu schreiben wusste.

Mit geschäftigem Schritt ging sie hinunter in den kleinen Schankraum, entdeckte Jeff in einer Ecke und ging, ohne Anstalten zu machen leise zu sein, auf ihn zu, beugte sich etwas hinunter und meinte: ”Los jetzt! Wir haben viel zutun!” dann war sie auch schon auf dem Absatz umgedreht und marschierte zum Ausgang der Spelunke.
 

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Obwohl Jeff ein wenig erschrak, als die Geräusche, die Joy beim Hereinkommen machte, ihn weckten, gab er sich betont lässig. Er fing Joys Blick auf, bevor sie sich umdrehen konnte und grinste sie kurz an. Sein unrasiertes Gesicht wirkte etwas abstoßend und Jeff hatte ein Gefühl im Mund, als wären darin ein paar Tiere verendet.

Er sah sich um und entdeckte, dass der erste Kellner gerade damit begann, die Tische für das Frühstück zu decken. Bevor Joy den Raum komplett verlassen konnte, gähnte er herzhaft und laut und streckte sich auf dem Stuhl. Er stand auf und tat dabei drei Dinge gleichzeitig. Er begann sich seines Hutes und Mantels zu entledigen, ließ Joy nicht aus den Augen rief laut zum Kellner: "Hey, Garcon, könnten wir bitte zwei Kaffee bekommen? Die Dame kommt gleich wieder zurück. Sie lässt mich bestimmt nicht alleine zu den Gendarmen gehen!"

Dann griff er in seine Hosentasche und holte eine Pillendose heraus. Er öffnete diese und entnahm ihr eine kleine Tablette. Umständlich packte er die Dose wieder weg. Dann betrachtete er kurz die kleine Medizin und warf sie sich in den Mund und schluckte sie mit einem Kopfschwung hinunter.

Die ganze Zeit über blickte er zum Ausgang des Raumes und wartete darauf, was Joy tun würde. Sie wusste nun, dass er sie jederzeit finden konnte. Das sprach sowohl für das Gehen als auch dagegen. Aber im Gegensatz zu ihm kannte sie ihren Gegenpart, Jeff, nicht. Sie hatte ihn gestern Abend zum ersten Mal gesehen. Er verließ sich darauf, dass sie ihn noch nicht genau einschätzen konnte. So leicht würde er nicht nachgeben. Er hatte ihr gestern Abend etwas Spielraum eingeräumt. Nun war sie dran. Er war fixiert darauf, dass sie dieses Spiel nach seinen Regeln spielen würden.
 
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Sie war schon fast an der Tür, als sie die Worte Jeff’s vernahm. Einige Sekunden blieb sie, den Rücken zu Jeff gewandt, stehen und atmete zwei oder drei mal tief ein und aus. Dann drehte sie sich um, ging mit schnellen Schritten und Mordlust in den Augen zurück zu dem stinkenden Mann und setzte sich rittlings auf den Stuhl gegenüber des Mannes, der ihr den letzten Nerv raubte. Die Arme auf dem Tisch verschränkt beugte sich Joy leicht nach vorn und sah dem Fremden nun direkt in die Augen. Das Grün schien nur so vor Mord und Wut zu schäumen, auch wenn das nur Einbildung seien konnte, so musste der Anblick doch zumindest einen Schauer über den Rücken jagen.

Noch einmal stieß Joy den Atem gedehnt aus und sprach dann mit ruhiger, doch Luft zerschneidender Stimme: “So.” begann sie. “Nun hörst du mir mal zu, du Taugenichts! Anscheinend bist du gut im Beobachten, im stummen Dasein, aber du hast offenbar keine Ahnung von dem, was zählt!” sie knurrte schon fast und ihr Gegenüber musste spüren, dass er sich kurz vor dem Ende seines Lebens befand. “Dein kleiner Freund hier,” sie deutete auf den Wirt -Garcon-, “kennt dein Gesicht ganz genau, weil du so dumm und töricht gewesen warst hier zu übernachten. Gut, meinetwegen, soll mich nicht stören. Doch offensichtlich hat die Vereinigung deiner Eltern nicht gereicht, um dir Menschenverstand mitzugeben, denn nun weiß er auch, dass wir etwas miteinander zu tun haben. Er kennt nun mein Gesicht, DU hast ihn auf mich UND dich aufmerksam gemacht.” Ihr Blick wurde immer schärfer und der Hass darin wurde ins Unermessliche gesteigert. “Es ist nun unmöglich für dich sich den Gendarmen auch nur auf 100 Fuß zu nähern, jeder in dieser Stadt wird nicht lange brauen um uns sofort mit den Morden in Verbindung zu bringen. JEDER. Ja, du hast richtig gehört, DICH und mich! Schon morgen wirst auch du gejagt und geächtet sein, Jeff.” Sie ließ ihrem Gegenüber keinerlei Chance sich zu Wort zu melden. Ihre rechte Hand schnellte nach vorne und sie packte den Adligen am Kragen um ihn mit einem Ruck zu sich zu ziehen. “Jonathan Ethan Frederik Foulhurst“ ihr Mund war nun nahe seines Ohres und ihre Stimme nur noch ein eisiges Flüstern. „Es ist durch deine Dummheit unmöglich noch irgendetwas unkompliziert regeln zu können! Nur durch deine Blödheit ist es notwendig, dass du sofort deinen Arsch bewegst und hier auf der Stelle verschwindest, oder ich setze dich ganz oben auf meine Liste!“ Die Schottin ließ den Mann los und erhob sich von dem Stuhl. Erneut begab sie sich zum Ausgang, drehte sich jedoch noch mal um. „Noch was.. Droh mir nie wieder, Jonathan Ethan Frederik Foulhurst, es sei denn du blamierst dich nicht wieder! Komm jetzt!“ rief sie barsch und war aus der Tür verschwunden.
 

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Jeff begann zu lächeln, als er sah, dass Joy umkehrte und zurück kam. Sein Herz machte einen Sprung, als sie begann ihn anzufauchen. Welche Energie! Und die Art und Weise wie sie diese Energien in Zorn und Wut kanalisierte. Nochmals beglückwünschte er sich zu seiner Wahl. Die Mordlust in ihren Augen ließ in frohlocken. Sein Lächeln gefror zu einer steifen Maske. Sie war das, was er brauchte: Das perfekte Werkzeug. Er hörte ihr zu, verinnerlichte ihre Ängste. Sie kannte ihn nicht. Noch nicht!

Als sie nach seinem Kragen fasste, zuckte er auf. Seine monatelang trainierten Reflexe ließen ihn nach ihrer Hand schnappen. Ohne dass er es hätte verhindern können, fuhr die haarfeine Nadel, die er in einem winzigen Mechanismus an seinem Handgelenk befestigt hatte in ihren Handballen. Es war eine unempfindliche Stelle. In ihrer Wut merkte sie rein gar nichts. Als sie erneut aufsprang und davon stürmte, wurde Jeffs Lächeln breiter.

Der Kellner brachte die zwei Kaffee und runzelte die Stirn. Jeff sah ihn an und sagte: "Sie kommt zurück!" Sein Ton ließ den Kellner achselzuckend verschwinden. Das Spinnengift würde ob ihrer Erregung in wenigen Minuten wirken. Gut, dass er Tom entsprechend instruiert hatte.

Jeff schlug seine Beine übereinander und nahm einen Schluck Kaffee. Er hatte sie richtig eingeschätzt. Sie hatte Angst vor Entdeckung. Was sie nicht wusste, war, dass Jeffs Beziehungen weit reichten in dieser Region. Hätte er diese Beziehungen zu Hause in England gehabt, hätte er Joy nicht nötig gehabt. Aber dem war leider nicht so. Dort war er der Geächtete. Aber hier war das anders. Kein Gendarm würde Hand an ihn legen, wussten sie doch alle genau, dass ihre Frau dann am nächsten Tag die Witwenrente würde beantragen können. Er holte ein Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit aus der Tasche und goß ein paar Tropfen davon in den zweiten Kaffee.

Er sah auf de Uhr und als er sie wieder wegsteckte, kamen zwei Gestalten durch die Tür. Die männliche hatte die Statur eines Preisboxers und trug den abgetragenen Sonntagsanzug eines Handwerkers. Er hatte die taumelnde Joy in seinen Armen. Das Gift hatte ihre Wahrnehmungsfähigkeit und ihr Koordinationsvermögen reduziert. Der Preisboxer ließ Joy auf den Stuhl sinken, auf dem sie schon vor ein paar Minuten gesessen hatte. Dann sah er Jeff an und dieser hieß in anerkennend nickend auf dem dritten Stuhl am Tisch Platz nehmen.

Dann beugte sich Jeff vor zu Joy. Er wusste, dass sie ihn wie aus weiter Ferne und nur ganz dumpf hören würde. "Ich darf dir Tom vorstellen.", sagte er. "Er hat dich vor einem schweren Unfall bewahrt. Trink deinen Kaffee, das wird dir helfen!" Er schob die zweite Tasse zu ihr hin.

Jeff wusste, dass das Gift noch ungefähr eine Stunde wirken würde. Danach würde Joy Kopfschmerzen bekommen und sich sechs Stunden lang so schlapp fühlen, als hätte sie eine schwere Grippe hinter sich. Es gab jedoch keine bleibenden Schäden. Er lehnte sich zurück. Diese sechs oder sieben Stunden waren alles, was er vorläufig brauchte. Wenn sie den Kaffee mit dem Gegengift trank, würde sie in wenigen Minuten zumindest wieder sprechen und nicht nur lallen können. Dann würde er ihr erzählen, was sie wissen musste. Die nächsten Stunden würden entscheiden, ob sie beide überleben würden oder nur einer von ihnen. Es war Jeff klar, dass er soeben ihre Wut auf ihn noch weiter geschürt hatte. Und wieder ließ dieser Gedanke ihn lächeln.
 
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