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Spielbericht Nicht gelistetes System Aufzeichnungen eines Abenteuers - Reliquien

Master-Jeffrey

Bürgertum
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Rollenspielsystem: Master of the Sword [MOTS]: Eigenbau
Abenteuer: Heldenreise
Setting: Klassische Fantasy
Abstrakt: Das folgende Abenteuer zeichnet die Geschichte um den Händler Andri und seine Begleiter auf, die ganz unvermittelt in dem kleinen Dorf Nordas, in der Nähe des Städtchen Wehr, im Herzen des Königreichs Abagail begann. Genießt das Abenteuer Andris und seines zwergischen Kumpanen Arton, die mit Peragon, dem Paladin und dem elfischen Waldläufer Avaron eine gefährliche Reise durch die winterliche Landschaft Abagail unternehmen.

Hier einmal die Abenteueraufzeichnung eines Abenteuers, das vor etw 20 Jahren in etwa zwölf Sitzungen gespielt wurde. Vor nunmehr vier Jahren habe ich die vorhandenen Aufzeichnungen noch einmal zur Hand genommen, sie mit ein wenig mehr Text unterfüttert, in Form eines kleines Buchs gedruckt und den Spielern zu Weihnachten geschenkt.
Beim Rollenspielsystem handelt es sich um ein klassisches Fantasy-Setting. Es nennt sich Master of the Sword und ist ein seit 25 Jahren gespielter und beständig erweiterter Eigenbau mit einer kleinen, aber umso festeren Spielergruppe.
Das Abenteuer wurde von vier Spielern begangen, von denen einer während des Fortgangs das Zeitliche gesegnet hat (nur dessen Charakter, der Spieler ist wohlauf). Deshalb sind es fünf Charaktere, die das Abenteuer schlussendlich gespielt haben. Diese sind:

Andri von Nordas
Andri ist Alleshändler. Er reist auf seinem Karren mitsamt Rappen Samuel durch die Lande, immer auf der Suche nach einem guten Geschäft oder einem lukrativen Abenteuer. Zu Hause ist Andri in einem kleinen Örtchen namens Nordas, im Osten Abagails. Hier leben seine Eltern. Andri hat zur Bewachung seiner Waren während der langen Reisen vor kurzem einen Zwergenkrieger engagiert, der ihn auf Schritt und Tritt begleitet.

Arton Dixa
Arton Dixa, vom Clan der Drachenaug, vom Stamm der Unteren der Vierten ist ein junger Zwergenkrieger, der etwas von der Welt, vor allem von den flachen Ländern der Menschen, sehen will. Und da es keine bessere Möglichkeit gibt, die Welt zu sehen, als mit einem Händler zu reisen, hat Arton sich vor einiger Zeit in den Dienst Andris gestellt und begleitet diesen auf seinen Handelsreisen.

Avaron aus dem Wald
Avaron ist ein junger elfischer Waldläufer aus dem Geschlecht der Liuthlin. Er verbringt die meiste Zeit des Jahres in den Wäldern. Iim Herbst kehrt er jedoch häufig in Nordas ein und verkauft Felle und Pelze an Andris Vater und seit einiger Zeit auch an Andri selbst. Während er in Nordas ist, übernachtet er gewöhnlich in der Scheune von Andris Eltern, zu denen er ein sehr gutes Verhältnis hat.

Peragon von Mirobirg
Peragon von Mirobirg ist ein Paladin der Echaton. Edel, rechtschaffend und gut hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Nordas, ein kleines Dorf im Schatten des Riesengebirges vor allem Übel zu bewahren und die Königsstraße im Umkreis vor Banditen zu sichern. Er lebt in einem kleinen Wehrturm im Herzen des Dorfes und ist bei allen Bewohnern hoch angesehen und geachtet.

Und:

Neranimo von Anfortas
Neranimo ist ein Kleriker vom Orden des Gehsings. Der Gott der Alchemie bestimmt das Leben des jungen Halbelfen, der in einem Kloster in Anfortas den Geheimnissen von Tränken und Kräutern auf den Grund geht. Im Herzen träumt der junge Mann davon, die beengenden Mauern des Klosters zu verlassen. Als die Brüder der Sista im nahegelegenen Kloster eine Reise in die Berge unternehmen, schließt er sich ihnen gerne an.
 

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1. Tag: In Nordas

Die Geschichte um den Händler Andri und seine Begleiter begann ganz unvermittelt in dem kleinen Dorf Nordas in der Nähe des Städtchens Wehr.

Es war ein regnerischer Abend im Spätherbst, als der übermütige Sohn des Müllers Murdau während des Spiels am Ufer des Saars in die reißenden Ströme des Flusses fiel. In einer schnell eingeleiteten Rettungsaktion suchte eine Gruppe entschlossener Männer und Frauen nach dem Kind. Fackelschein erleuchtete die Finsternis und Rufe wanderten durch die Nacht. Darunter waren der tapfere Paladin des Dorfes, Peragon von Miroburg, ein elfischer Waldläufer namens Avaron, Andri, der Händler und sein zwergischer Kumpane Arton Dixa.

Mehrere Gruppen suchten zu beiden Seiten des Flusses. Nach kurzer Suche wurde der Paladin auf einen im Fluss treibenden Baumstamm aufmerksam. Avaron, der Elf mit den wesentlich besseren Augen, erkannte an einem der Äste den im Wasser treibenden Jungen, der sich verzweifelt an den Stamm klammerte. Jetzt erst sah der Paladin, dass sie nicht allein waren. Vier Wölfe hatten sich aus dem Wald gewagt und warteten auf ihr wehrloses, im Fluss treibendes Abendessen.

Knurrend versuchten sie, die beiden Recken zu vertreiben, doch vergeblich. Entschlossen zog der Paladin seinen Odinschwinger und hieb auf die dreisten Wölfe ein. Avaron unterstützte ihn tatkräftig mit dem Bogen. Gemeinsam trieben sie die Wölfe in die Flucht und retteten den durchgefrorenen Jungen aus dem kalten Fluss.

Die Freude der Dorfbewohner kannte keine Grenzen und man entschied, in die örtliche Taverne einzukehren und die Rettung zu feiern. Hier war es warm und gemütlich, ein Barde spielte auf und bald hatte Peragon und die anderen die Wölfe vergessen.

Andri, der bei dem Paladin stand, wurde gewahr, wie ein ihm unbekannter Mann in der Taverne eintraf und seinen Vater in ein Gespräch verwickelte. Andri versuchte den Inhalt des Gesprächs zu erlauschen, konnte aber, ebenso wie der Waldläufer auch, nur Bruchstücke auffangen. Allem Anschein hieß der Mann Baldrick Neunfinger und wollte von Andris Vater eine gewisse Schuld einfordern. Andris Vater besänftigte den Mann jedoch soweit, dass er bald darauf wieder verschwand.

Kurz darauf verebbten die Feierlichkeiten aufgrund der fortgeschrittenen Stunde. Jeder der Helden ging getrennte Wege und suchte am späten Abend sein Bett auf.


2. Tag: In Nordas

Am nächsten Morgen fanden sie alle am alten Brunnen inmitten des Dorfplatzes wieder zusammen und besprachen die seltsamen Geschehnisse des gestrigen Abends. Andri gab zu verstehen, dass ihm das Verhalten seines Vaters und das Auftauchen dieses mysteriösen Fremden sehr suspekt waren.

Einzig eine alte Kräutervettel war während des Gesprächs der Recken auf dem Platz anwesend und nestelte am Brunnen herum. Sie versuchte so angestrengt dem Gespräch der Recken zu folgen, dass ihr der eigene Haustürschlüssel in den Schacht fiel. Augenblicklich erhob sie eine laute Klage und ihr elendes Gefluche fegte über den Platz. Flugs eilte der Paladin der Frau zur Hilfe und kletterte kurzerhand in den Brunnen, um den Schlüssel zu holen.

Am Boden des Brunnens stieß Peragon neben dem Schlüssel aber noch auf anderes, beunruhigendes. Zahlreiche, bisher unbekannte niedrige Tunnel gingen vom Brunnenschacht ab. Ganz offensichtlich führten sie geradewegs unter dem Dorf hindurch, in Richtung Friedhof.

Peragon erinnerte sich, von solchen Tunneln bereits gehört zu haben. Sie ließen auf Ghulaktivitäten schließen. Nach kurzer Unterredung stiegen die übrigen drei dem Paladin hinterher, in die feuchte Finsternis des Brunnens. Nicht jedoch, ohne den Rest des Dorfes über ihr Vorhaben informiert zu haben.

Nach kurzer Wanderung durch diverse niedrige, unterirdische Gänge erreichten sie eine ins Erdreich gegrabene Höhle. Modriger Geruch nach Fäulnis und Verwesung lag in der Luft und die Wurzeln einiger Bäume lugten aus der Decke hinaus. Hierher hatten sich die Ghule zurückgezogen. In ihrer Mitte lag ein angenagter Leichnam und die widernatürlichen Kreaturen machten sich gerade an den Schmaus. Solchermaßen abgelenkt, bemerkten die Ghule die herannahenden Helden erst, als es bereits zu spät war. Gemeinsam stießen die Gefährten vor und schlugen auf die Kreaturen ein.

Nach kurzem aber umso heftigerem Kampf gelang es den tapferen Recken unter hohem Blutzoll, die Geschöpfe der Finsternis zu erschlagen. Einem bösen Omen gleich, wurde Peragon während des Kampfes jedoch von einer der Kreaturen in den Hals gebissen und hatte sich in Folge dessen mit dem furchterregenden Ghulgift infiziert.

Dies versetzte die Gruppe in eine gewisse Zeitnot, wollte sie doch verhindern, dass der Paladin sich in einen Ghul verwandelt. Als die Helden der alten Kräutervettel ihren Schlüssel zurückbrachten, erzählte sie ihnen von einer befreundeten weisen Kräuterhexe. Diese lebte auf halbem Wege zwischen Wehr und dem Dorf Nordas und besaß weitaus größere Kenntnisse als sie selbst. Bei ihr würden sie bestimmt ein Gegenmittel erhalten können. So zogen Andri, der sich dem Paladin verpflichtet fühlte, zusammen mit seinem zwergischen Begleiter Arton Dixa, dem vergifteten Paladin und dem elfischen Waldläufer gen Wehr.

Nachdem sie am frühen Mittag Nordas verlassen hatten, stießen sie einige Meilen nördlich auf die Überreste einer Händlerkarawane. Die Zeichen deutend, vermuteten sie einen Orküberfall. Ein Karren lag umgeworfen und geplündert im Straßengraben. Drumherum lagen einige Tote. Offenbar Händler, die auf ihrem Weg nach Wehr gewesen waren. Da sie trotz Suche keine Überlebenden fanden, reisten sie schweren Herzens weiter.

Es war kalt und Regen zog auf, doch der sich verschlechternde Zustand des Paladins ließ keine Rast zu. Am späten Nachmittag erreichten sie unter der Führung Avaron schließlich eine kleine Hütte im Wald. Hier lebte die Hexe. Doch die Schurken, die die Händler überfallen hatten, waren ihnen zuvor gekommen.

Die Kräuterhexe, eine Frau in den Fünfzigern, hatte zwar äußerlich den Überfall unbeschadet überstanden, war jedoch fuchsteufelswild. Außerdem klärte sie die Gruppe darüber auf, dass es sich nicht um Orks, sondern um eine Gruppe Oger gehandelt hatte. Diese lebten in den Schlammhügeln östlich des Hexenhauses. Während ihrer Kräutersuche hatten die Kreaturen ihr aufgelauert und nur mit knapper Not war ihr die Flucht gelungen. Sie ärgerte sich darüber, den Korb mit den Kräutern zurückgelassen zu haben, denn die Oger hatten sich diesen geschnappt und mitgenommen. Der Korb enthielt eben jene Kräuter, die sie benötigen würde, um den Paladin zu heilen.

Vom Schicksal so herausgefordert, machten die Vier sich auf, die Oger aus ihrem Versteck zu jagen und die lebenswichtigen Kräuter wieder zu beschaffen. Die Zeit drängte und die ersten Anzeichen der Verwandlung machten sich bereits im Gesicht und auf dem Körper des Paladins bemerkbar. Unter der kundigen Führung des Waldläufers konnte die Gruppe bald darauf die Spur aufnehmen. Sie führte geradewegs zu den Hügeln, die den mächtigen Wipfeln des mittleren Riesengebirges vorgelagert waren.

In der Abenddämmerung erreichten sie den Fuß des ersten Hügels. Der Regen hatte aufgehört und die Natur schien zu schlafen. Ein schlammiger Pfad wand sich um den Hügel herum, bis ganz hinauf nach oben. Hier führte eine Hängebrücke hinüber zu einem benachbarten Hügel. Dort, eingegraben in die Erde konnten sie einige Höhlen ausmachen. Vermutlich handelte es sich um die Behausungen der Oger. Bestätigt wurde diese Vermutung durch zwei der Kreaturen, die den Pfad den Hügel hinauf bewachten.

Im Schutze der Nacht pirschten die Helden sich heran und erschlugen die Wachen. Andri jedoch wurde von einer Keule so unglücklich am Kopf erwischt, dass er augenblicklich ohnmächtig zu Boden stürzte. Ein Heiltrank und die fachkundige Versorgung durch den Waldläufer retteten dem Händler zwar das Leben, verletzt musste er jedoch zurückbleiben. Der volle Mond lugte ab und an unter der dichten Wolkendecke hervor, als die drei übrigen Helden leise den Hügel hinaufschlichen. Oben angekommen, nutzten sie den Schutz der Nacht und beharkten die Oger mit Pfeilen und Bolzen. Die tumben Kerle stürmten daraufhin auf die Brücke und wurden vom Paladin und dem Zwerg gestellt, deren scharfe Waffen blutige Ernte unter den Ogern hielten.

Am Ende lagen drei der Kreaturen tot im Schlamm des Weges. Eine rasche Durchsuchung ihres Unterschlupfs brachte den gesuchten Korb und einige weitere interessante Fundstücke zu Tage.

Mit diesen eilte man in der Dunkelheit zurück zur Hütte der Kräuterhexe. Vorher lasen sie noch den verwundeten Andri auf. Keine Sekunde zu früh, denn der Paladin hatte bereits begonnen, sich in einen Ghul zu verwandeln. Die kleine Gruppe beschloss, die Nacht bei der Kräuterhexe zu verbringen, damit Peragon und Andri sich von ihren Verletzungen erholen konnten. Dann warfen sie einen Blick auf die erbeuteten Fundsachen. Einige der Objekte waren gesiegelt. Peragon war als Paladin natürlich der Wappenkunde mächtig und erkannte sie als Wappen der Falustaunen, einer reichen Patrizierfamilie, die in Wehr lebte.
 

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3. Tag: In Wehr

Nach einer geruhsamen Nacht verabschiedete man sich am nächsten Morgen von der Kräuterhexe, die Peragon das Leben gerettet hatte und wanderte weiter nach Wehr. Wehr war eine kleine befestigte Stadt am Fuße der hohen Berge des Riesengebirges. Dort angekommen, teilte sich die Gruppe auf.

Peragon stattete den Paladinen in der Festungsruine vor den Toren der Stadt einen Besuch ab und fragte nach, wo die Familie der Falustaunen lebte. Der Hauptmann der Garde erzählte ihm während der Unterredung auch von der Orkgefahr, die von den Rudeln der Schwarzpelze im Gebirge ausging. Schweren Herzens machte der Paladin sich im Anschluss auf, dem Haus des Patriziers einen Besuch abzustatten. Unterwegs traf die Gruppe auf dem Marktplatz der Stadt wieder zusammen.

Peragon, ein Streiter des Lichts und Recke des Rechts vertrat die Auffassung, die bei den Ogern erbeuteten Güter ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben. Im darauf folgenden Disput hatte er es mehr als schwer, den Rest der Gruppe von der Güte ihrer Tat zu überzeugen. Schlussendlich setzte er sich durch.

Im Haus des Patriziers trösteten sie die einzige volljährige Überlebende der Familie, (sie war wegen einer Krankheit nicht mit ihren Verwandten gereist) die vollends erschüttert war von der Nachricht. Doch trotz allem vergaß Lydia, so hieß die Frau, die Entlohnung für die noble Tat der Vier nicht. Nachdem man sie im Kreise einiger Freunde zurückgelassen hatte, wandte sich die Gruppe dem kleinen Händlerviertel der Stadt zu und verwendete das neue Gold für den Ankauf verschiedener Tränke und Ausrüstungsgegenstände.

Am Abend mietete man sich einige preisgünstige Zimmer im „Blutigen Eimer“ und beschloss, am darauf folgenden Tage die Rückreise nach Nordas.


4. Tag: Rückreise nach Nordas

Die Rückreise verlief ohne Komplikationen. Als die Gruppe den Ort des Überfalls auf die Karawane abermals passierte, stellte sie fest, dass die Toten begraben und die Wagen verschwunden waren. Der Himmel zog sich immer weiter zu, doch bis zum Abend blieb es trocken. Es war kalt.

In Nordas angekommen war auf den ersten Blick alles genau so, wie bei ihrer Abreise. Doch sobald Andri die Schwelle seiner Haustür überschritten hatte, stellte er fest, dass etwas sich geändert hatte. Er durchsuchte das gesamte Haus, doch sowohl sein Vater als auch seine Mutter waren wie vom Erdboden verschluckt.

Die anfängliche Sorge, sie könnten von Baldrick Neunfinger entführt worden sein, bestätigte sich glücklicherweise nicht. Baldrick und seinen Schergen waren seit dem Abend in der Taverne nicht mehr gesehen worden. Voller Sorge fragte Andri bei den Nachbarn nach. Hier erfuhr er, dass seine Eltern am Morgen hastig abgereist waren und ihm einen Brief hinterlassen hatten. Andri bedankte sich und kurz darauf saßen die Vier in der Küche von Andris Elternhaus und grübelten über die Botschaft des Briefs, der zuerst nicht den geringsten Sinn ergab:

Liehba andre

Unglücklicherwaihse liehba ANDRE musstiegten wihr schon früher
nach Uhmbruch in das Hus zu deinigen sehr geschwähtzten Vervanten
Tantchen Grimelda und Onkel Grießholm reisigen. Dein Mutter meintigte,
er findigt uns schohn wenn er sich eiligt, denn wir sind ja lahngsam
Reisende, die es shich auf unserigem Wahgen gmütlich gemacht
Der alten Kahrren hat uns ja schohn oft nach Uhmbruch gebrachtigt.
Erhlicherweis möchtige ich dihr noch mitteiligen, dass uns einehm
Reithersmann begleitigt der heutig morgn auftaucht issigt da du nicht da warst.
Schonig yetzt vehrmiss ich und deine mutter das dohrf, doch ahls sich die
Changshe botigte uhnd das wehtter ghut da dacht sich dein mutter liehber
Heut als morgen, du wheist whie sie issigt manchesmal. Whir freuen uhns die
Enkelchen deines tantchens zusehen. Auch wenn mutter nix davon hören will,
unther uns, das sinnigen dreig kleine dämonen. Wenn dus kein Zeit hast
nachzukommigen, dahnn lassig dir sagt sein, dass wihr zurückigkommen ahm

ehrsten tage der sista.

dein vater


Tante Grimelda und Onkel Grießholm waren bereits vor mehreren Jahren verstorben und auch vorher war das Verhältnis zwischen ihnen und Andris Eltern nicht das Beste gewesen. Bis spät hinein in die Nacht saßen die vier am alten Eichentisch und rätselten. Dann endlich fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen. Einzig allein die ersten Buchstaben einer jeden Zeile ergaben zusammengenommen einen Sinn. Dort stand: UNTER DER SCHEUNE.

Andri wusste sogleich, was sein Vater mit diesen Worten meinte. In der Scheune gab es einen kleinen verborgenen Kellerraum. Hier hatte Andris Vater in früheren Jahren ab und an Schmuggelgut versteckt, das er aus den Wilden Ländern auf der anderen Seite des Riesengebirges nach Abagail gebracht hatte.

Ohne auf die anderen zu warten, stürmte er in die Nacht hinaus und in die Scheune. Nach kurzer Suche hielt er einen zweiten Brief in den Händen. Im Licht einer funzeligen kleinen Lampe und im Kreis der Recken las er ihn vor:

Andre
Wehnn du dass liessigt dahn bissigt du wihrklich mhein sohn. Dein mutter und ich mussten flüchtigen vor den männern die du sahest in der nacht nach dehm der pahlahdin den jung gerrettet. Der mann den du gesehn war Baldrick Neunfingha ein Schmuggler vohn der anderen Seit der Berg. Is ein Rhute. Und er war bös auf mich weílig hab da eihn teil ein kleiniges was ich gesagt hab ich bring es ihm herüber und er bezahligt mich ghut. Hat er auch. Ein teil. Doch da habig erfahrn dass das theil ein magisch ist, geklaut vom Tempel der ghuten Brüder der Sista. Uhnd du weiss wies is mit göttern. ist nicht gut wenns man sich verschertzt mit dehnen. So ich wolltigt das Ding zurückiggebhen an den von dehm ichs bekahmig. damit der dass zurückigbringt in den richtgen tempel, denn viele gibt’s da tempel der Sista. Aber als die männer gkommen ich habs mith der ahngst bekommigt, du weihßt dein mutter mags nicht wenn ich schmuggeln tu. So ich sie geschnappt und bin weg fürne weil wegen der männer. Das teil aber liegt in dem sack mit korn hier in der Scheune.

Währ nett wenn dus bringen tust zum starken Arm, ner taverne in der näh von Schilderbrueck und da nach Ering Schimpelmütze fragigen tust. Von dehmigen da hab ich das teil bekommigt. Der solligs zum tempel bringen. Im beutel da findest du penuncia zum bezahligen die reis. Wichtig das du das teil nicht nimmigst heraus aus dem körnersack. Der Schimpelmütz meint das seiig sehr sehr gefaehrlich weil das teil isete so magisch. Und passige vor den männern auf die sichig nennen die Ruhten. Wenn die wissigen das du von mir bist dann sind wohl sehr bös auf dich. Ichig verschteck mich ein auf zwe monat und kummig dann ins dorf zurück!

Du bissigt mein letzte hoffnung!

Der im Brief beschriebene Sack mit Korn befand sich ebenfalls im kleinen Geheimversteck. So sehr es Andri auch in den Fingern juckte, die im Korn versteckte Reliquie mit eigenen Augen zu betrachten, hielt er sich doch zurück. Mitternacht war lange vorüber, als die kleine Gruppe die Geschehnisse noch einmal zusammenfasste.

Ein Mann namens Baldrick Neunfinger hatte die Schmugglerdienste von Andris Vater in Anspruch genommen. Dieser sollte den Beutel über die Pässe des Riesengebirges in die Wilden Länder bringen. Andris Vater bekam es mit der Angst zu tun, überquerte das Riesengebirge nicht und versteckte stattdessen den Beutel in der Scheune. Baldrick Neunfinger, der immer noch auf eine Antwort wartete, kam nach Nordas und als er erfuhr, dass die Reliquie noch im Dorf sei, bedrohte er Andris Vater. Dieser sollte den Beutel übers Gebirge schaffen oder ihn zurückgeben. Da der nicht vorhatte zu gehen, den Beutel aber auch nicht zurückgeben wollte, nahm er Hals über Kopf die Beine in die Hand und flüchtete in unbekannte Gefilde. Den Beutel ließ er im Versteck und bat im beigefügten Brief, Andri, den Beutel einem gewissen Ering Schimpelmuetz im „Starken Arm“ zu bringen. „Der Starke Arm“, eine Taverne am Handelsweg über das Riesengebirge, befand sich in der Nähe der Stadt Schilderbrueck und war eine mehrwöchige Reise entfernt.

Andri, als Sohn seines Vaters war umgehend bereit, der Bitte seines Oheims nachzukommen und auch Arton Dixa wollte seine Axt für Andri und die Reliquie bereitstellen. Peragon, den zuerst ein schlechtes Gewissen darüber plagte, das Dorf schutzlos zurückzulassen, gab schließlich auch sein Wort. Avaron, der stille elfische Waldläufer gab nach einigem Zögern mit einem Nicken der Gruppe seine Bereitschaft zu verstehen, ebenfalls mitzukommen. Und so schmiedeten die Vier im schummrigen Schein der Kerzen in der Küche eine Allianz, die Reliquie der Sista, Ering Schimpelmuetz zurückzubringen, damit sie an ihren ursprünglichen Platz der Welt ein wenig Frieden bringen konnte. Peragon von Mirobirg, Arton Dixa, Andri von Nordas und Avaron aus dem Wald. Das es Platz im Überfluss gab, nächtigten sie alle gleich dort.
 

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5. Tag: Aufbruch nach Goloras

Früh am nächsten Morgen verstauten sie Gepäck und Proviant und verließen kurz nach Sonnenaufgang das Dorf gen Süden. Zuvor bat Andri eine Nachbarin, ein Auge auf das Haus zu halten. Das erste Ziel ihrer Reise sollte die Stadt Goloras sein. Das Wetter war schlecht. Es regnete und kalter Wind fuhr durch ihre Kleidung, während sie über die Reichstraße schritten.

Peragon ritt auf einem zuvor gefundenen, herrenlosen Pferd, während Andri auf dem Kutschbock seines einachsigen Karren Platz genommen hatte. Der Zwerg und der Elf zogen es vor, neben dem Karren herzulaufen. Auf verschiedenen Seiten versteht sich. Am Ende des Tages fand Avaron eine kleine Höhle im Wald neben der Straße, in der die Gruppe die Nacht verbrachte. Es wurden Wachen eingeteilt, doch außer den nadelspitzen Zähnen der Kälte biss nichts die Abenteurer.


6. Tag: Reise nach Goloras

Das Wetter hatte sich am Morgen weiter eingetrübt und es war noch kälter geworden. Einige der kahlen Äste des Waldes waren von einer dicken Eisschicht überzogen. Der Herbst war im Begriff in den Winter überzugehen.

An Ende des Tages kehrten die Vier in ein befestigtes Gasthaus am Wegesrand ein, um dort die Nacht zu verbringen. Das kleine Gehöft, mit dem klangvollen Namen "Zum Hufschmied" bestand aus einem zweistöckigen Haupthaus samt zweier Nebengebäuden, die von einer übermannhohen Steinmauer umgeben wurde. Von den Strapazen der Reise erschöpft, fand jeder von ihnen im Laufe des Abends sein angemietetes Zimmer.

Mit Ausnahme des Waldläufers, der es vorzog, in der Scheune bei Andris Pferd zu nächtigen. Niemand mag sich ausmalen, was passiert wäre, hätte der Waldläufer sich anders entschieden. Denn im Laufe der Nacht machten sich zwei Strauchdiebe daran, in die Scheune einzudringen und konnten nur von Avarons beherztem Eingreifen davon abgehalten werden.

Die beiden hatten zur dunkelsten Stunde der Nacht lautlos die Palisaden überwunden und suchten offenbar Diebesgut jeglicher Art. Avaron, der nur mit dem einen Auge schlief, wurde der beiden sofort gewahr und stellte sich umgehend zum Kampfe. Obgleich seine Aussichten auf Erfolg gegen die zwei Schurken gering erschienen, zögerte er nicht eine Sekunde.

Der Lärm, den die folgende Auseinandersetzung nach sich zog, weckte rasch den Rest der Gruppe. Einige Momente später stürmten bereits ein halbangezogener Peragon hinter Arton die Treppe herunter und auf den Hof hinaus. Dort trafen sie auf zwei weitere dunkle Gestalten, die den Rückzug decken sollten. Andri, der sich am Fenster des ersten Stocks postiert hatte, begann augenblicklich, die Gestalten im Hof mit seiner Handarmbrust zu beharken. Der Paladin und der Zwerg eilten den Schurken entgegen und droschen mit Odinschwinger und Kriegsbeil unbarmherzig auf sie ein.

Trotz aller Gegenwehr konnte der Elf in der Scheune nicht verhindern, dass einer der beiden Strauchdiebe Andris Rappen bestieg und mit diesem auf den Hof hinaus ritt. Auf ein Signal hin eilten die beiden auf dem Hof zum Tor, um es für den Reiter zu öffnen und dann gemeinsam in die Nacht zu fliehen. Ihr Plan wurde von der flinken Klinge des Paladins und den spitzen Bolzen des Händlers vereitelt, die zwei der vier ins Jenseits schickten. Der dritte starb mit der Axt des Zwergen im Rücken. Der vierte flüchtete ungesehen. Die Aufregung weckte auch den Rest der Taverne und bald stellte sich heraus, dass der Knecht des Wirts, der zur Nachtwache abgestellt war, tot neben der Scheune lag. Die Räuber hatten ihn gemeuchelt. Den Rest der Nacht wollte sich die eigentlich erhoffte, wohltuende Ruhe einer Gasthausübernachtung nicht mehr einstellen.



7. Tag: Reise nach Goloras

Den Aufregungen der Nacht zum Trotz brach die Gruppe nach einem kurzen Frühstück früh am nächsten Tag wieder auf, weiter in Richtung Goloras. Es war immer noch sehr kalt, doch regnete es zumindest nicht.

Im Laufe des Tages verdichteten sich die Anzeichen, dass die Gruppe verfolgt wurde. Von wem und warum, war jedoch nicht herauszufinden. Am Nachmittag, die Sonne stand bereits tief am Himmel, geschah es dann!

Unbemerkt hatte sich während einer Rast am Wegesrand eine weibliche Assassinin an die Gruppe herangeschlichen. Gut versteckt im Unterholz zielte sie in aller Seelenruhe, spannte und schoss ihren Pfeil über neunzig Meter direkt in Avarons Hinterkopf. Tödlich getroffen brach der Waldläufer zusammen. Unmittelbar darauf erwiderten Peragon, Andri und Arton das Feuer, auf das die Assassinin gezwungen war, sich ins Unterholz zurückzuziehen.

Während die anderen in aller Eile versuchten, den toten Waldläufer wiederzubeleben, saß dessen immaterielle Gestalt auf einem in der Nähe gelegenen Baumstamm. Neben ihm saß Gevatter TOD und gab ihm Gelegenheit, ein Kartenspiel um sein Leben zu spielen. TOD hatte einen besonders guten Tag bzw. eigentlich war es Avaron, der einen besonders guten Tag hatte. Er gewann das Spiel und kehrte alsbald zurück in die Welt der Lebenden. Doch die Freude über seine mystische Wiederbelebung währte nur kurz unter den Mitgliedern der kleinen Reisegesellschaft. Die Assassinin war nicht alleine gewesen. Knapp achtzig Meter von den Recken entfernt, stürmten auf einmal ein Dutzend in Leder gekleidete Krieger aus dem Wald auf sie zu. Gegen diese Übermacht gab es kein Bestehen. Schnell wurden die Pferde angetrieben, der Zwerg sprang auf Andris Karren auf und Arvaron stieg zu Peragon aufs Pferd und man räumte das Feld.

Nach kurzer Zeit erreichten sie ein Flussufer. Der Fluss floss hier träge und tief in seinem breiten Bett. Die Verfolger waren dicht auf. Mit Hilfe des eifrigen Fährmannes setzten sie rasch aufs andere Ufer über. Ihre Verfolger schossen währenddessen Salve um Salve zu ihnen hinüber. Doch glücklicherweise trafen die wenigsten Pfeile ihr Ziel. Am anderen Ufer entlohnte Andri den guten Fährmann fürstlich dafür, den Rest des Tages nicht mehr aufs andere Ufer zu wechseln.

Im Anschluss reisten sie weiter und erreichten am Abend des gleichen Tages ein befestigtes Händlerlager im Wald. Umgeben von Palisaden aus unbehauenen Baumstämmen standen etwa dreißig Wagen und Karren zusammen. Dazwischen waren Zelte und behelfsmäßige Hütten aufgeschlagen. Überall wurde verhandelt, über kleinen Kochfeuern gegessen und Neuigkeiten ausgetauscht. Dort verkauften sie den Wagen des Händlers und erwarben für den Erlös dringend benötigtes Hab und Gut. Als einzig festest Gebäude stand in der Mitte des Lagers ein Blockhaus. „Zum Knüppelfeller“ stand auf einem Schild über dem Eingang.

Hier fanden sie endlich Zeit, über die Geschehnisse des Tages zu sprechen. Ihre in schwarze Lederrüstungen gekleideten Verfolger und die Assassinin waren allem Anschein nach Ruthen. Da Baldrick Neunfinger ebenfalls diesem Menschenschlag angehörte, lag es nahe, zu vermuten, das Baldrick ihnen auf der Fährte war. Nicht unbedingt beruhigt, verbrachten die Vier die Nacht in der Taverne.



8. Tag: Reise nach Goloras


Am nächsten Tage, das Wetter hatte sich in der Nacht noch weiter verschlechtert, zogen sie ungeachtet der eisigen Temperaturen, des Regens und Sturms weiter nach Goloras. Von ihren Verfolgern fehlte jede Spur. So wanderten sie den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch mit eiserner Disziplin bis zur Erschöpfung. Sie wollten den Vorsprung vor ihren Verfolgern soweit ausbauen wie möglich.



9. Tag: Reise nach Goloras


Der Morgen des nächsten Tages machte den Plan, Goloras so schnell als möglich zu erreichen, zunichte. Denn kurz vor Sonnenaufgang, die Aufmerksamkeit der Recken war niedrig und ihre Müdigkeit hoch, schoss plötzlich und unvermittelt eine Werratte aus dem Gebüsch links des Weges. In wildem Blutdurst stürzte sie sich auf Arton und verletzte den Zwerg binnen Sekunden so schwer, dass nur ein Heiltrank Hilfe versprach. Gleichzeitig gingen Andris und Peragons Pferde durch und konnten nur mit Mühe gehalten werden. Trotz vereinter Gegenwehr der Gruppe, konnte sich die Werratte in den Wald retten.

Kurzentschlossen, der Bestie ein für alle Mal den Garaus zu machen, stürmten die Vier dem Untier hinterher. Atemlos hetzten sie die verwundete Kreatur im glühenden Schein der Morgendämmerung durch den kahlen Wald, bis sie eine Höhle erreichten. Vorsichtig, mit den Waffen im Anschlag, traten sie ins Dämmerlicht der Höhle. Auf dem Boden vor ihnen lag nicht, wie erwartet, die schwer verletzte Bestie, sondern ein junges, bildhübsches Mädchen, das aufgrund zahlreicher Wunden mit dem Tode rang. Die Werratte hatte sich zurückverwandelt. Kurzentschlossen flößte der Paladin der jungen Frau einen Heiltrank ein und rettete ihr Leben. Nach einer Weile kam sie wieder zu Bewusstsein und nachdem Peragon ihr versichert hatte, dass ihr von den Recken kein Unheil drohte, erzählte sie ihre Geschichte.

Ihr Name war Reena und sie lebte in einem kleinen Dorf, ein wenig abseits des großen Handelswegs. Das Dorf stand unter der Knute eines Fürsten, der sich wohl vor einigen Jahren mit dem Virus der Lykanthropie infiziert hatte. Sein Name war Landfürst Gabal von Wolfenhein. Seit seiner Infizierung hatte der Fürst sich vollends gewandelt. Seine Bediensteten waren bis auf einige wenige geflohen und seine Burg verfiel zusehends.

Immer wieder überfielen er und seine Schergen die wehrlosen Bewohner der umliegenden Dörfer, verschleppten manche von ihnen und töteten andere. Reena selbst hatte sich vor einem Monat infiziert, als sie im Wald nach Kräutern suchte und auf eine der Bestien gestoßen war. Nur mit letzter Kraft hatte sie entkommen können. Doch hatte die Werratte sie auf ihrer Flucht mir den Krallen verletzt. Nun hatte sie sich in der gestrigen Nacht zum ersten Mal verwandelt.

Von ihrer Geschichte tief berührt, versprach der Paladin Hilfe im Kampf gegen den Werwolf und seine Sippe. Zuerst einmal, um die Frau von der Entdeckung durch die anderen Dorfbewohner zu bewahren, brachte Peragon sie auf dem Rücken von Andris Rappen unbemerkt zurück ins Dorf. Die anderen ruhten sich derweil ein wenig aus. Nach seiner Rückkehr überzeugte er seine skeptischen Begleiter, das Richtige getan zu haben. Seufzend fügten die anderen sich schließlich und man beratschlagte, wie man dem Fürsten den Gar aus machen konnte. Da Paladine, ebenso wie Zwerge, meist den direkten Weg zu einem Ziel bevorzugen, kamen sie überein, zur verfallenen Burg des Fürsten zu reiten, um ihn dort zu stellen.

Ihr Weg führte sie durch Reenas Dorf. Hier war in der Zwischenzeit Leben eingekehrt, denn die Rückkehr der jungen Frau war nicht unbemerkt geblieben. Als die Recken auf den zentralen Platz der Siedlung ritten, sahen sie einen Scheiterhaufen, den die Dorfbewohner binnen kürzester Zeit errichtet haben mussten. Reena stand an einem Pfahl gefesselt darauf und flehte die Dorfbewohner an, ihn nicht zu entzünden. Offenbar wollten die Männer und Frauen des Dorfes das Böse ausmerzen und schreckten nicht davor zurück, dafür ihre eigenen Verwandten zu verbrennen. Selbst ihr Vater, der Dorfvorsteher wollte seine Tochter brennen sehen und schleuderte just in dem Augenblick eine Fackel in das Reisig, als die Recken der Szene ansichtig wurden. Augenblicklich loderten helle Flammen zwischen den Holzscheiten. Rauch stieg in dichten Schwaden auf und die panischen Schreie der jungen Frau halten über den Platz.

Ungestüm bahnte sich Peragon auf seinem Pferd einen Weg durch die Menge und sprach mit ruhiger Stimme einen Zauberspruch, der das Feuer augenblicklich zum Verlöschen brachte. Wie es einem Paladin gebührte, rettete Peragon Reena ein zweites Mal. Im Anschluss sprach er mit der Bestimmtheit eines Mannes, der wusste wie er ein Schwert zu führen hatte zu den Bewohnern des Dorfes und schärfte ihnen ein, Reena bis zu seiner Rückkehr vom Fürsten kein Haar zu krümmen. Nach einem kurzen Gespräch mit der jungen Frau machten sich der Paladin, samt Händler, Zwergenkrieger und Waldläufer zur Mittagszeit auf zur verfallenen Burg.

Für etwas mehr als eine Stunde folgten sie den Resten einer Straße, bis die Überreste der Burg inmitten des Waldes vor ihnen aufragten. Die Mauern waren an vielen Stellen von Pflanzen überwuchert oder eingestürzt. Drei der vier Flügel waren offenbar bereits vor langer Zeit in sich zusammengefallen und Kletterpflanzen und Ranken sprossen zwischen den Steinen. Nur der vierte Flügel stand noch. Eine fast unheimliche Stille lag in der kalten Luft des Nachmittags. In einiger Entfernung banden sie die beiden Pferde an und ließen den immer noch verletzten Arton zurück.

Dann betraten sie den unheiligen Ort. Fast unmittelbar erschien in den dunklen Höhlen der Hauseingänge eine Gruppe verfaulter Zombies, die geradewegs auf die drei Abenteurer zuhielt. Offenbar ehemalige Bedienstete des Fürsten, die in Ungnade gefallen waren. Der Fürst selbst ließ sich nicht blicken. Ihre Waffen fest in den Händen, prallten die Recken gegen die Untoten und setzten ihrem widernatürlichen Dasein ein rasches Ende. Als sie sicher waren, alle niedergemacht zu haben, begannen sie, die Burg genauer in Augenschein zu nehmen. Viel war nicht mehr erhalten, doch in den Kellergewölben stießen sie auf eine Halle, in der zahlreiche Fackeln brannten. Auf Lagern aus alter Kleidung, Teppichen und Unrat hausten hier offenbar die Schergen des Fürsten. Einer von ihnen war anwesend und schlief, eingehüllt in eine lumpige Decke, auf einem der Lager.

Darüber hinaus war auch Gabal von Wolfenhein selbst anwesend. Er saß auf einem hölzernen Thron inmitten des Lagers, als die Gefährten den Saal betraten. Worte hatten in dieser Situation schon längst keine Bedeutung mehr, deshalb ließen Andri, Peragon und Arton ihren Stahl sprechen. Fürst Gabal verwandelte sich umgehend in einen Werwolf und warf sich mit all seiner unheiligen Energie gegen die Helden. Auch sein Getreuer, eine Werratte, sprang vom Lager auf und stieß immer wieder gegen die Recken vor, die tapfer Widerstand leisteten. Der Kampf wogte hin und her und bei jedem Treffer gegen die Helden bangte einer von ihnen, ob er nun von der Lykanthropie infiziert sei.

Nach langem und hartem Gefecht lagen der Fürst und sein Bediensteter am Boden. Wieder hatten die Drei einen hohen Blutzoll gezahlt und nur Whor, dem Gott des Glücks, war es zu verdanken, dass alle das Ende des Tages erlebten. Der Fürst war nicht mehr und sein Knecht war schwer verletzt. Der Fluch, den der Fürst durch seinen Biss auf ihn übertragen hatte, war jedoch gelöst. Peragon half dem Mann auf und verarztete ihn.

Bei einsetzender Abenddämmerung verließen sie Kellergewölbe und Burg und sammelten die Pferde samt wartendem Zwerg wieder ein. Im Dorf erwartete Reena sie bereits. Freudestrahlend warf sie sich dem Paladin um den Hals, denn der Bann war auch von ihr abgefallen. Trotz des freudigen Ereignisses war das Verhältnis zwischen ihr und den Dorfbewohnern aufgrund der Geschehnisse unwiederbringlich vergiftet und sie äußerte den Wunsch, das Dorf mit den Recken zu verlassen. Gerne stimmte die Gruppe zu und nachdem sie ihr karges Hab und Gut in einem Rucksack verstaut hatte, verließen sie zu fünft das Dorf.

Es war bereits tiefste Nacht, als die kleine Gruppe in der Nähe der Ruine eines kleinen Hauses am Wegesrand Rast machte. Reena, die die gesamte Zeit recht still gewesen war, erinnerte sich daran, wie sie unter dem Bann des Fürsten am gestrigen Abend hier gewesen war. In den Kellerräumen gab es ein geheimes Versteck, in das die verdammten Kreaturen ihre erbeuteten Schätze gelegt hatten, bevor sie sich wieder zurückverwandelten. Nach kurzer Suche förderte man eine stattliche Anzahl an Silbermünzen und Schmuckstücken zu Tage. Mit dem Vorsatz, einen Großteil davon zu spenden, steckten sie die Wertsachen ein und betteten sich in der Ruine zur Ruhe.
 

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10. Tag: Reise nach Goloras/ Die Belagerung

Am nächsten Tag ging es im eisigen Nieselregen weiter nach Goloras. Zurück auf dem Königsweg erwartete die Helden die nächste Überraschung. Kaum waren sie auf die Hauptstraße abgebogen, da wurden sie von berittenen Kundschaftern des Kurfürsten der Steine überholt. Bald schon folgten den Reitern Soldaten zu Fuß. In langen Reihen marschierte das Heer Reginalds des Grauen auf Goloras zu.

Peragon hielt einen Hauptmann an und verwickelte ihn in ein Gespräch. So erfuhr er, dass das Heer unterwegs war, Goloras zu belagern. Die Stadt war eine sogenannte Klerikerstadt und stand unter der Obhut des Holems-Bischof Liutprandt. Da die Stadt aber dem Kurfürsten zu Abgaben verpflichtet war, ihrem Auftrag in den letzten Jahren jedoch nicht mit der gebotenen Gewissheit nachgekommen war und ihre Zahlungen schließlich ganz eingestellt hatte, sah Kurfürst Reginald sich nun zum Handeln veranlasst.

Schulterzuckend schloss sich die kleine Gruppe dem Heer an und erreichte am Nachmittag die Stadt. Fasziniert beobachteten sie das Geschehen. Soldaten eilten hin und her, hielten Händler auf, die auf dem Weg in die Stadt waren und schickten die lamentierenden Männer und Frauen zurück. Unterstände wurden aufgebaut, Holz gesammelt und Feuer entzündet. Belagerungsgerät, Rammböcke oder Leitern wurden keine gebaut. Das bestätigte die Gruppe in der Annahme, dass der Kurfürst nicht die Absicht hegte, Goloras in Schutt und Asche zu legen. Vielmehr wollte er gegenüber dem Bischof seine Macht demonstrieren.

Man hielt sich ein wenig abseits der Soldaten. Nach kurzer Unterredung blieben Peragorn und Avaron bei den Pferden zurück. Andri wollte mit Arton einen Weg in die Stadt suchen und neue Vorräte für die weitere Reise organisieren. Reena verließ die Gruppe schweren Herzens kurz nach ihrer Ankunft und blieb bei einem elfischen Heiler namens Laelian, der mit den Soldaten des Fürsten reiste. Mit dem Gelbeutel und der Zunge eines weltgewandten Händlers brachte Andri sich und den Zwergen schließlich während der Dämmerung in die Stadt. Doch im Händlerviertel wurden die beiden von einem Gefährten Baldrick Neunfingers erkannt. Der kleine, gedrungen wirkende Mann, dessen Gesicht von einer charakteristischen Narbe entstellt war, tauchte plötzlich aus der Menschenmenge vor ihnen auf und ehe Andri sich versah, hielt er bereits einen gesiegelten Brief in den Fingern.

Arton versuchte gedankenschnell den Mann zu verfolgen, verlor ihn jedoch im Gedränge aus den Augen. Nach seiner Rückkehr zogen die beiden sich in eine ruhige Seitengasse zurück und Andri öffnete das Schreiben. Der Inhalt jagte ihm einen Schauer über den Rücken.

Hörigt her Andreh!!

Disigt issigt die einzig epistolae, die ich schickig euich umig mit misch und minne lüt en andel abzuschlißigen! Ichig hab nämlich dein fater und auch dein muttchen in min gfalt. So sie sintig nicht gesprächig unt min mann brennen schhon draufig, ihn ihr nuzlohs zung aussig ihrm rach zu reissn. Doch ich sacht nein, der andri derig magig sin alten unt tutig bestimmig dassig, was ich fon ihmig verlangigen tu.

Nämlik treffen solet er michig in die Hof vom Bauer Limp. Der Hof issig wohl acht stund nortwärigts von de olle Statt. Dochtig sindig auch din alten. Lebens tuns wohl noch bis morschen, wielleichigth auch lähnger wenn du mirig gibst den ollen beuthel!!

Diessig isst din letzt possibiliti din alten lebendig zu sehn, denkig darüber nachig.

Duweißtschonwer

Andri schwankte und hatte das Gefühl, man hätte im den Boden unter den Füßen weggezogen. Laut Inhalt des Briefs hatte Baldrick seine Eltern in seiner Gewalt. Er war gewillt, sie gegen die Reliquie auszutauschen, doch genauso wahrscheinlich war es, dass es sich um eine Falle handelte. Auch Arton wusste keine Antwort und so entschieden sie, nach ihren Einkäufen, die Stadt wieder zu verlassen. Da der Landweg aus der Stadt von den Truppen des Fürsten abgeriegelt wurde, gingen sie zum Hafen und heuerten dort einen erfahrenen Flussschiffer an, der sie auf seinem Boot des Nachts aus der Stadt bringen sollte.

Zur gleichen Zeit hatten Peragon und Avaron ein kleines Lager auf einem Hügel in einiger Entfernung der Truppen des Fürsten errichtet und warteten. Der elfische Waldläufer, dessen Sicht auch in der Nacht nicht beeinträchtigt wurde, nahm die Schatten, die sich lautlos dem Lager näherten, als erster wahr. Bei den Schatten handelte es sich um Ruthen. Avaron zählte sieben Stück. Bei weitem zu viele. Hastig sprangen die beiden auf, verließen fluchtartig das Lager und ritten hinüber zu den Truppen des Kurfürsten. Die Ruthen blieben auf dem Hügel zurück.

Andri und Arton fuhren währenddessen auf einem kleinen Boot durch die finstere Nacht den Fluss hinab, nicht wissend, dass sich ihre Freunde in unmittelbarer Nähe befanden. Kurz darauf setzte der freundliche Schiffer sie am Ufer in der Nähe der fürstlichen Truppen wieder an Land. Sich im dunklen Wald orientierend, hörten sie bald darauf die verzweifelten Schreie einer Frau. Ohne darüber nachzudenken, setzten sich die beiden Recken in Bewegung. Kurz darauf erkannten sie in der Nähe ein brennendes Lagerfeuer, um das sich eine Gruppe Söldner scharrte.

In ihrer Mitte lag eine Frau auf dem Boden, die sich verzweifelt den Annäherungsversuchen der Männer erwehrte. Sogleich stürmten Andri und der wagemutige Arton aus der Dunkelheit der Gruppe entgegen und fuhren in diese hinein, wie eine Sense durch Gras. Peragon und Avaron, die sich in die Nähe des Flussufers begeben hatten, hörten die Schreie ebenfalls und unterstützten den Händler und den Zwergenkrieger kurz darauf nach Leibeskräften. Die Söldner, die nicht tot oder bewusstlos am Boden lagen, suchten bald das Weite. Glücklicherweise waren sie der Frau, einer Bäuerin aus dem Umland, im entscheidenden Moment zur Hilfe geeilt, denn sie zeigte sich unverletzt.

Zum Dank schenkte sie den Vieren einige Heilkräuter und verschwand in der Nacht. Die Gefährten ließen sich am brennenden Feuer der Söldner nieder und Andri setzte Peragon und Avaron vom Brief und seinem Inhalt in Kenntnis. Man entschied, nach Norden zu reisen und Baldrick zu treffen, wohl wissend, dass es sich bei dem Treffen höchstwahrscheinlich um eine Falle handelte. Sie kehrten zum Lager des Fürstenheers zurück und verbrachten dort die Nacht.


11. Tag: Der Hof des Bauern Limp

In der Nacht fiel der erste Schnee und am Morgen war die Landschaft mit einer dicken weißen Schicht bedeckt. Es war bitterkalt. Schweigend baute man das Lager ab und machte sich unter der kundigen Führung des Waldläufers auf den Weg nach Norden. Jeder trug ein schweres Gefühl in der Magengegend mit sich herum. Auf halbem Wege ließ der Händler Halt machen.

Am Wegesrand ragte ein Felsblock unter dem Weiß der Landschaft hervor. Hier versteckten sie den Beutel mit der Reliquie und tarnten im Anschluss die Stelle so gut es eben ging. Andri, der während seines Aufenthalts in der Stadt einen weiteren Sack mit Getreide gekauft hatte, packte eine kleine Götterstatue aus Ton hinein und ließ diesen Beutel am Sattel baumeln. Dann ging es weiter durch die winterliche Landschaft.

Am späten Nachmittag erreichten sie schließlich das Gehöft. Ein Haupt- und zwei Nebengebäude aus Fachwerk, die von einer zwei Meter hohen Mauer aus Flechtwerk umgeben waren, standen auf einem Hügel mitten im Wald. Flugs erkletterte der Waldläufer einen Baum und versuchte, von erhöhter Position Einblick in die Aktivitäten innerhalb der Umzäunung zu erhalten. Doch außer einigen Ruthen sah er nichts. Von Andris Eltern keine Spur. Trotz alledem ließ Andri sich von den anderen nicht davon abbringen, sicher zu gehen. Peragon, ganz der edle Paladin, erklärte sich bereit, ihn zu begleiten und beide gingen unbewaffnet zum Gehöft hinüber. Avaron beobachtete in der einsetzenden Dunkelheit, wie die beiden von einigen Bewaffneten eingelassen und ins Haupthaus geführt wurden. Dann entschwanden sie den Blicken des Waldläufers.

In der Halle des Hofs bestätigten sich für Andri und Peragon alle bösen Vorahnungen. Im Schein der flackernden Fackeln wartete niemand auf sie. Baldrick und seine Bande hatten nur geblufft. Sofort wurden beide durchsucht. Als Baldrick den Beutel mit der vermeintlichen Reliquie erkannte, befahl er, beide in den Keller des Hauses zu sperren. Gefesselt und mit verbundenen Augen wurden sie kurz darauf unsanft durch eine Bodenklappe geworfen und schlugen hart auf den Boden. Kurz darauf bemerkten sie den beißenden Rauchgeruch, der immer intensiver wurde. Baldrick hatte den Befehl gegeben, den Hof niederzubrennen.

Als Avaron, von seiner erhöhten Position im Baum erkannte was Baldrick getan hatte, schoss er kurzerhand einen Brandpfeil in die Scheune, in dem die Pferde der Ruthen untergebracht waren. Zufrieden beobachtete er, wie sie sich in wilder Panik losrissen und in Richtung Tor galoppierten. Doch bevor sie hindurch galoppieren konnten, waren die wilden Ruthen bereits heran, sprangen auf ihren Rücken und preschten los, aus dem Tor und den Weg entlang. Baldrick vorne weg. Arton, der Zwerg, stellte sich ihnen wagemutig in den Weg, musste diese Torheit jedoch fast mit dem Leben bezahlen.

Im brennenden Haus lagen Peragon und Andri auf dem Rücken und versuchten verzweifelt, sich von ihren Fesseln zu lösen. Dem Paladin, der im Umgang mit Stricken geübt war, gelang es schließlich, seine Fesseln zu lösen. Hustend und keuchend kam er dem Händler zu Hilfe. Mit vereinten Kräften stießen sie die Luke zum Keller auf. Der Raum darüber stand lichterloh in Flammen. Ihren gesamten Willen mobilisierend, wankten sie durch das brennende Haus, hinaus auf den Hof. Dort brachen sie hustend zusammen. Der Zwergenkrieger und der Elf eilten herbei, zogen die beiden in sichere Entfernung und verarzteten sie.

Vor dem Hintergrund des in der Dunkelheit brennenden Hofes gelangten die Gefährten zu dem Entschluss, nicht nach Goloras zurückzukehren, sondern einen anderen Weg nach Schilderbrueck zu wählen. Von dort aus würden sie zum „Starken Arm“ aufbrechen, um Ering Schimpelmuetz zu treffen und ihm die Reliquie auszuhändigen. Sie hofften inständig, Baldrick Neunfinger nicht wieder zu treffen und glaubten, die Auseinandersetzung mit den Ruthen sei ausgestanden. Im Schein des Feuers bettete man sich zur Ruhe.


12. Tag: Reise nach Schilderbrueck

Am nächsten Tag kehrten sie zum Versteck der richtigen Reliquie zurück und nahmen diese wieder an sich. Die Kälte war ihnen allen in die Glieder gekrochen und ein jeder sehnte sich nach einem Platz am Kamin einer Taverne. Avaron führte die Gruppe zu einem kleinen Fischerdorf, das eine halbe Tagesreise nördlich am Fluss lag.

Dort angekommen, fanden sie ein Flussschiff vor, das halb ans Ufer gezogen seiner Reparatur harrte. Der Geruch aus den Feuertöpfen, die in unmittelbarer Nähe des Schiffs standen, zeugte von einer Reparatur des Rumpfes. Unkompliziert boten die Recken den arbeitenden Flussschiffern ihre Hilfe an. Rasch wurde man sich einig, die Gruppe mit an Bord zu nehmen, sobald das Schiff wieder fahrtauglich war. Selbstverständlich würde man sie in Schilderbrueck absetzen.
 

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13.-14. Tag: Aufenthalt im Fischerdorf

Für die zwei Tage, die die Reparatur dauerte, quartierten sich die vier Gefährten in der einzigen Herberge des kleinen Ortes ein, unterstützten die Seefahrer und leckten ihre Wunden. Andri nutzte die Zeit und schnappte hier und da wichtige Grundlagen der Seefahrt und des nautischen Fortkommens auf Flüssen auf.


15.-17 Tag: Reise nach Schilderbrueck

Nach zwei Tagen war es mit der relativen Ruhe jedoch vorbei. Der Rumpf des Schiffes war abgedichtet und es war am Abend zuvor bereits wieder zu Wasser gelassen worden. Pferde, Ladung und Gerätschaften wurden im kalten grauen Licht des frühen Morgens verladen und dann schließlich gingen auch die Gefährten an Bord.

In den folgenden beiden Tagen führte der Fluss durch eine zauberhafte Schneelandschaft, in der Zeit stehengeblieben zu sein schien. Die Schiffer hatten alle Hände voll zu tun, Eischollen vom Rumpf des Schiffes fernzuhalten und stocherten und staksten mit langen Stangen im Wasser herum. Peragon, Andri und Avaron gaben den Seeleuten bei jeder Gelegenheit eine helfende Hand, während der Zwerg tunlichst darauf achtete, Abstand von jeglicher Wasserfläche einzuhalten. So trieben die Tage auf dem Fluss träge dahin.


18. Tag: Reise nach Schilderbrueck


Am achtzehnten Tag ihrer Reise ertönte gegen Mittag ein warnender Ruf vom Bug des Schiffes. In Erwartung einiger Eischollen eilten Peragon und Andri mit zwei Stangen nach vorne. Doch was sie dort erwartete, war unmöglich mit einigen Holzstangen zu beheben.

Vor ihnen erhob sich eine mächtige, mit Eis behangene schwere Eisenkette aus den Fluten. Die Kette war einmal quer über den Fluss gespannt und zahlreiche Eisschollen hatten sich bereits daran festgesetzt. Rasch warf man die Anker und brachte das Schiff zum Stehen. Der Kapitän des Schiffes machte bald am Flussufer einen Trupp Soldaten aus, der wohl für die Flusssperrung verantwortlich war. Kurz darauf beobachteten sie, wie ein Ruderboot vom Ufer ablegte und übersetzte.

An Bord waren einige Soldaten. Der Sergeant des Trupps, ein Mann in den Fünfzigern mit tiefroter Nase und Ohren, kam schwer atmend an Bord. Bei einem heißen Tee erzählte er dem Kapitän und den Gefährten die Neuigkeiten. Binnen der letzten beiden Wochen waren einige Orkhorden aus dem Gebirge heruntergekommen und plünderten nun Gehöfte und kleinere Dörfer in der Gegend. Der Fürst hatte nun verfügt, den Fluss zu sperren. Die Schwarzpelze sollten nicht mit eventuell gekaperten Schiffen den Fluss hinunter reisen und weitere Landstriche überfallen und plündern. Deshalb war die Kette im Fluss und würde auch da bleiben, schloss der Sergeant seine Ausführungen achselzuckend.

Der Besatzung des Flussschiffs blieb nichts anderes übrig, als umzukehren. Murrend fügten sie sich schließlich in ihr Schicksal. Die vier Gefährten beschlossen jedoch, von Bord zu gehen und den Rest des Weges über die Straße zurückzulegen. Man brachte sie samt ihrer Pferde an Land und die Flussschiffer verabschiedeten sich wortreich von ihnen. Es war eine angenehme Reise auf dem Fluss gewesen.

Das Lager der Soldaten bestand aus den Überresten eines niedergebrannten Gehöftes und war nur unzureichend befestigt. Etwa achtzig Landsknechte campierten hier. Am Rand der Umzäunung entdeckten die Recken eine Gruppe Reisender, die dort lagerte. Andri ging voran und nach kurzem Gespräch saßen die Gefährten am Feuer und tranken heißen Tee.

Die Reisenden, es waren Händler und Stadtbewohner, wollten trotz aller Gefahren am nächsten Morgen nach Schilderbrueck aufbrechen. Peragon, um den Schutz der Reisenden besorgt, erklärte sich umgehend bereit, die Gruppe auf ihrem Weg zu begleiten. Da man eh unterwegs zur Stadt war, stimmten die übrigen Drei ohne Umschweife ebenfalls zu. Man errichtete eine Lagerstatt bei den Reisenden und stellte sich auf eine kalte, jedoch ruhige Nacht ein.

Doch während Arton, auf einem Stein sitzend, mit einem alten, ergrauten Zwerg plauschte und einige Flaschen Zwergenschnaps die Runde machten, wurden die anderen auf eine Frau aufmerksam, die sichtlich aufgelöst aus dem Wald kam.

Sogleich sprang der Paladin auf und nachdem er ihre hastig vorgetragene Geschichte gehört hatte, forderte er die anderen auf, ihm mit Fackeln in den Wald zu folgen. Ohne Zögern schnappte sie sich ihre Ausrüstung und gingen dem Paladin hinterher in die Dunkelheit. Während sie durch die Nacht eilten, klärte Peragon die übrigen darüber auf, dass die Frau ihre beiden Kinder vermisse. Sie waren vor einiger Zeit in den Wald gegangen, jedoch nicht zurückgekehrt. In diesem Moment ertönte das Geheul mehrerer Wölfe aus einiger Entfernung.

Unter der Führung Avarons liefen die Helden tiefer in den Wald hinein. Bald schon fand der Elf, trotz umfassender Dunkelheit, die Spuren der beiden Kinder im kniehohen Schnee. Das Wolfgeheul wurde lauter und gemahnte die Recken zur Eile. In höchster Not hasteten sie weiter und erreichten ein kleines Tal. Dort, mit dem Rücken zu einer aufrechten Felswand, standen die beiden Kinder. Um sie herum hatte sich ein Wolfrudel gruppiert. Ein halbes Dutzend hungriger Mäuler wartete nur darauf, dass der erste von ihnen vorstoßen würde. Der Junge hielt einen Ast in der Hand im hilflosen Versuch, die Wölfe abzuwehren.

Während die anderen bereits ihre Waffen zogen, sprang der Waldläufer plötzlich nach vorne, durch die Reihe der Wölfe hindurch und vor die Kinder. In der Sprache der Wölfe redete er auf ihren Anführer ein, wollte ihn überzeugen, die Kinder gehen zu lassen. Nur, der Wolf ließ sich nicht überzeugen. Der Winter war hart und er und seine Kinder litten Hunger. So standen sich Überlebenswillen und der Anspruch auf Milde unversöhnlich gegenüber und der Konflikt wurde mit Gewalt, Stahl und scharfen Zähnen schließlich für die Helden entschieden.

Drei der Wölfe flüchteten und ließen ihre sterbenden Kameraden im Schnee zurück. Als die Recken mit den geretteten Kindern den Wald wieder verließen, wurden sie von einer Gruppe mit Fackeln empfangen, die gerade mit der Suche nach den Kindern beginnen wollte. Mit einem Schrei der Erleichterung schloss die Mutter ihre Liebsten wieder in die Arme. Peragon und Andri mussten bei Met und Bier in den folgenden Stunden immer wieder erzählen, wie sie die Wölfe in die Flucht geschlagen hatten. Der Elf zog es vor, sich zur Ruhe zu betten.

In der Zwischenzeit hatte Arton die Freundschaft zum alten Zwerge, sein Name war Agro Steinhauer, vertieft. So weit vertieft, dass dieser ihm Zustand höchster Trunkenheit von einem Schatz erzählte, der in den Felsen auf dem Weg nach Schilderbrueck versteckt sei. Agro fühlte sich zu alt, um den Schatz noch selbst zu heben aber er war überzeugt, Arton sei der richtige Zwerg für diese Art von Unternehmung. Arton dachte in der Tat, dass er der richtige Zwerg für diese Art von Unternehmung wäre. Und als Agro ihn bat, als Gegenleistung für das Geheimnis um den Schatz, seinem Neffen in Schilderbrueck einen Beutel mit unbekanntem Inhalt zu überbringen, willigte Arton Doxa sehr gerne in diesen Vorschlag ein. Kurze Zeit später war Arton betrunken auf dem Stein eingeschlafen und Agro verschwunden.


19. Tag: Reise nach Schilderbrueck

Am nächsten Morgen baute man das Lager ab. Die Gruppe, es waren etwa dreißig Männer, Frauen und Kinder kam nicht halb so schnell voran, wie vom Paladin geplant. Das schlechte Wetter erschwerte das Vorwärtskommen zusätzlich, während sich die Karawane über die vereiste Straße quälte.

Es geschah am späten Nachmittag. Der Eisregen hatte sich gelegt und Peragon glaubte bereits an eine Verbesserung ihrer Lage. Da ertönte ein urtümliches Geheule von den Hügeln links des Weges und im nächsten Moment stürzte eine Horde Orks den Abhang zum Weg herab. Schon war die Luft erfüllt von Pfeilen. Männer, Frauen und Kinder schrien wild durcheinander.

In dem einsetzenden Chaos versuchten die vier Recken, die Ruhe zu bewahren. Rasch teilte man sich auf. Während sich die Braunpelze im Nahkampf mit Peragons Odinschwinger und Artons Kriegsbeil messen mussten, sirrte Pfeil um Pfeil von Avarons Sehne und der ein um andere Bolzen von Andris Handarmbrust. Einige der übrigen Reisenden wussten ebenfalls mit ihren Waffen umzugehen und die Recken wurden Zeuge, wie der ein oder andere Ork Opfer einer Sichel oder eines Dreschflegels wurde. Reihum stieß Stahl in ungeschütztes Fleisch, hartes Metall zersprang unter der Wucht unbarmherziger Hiebe und Menschen und Orks verloren ihre Leben.

Am Ende zogen sich die Orks geschlagen in den Wald zurück. Die Gruppe der Reisenden war um die Hälfte dezimiert. Doch die Götter hatten mit ihnen noch nicht abgeschlossen. Als sich die Überlebenden seufzend und schluchzend in die Arme fielen, ging eine von den flüchtenden Orks initiierte Schneelawine vom Rand des Abhangs ab und begrub einige derjenigen, die den Angriff gerade überlebt hatten.

Auch das Pferd des Paladins wurde verschüttet und der Weg meterhoch versperrt. All ihre Versuche, die andere Seite zu erreichen, scheiterten kläglich. Zum ersten Mal in seinem Leben zweifelte Peragon kurz an der Güte der Götter. Schwermütig machten sie sich alleine weiter auf den Weg nach Schilderbrueck. Dabei hielten sie beständig die Augen offen, um nicht abermals in einen Hinterhalt der Orks zu geraten. Am Abend führte Avaron die Gruppe zu einer Höhle in der Nähe des Weges. Vor der Höhle ragte ein charakteristischer Obelisk in die Höhe. Der Obelisk bzw. die Schatzhöhle, von der der alte Zwerg, Arton erzählt hatte. Nachdem Arton den Rest der Gruppe über Agro Steinhauers Schatz in Kenntnis gesetzte hatte, diskutierte man das weitere Vorgehen.

Während Arton der Geschichte uneingeschränkt Glauben schenkte, zweifelte Andri an deren Wahrheitsgehalt. Am Ende entschieden sie jedoch, zumindest die Nacht in der Höhle zu verbringen. Auch Andris Rappen Samuel fand in ihr Platz. Als Arton den hinteren Teil der Höhle genauer in Augenschein nahm, entdeckte er einen Gang, der ohne Zweifel tiefer und weiter in den Berg hineinführte. Die Höhlenwand um den Durchgang herum war mit Inschriften in diversen Sprachen versehen. Es handelte sich um Schmähungen, Drohungen und einen Haufen Flüche. Die Gruppe entschloss sich, erst einmal auszuruhen, bevor man sich eventuell weiter in den Berg wagen wollte. Man bestimmte die Wachen und bettete sich auf seine Lager.
 

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20. Tag: Reise nach Schilderbrueck/ Der Schatz des Zwergen

Am nächsten Morgen packten die Abenteurer ihre sieben Sachen zusammen, versorgten Samuel und traten dann vorbei an den Flüchen und Schmähungen in den Gang hinein. Jeweils zwei von ihnen trugen eine Fackel und beleuchteten den Weg vor ihnen. Immer weiter nach unten ging es. Irgendwann mündete der Gang in eine riesige natürliche unterirdische Höhle.

Ein Erdbeben hatte vor Äonen von Jahren bereits einen Teil des Bodens herausgerissen und in der Mitte klaffte nun ein durchgängiges Loch. Eine marode hölzerne Brücke führte hinüber auf die andere Seite. Und auf dieser standen zwei Skelette in Kettenhemden. Sie waren mit Schwert und Schild bewaffnet. Zu allem Überfluss standen auf der gegenüberliegenden Seite zwei weitere Skelette, die Bögen in ihren knöchernen Händen hielten.

Ganz offensichtlich hatte derjenige, der den Schatz hier unten verborgen hatte, gewusst, wie er ihn zu bewachen hatte. Umgehend begannen die Bogenschützen, die Abenteurer mit Pfeilen zu beharken. Gedankenschnell riss der Händler eine Nebelphiole aus der Tasche und warf sie zwischen die Helden und ihre Gegner. Unmittelbar darauf zogen sie sich in den Gang zurück und hielten Kriegsrat. Arton war sicher, der Schatz würde den Aufwand lohnen und Peragon war zu dem Zeitpunkt überzeugt, als die Übrigen sich bereit erklärten, ein Viertel des Schatzes zu spenden.

Dann sprangen sie wie ein Mann aus der Deckung hervor. Unverzüglich stürmte der Paladin in Richtung der Brücke vor. Der Waldläufer kam hinterher, dicht gefolgt von Arton. Eine zweite Nebelphiole nahm den Bogenschützen abermals die Sicht. Entschlossen stürmte die Gruppe weiter auf die Brücke. Mit voller Wucht prallte der Paladin gegen die gepanzerten Skelette, die seinen Ansturm jedoch zurückwarfen. Arton unterstützte den Paladin nach Leibeskräften. Bald mussten sie jedoch von ihrem Plan, die Skelette von der Brücke zu stürzen, ablassen.

Die mit Bögen bewaffneten Skelette hatten mittlerweile die Stellung gewechselt und nahmen die Gruppe erneut unter Feuer. Pfeile zischten an ihnen vorbei, trafen auf Rüstungen und prallten, ohne größeren Schaden zu verursachen, ab. Peragon wartete einen geeigneten Zeitpunkt ab. Dann stieß er unvermittelt eines der gepanzerten Skelette zur Seite und eilte an diesem vorbei. Während die anderen drei weiter auf die untoten Kreaturen einhieben, hielt der Paladin geradewegs auf die Bogenschützen zu.

Mit einem Schrei auf den Lippen fuhr er unter sie und brach ihren Widerstand binnen kürzester Zeit. Arton gelang es schließlich, das Knie eines der gerüsteten Skelette zu zerschmettern, worauf hin dieses doch über die Brüstung in die unbekannte Tiefe darunter stürzte. Das letzte Skelett musste sich den konzentrierten Attacken aller vier Abenteurer geschlagen geben, nicht ohne dem Paladin noch eine klaffende Wunde am Hals zu schlagen. Ohne Kettenhaube wäre dieser Streich wohl das Ende Peragons gewesen.

Nach dem Kampf kehrte Ruhe in die Höhle unter dem Berg ein und die angeschlagenen Recken verbanden ihre zahlreichen Wunden. Danach nahmen sie die Höhle genauer in Augenschein und Arton fand alsbald einen schmalen Durchgang im Fels. Dahinter öffnete sich eine zweite, wesentlich kleinere Höhle mit tiefhängender Decke. Auf dem ebenen Boden der Höhle standen mehrere dutzend kleine, filigran gearbeitete Steinstatuen. Eine jede ging dem Zwerg bis zum Knie. Neugierig näherten sich die Gefährten einer Bodenplatte, auf der, nachdem man den Staub darauf weggeblasen hatte, ein Text zu erkennen war.

Das Balg des Kriegers, der Solähr des Händlers, das Arbeitsguht des Alchemisten, das Werkigzeuhig des Druiden uhnd die Stihmme des Barden

Arton, der bereits nach einer der Statuen greifen wollte, wurde von Andri im letzten Augenblick zurückgehalten. Wer wusste denn schon, ob die Statuen nicht mit irgendeiner Art von Falle gespickt waren. Erst einmal mussten sie sich darüber klarwerden, was die Botschaft zu bedeuten hatte.

Schnell wurde man sich einig, dass es sich um eine gewisse Anzahl an Attributen handeln musste, die mit dem jeweiligen Berufsstand in Zusammenhang standen. Beim Balg des Kriegers musste es sich um ein Schwert handeln, so viel war sicher. Der Solär des Händlers war sicherlich Geld, also hier in diesem Falle ein Geldbeutel. Aber was war das Arbeitsgut eines Alchimisten? Natürlich; ein Kräuterbeutel. Andri besah sich die Statuen genauer, ohne eine davon zu berühren und erkannte, dass manche der Statuen zwei verschiedene Beutel bei sich trugen. Auf einem war eine Münze eingraviert, auf dem anderen ein Kraut. Sie waren auf dem richtigen Weg. Das traditionelle Werkzeug eines Druiden war die Sichel und die Stimme des Barden war ganz ohne Zweifel ein Musikinstrument. Vorsichtig schritten die Vier durch die Höhle und betrachteten die Figuren, immer auf der Suche nach einer, die alle die geforderten Attribute miteinander verband. Als sie bereits dachten, sich getäuscht zu haben, erklang Artons aufgeregter Schrei durch die Höhle.

Unverzüglich eilten die anderen zum Zwerg. Der stand vor der Statue eines Abenteurers. Der kleine Mann war, ebenso wie die anderen Statuen, ein Meisterwerk der Bildhauerei und schien in der Bewegung erstarrt. Er trug an der einen Seite ein Schwert und einen Geldbeutel. Auf der anderen erkannte Peragon den Kräuterbeutel und eine Sichel. Auf dem Rücken geschultert, trug er die noch fehlende Harfe. Es musste sich um die richtige Statue handeln. Kurzentschlossen griff Peragon nach ihr, nur um festzustellen, dass sie unter seiner Berührung zu Staub zerfiel. Dem Schrecken folgte jedoch bald grenzenlose Erleichterung. Als sich der Staub gelegt hatte, sahen sie einen kleinen Schlüssel auf dem Boden liegen, der wohl im Inneren der Statue gesteckt hatte. Nach kurzer Suche fand sich dann auch das passende Schlüsselloch, getarnt in einem Felsen.

Der Schatz war zum Greifen nah. Nachdem Arton den Schlüssel im Schloss gedreht hatte, warteten sie in atemloser Spannung. Hinter den Felsen arbeitete Metall und ein uralter, wohl zwergischer Mechanismus öffnete eine kleine, verborgene Kammer in der rückwärtigen Höhlenwand. Ein Kistchen mit Gold, Geschmeide und Edelsteinen leuchtete den Helden entgegen. Arton stieß einen Jubelschrei aus und alsbald hatte man den Schatz gerecht unter den vier Helden aufgeteilt und sicher in den Rucksäcken verstaut. Sie machten sich auf den Rückweg. Samuel, Andris Rappen stand noch dort, wo man ihn zurückgelassen hatte.

Draußen vor der Höhle herrschte dichtes Schneetreiben. Deshalb beschlossen sie, den Rest des Tages in der Höhle zu verbringen und sich von den Unbillen der vergangenen Stunden und Tage zu erholen. Bald darauf prasselte ein gemütliches Feuer in der Höhle, sie verspeisten Tagesrationen und entzündeten das ein oder andere Pfeifchen. Nachdem man Wachen eingeteilt hatte, bettete man sich zur Ruhe.


21. Tag: Reise nach Schilderbrueck/ Ankunft in der Stadt

Das Wetter hatte aufgeklart und zum ersten Mal seit langer Zeit ließ sich die Sonne wieder blicken. Dies, der Schatz und die Tatsache, dass Schilderbrueck immer näher kam, hob die Laune der Abenteurer beträchtlich. Sie folgten weiter der Straße und zur Mittagszeit stießen sie auf einen Trupp Soldaten im Dienste des Kurfürsten. Peragon hielt einen kurzen Plausch mit dem Offizier der Einheit. Die Soldaten sollten die marodierenden Orks stellen, töten oder zumindest aus der Umgebung der Stadt vertreiben. Bisher aber waren die Krieger immer zu spät gekommen und hatten nur noch gebrandschatzte Höfe und tote Bauern vorgefunden.

Schilderbrueck, so der Offizier, sei derzeit kein Ort, den es aufzusuchen lohne. Hunderte von Flüchtlingen hatte es in die Stadt verschlagen, die nun schier zu bersten drohte. Offenbar gab es erste Berichte darüber, dass die Nahrungsmittel in der Stadt knapp wurden. Auf Peragons Nachfrage hinsichtlich des „Starken Arms“ konnte der Sergeant nur den Kopf schütteln. Auch wenn er über keine genauen Informationen verfügte, konnte er sich doch nicht vorstellen, dass die Taverne in den Bergen den Orksturm überstanden hatte. Der Paladin bedankte sich für die Informationen und gab den Soldaten den Segen Holems mit auf den Weg.

Am Abend erreichten sie Schilderbrueck und machten sich mit eigenen Augen ein Bild von der Lage in der Stadt. Schilderbrueck war eine verschlafene Kleinstadt am Fuß der Gebirgsstraße in die Reiche der Zwerge gewesen. Derzeit jedoch war jeder Winkel, jede Ritze und jede freie Fläche von Flüchtlingen besetzt, die ihr Hab und Gut verloren hatten. Der Gestank in den Straßen der Stadt war schrecklich. Trotz eines Tuchs über dem Gesicht wurde Avaron speiübel und nur mit äußerster Willensanstrengung blieb der Elf bei klarem Geiste. Er wollte diese überfüllte Stätte der Menschen so schnell als möglich wieder verlassen.

Während Avaron die Gruppe in den Weiten der Natur von einem Ort zum anderen geführt hatte, übernahm in den engen Gassen und Gässchen der Stadt Andri die Führung. Zügig arbeitete er sich durch die Menschenmenge, hin zu einem Alleshändler mit Namen Polkort Balmhäuser. Polkort und Andri kannten sich von einer Reihe erfreulicher Geschäfte (für beide Seiten) und als es an seine Tür klopfte, hieß der Händler die Recken trotz der schweren Zeit freundlich willkommen. Selbst eine Unterkunft gewährte er den Reisenden.

Dankbar richteten sich die Vier im fast leergekauften Laden häuslich ein. Nach dem Abendessen, die Kälte und die Strapazen der Reise steckten allen in den Knochen, schlummerten Peragon und Arton vor dem Kamin ein und Avaron zog sich auf sein Lager zurück. Andri jedoch erfragte bei Polkort die beste Adresse, um trotz der schweren Zeiten Geschmeide und Edelsteine zu einem guten Preis zu veräußern. Gerne erklärte Polkort sich bereit, die Gefährten am nächsten Tag zum Schmuckmeister Pallantis zu begleiten. So klang der Abend aus.
 

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22. Tag: Schilderbrueck

Früh am nächsten Tag mühten sie sich durch die überfüllten Straßen der Stadt. Pallantis Eisenhut, ein Zwerg vom Stamm der Zweiten, begrüßte sie herzlich und staunte nicht schlecht, als er die Qualität der von Andri angebotenen Edelsteine und Schmuckstücke sah.

Nach halbstündigem Gefeilsche verließen sie den Laden zufrieden und mit einer Menge Gold in den Taschen. Draußen hatte es wieder begonnen zu schneien. Die vier teilten sich auf und jeder erledigte im Händlerviertel seine eigenen Besorgungen. Peragon, vom Leid der Flüchtlinge überwältigt, kaufte bei einem Bäcker völlig überteuertes Brot und verteilte einen Großteil davon an die Bedürftigen.

Andri und Avaron nutzten die Zeit, um bei einer Flüchtlingsfamilie einen Esel für den Waldläufer zu erstehen. Und auch wenn es dem Herz des Händlers widerstrebte, zahlten sie doch gerne einen beachtlichen Preis für das Tier.

Bei Polkort trafen sie wieder zusammen. Während des Mittagessens legte Arton unerwartet den Beutel auf den Tisch, den er vom alten Zwerg Agro erhalten hatte. Umständlich erklärte den anderen, dass er ihn zu einem Schmied namens Balduir bringen sollte. Man einigte sich, den Beutel gemeinsam zu übergeben und verließ alsbald den Alleshändler wieder, diesmal in Richtung Zwergenviertel. Hier waren weniger Flüchtlinge auf den Straßen zu sehen. Die Häuser der Zwerge bestanden allesamt aus Stein und wirkten massiv und gedrungen.

Die Luft war erfüllt vom Rauch der Essen und dem Geruch von Eisen. Balduirs Schmiede war leicht zu finden und als er in Arton einen Zwerg vom gleichen Stamm erkannte, wurde herzlich gelacht und Zwergenschnaps aufgetischt. Als Arton dem Schmied auch noch den Beutel übergab, war dessen gute Laune kaum zu überbieten. Enthielt der doch zwanzig kleine Rubine. So saß man eine Weile herum und Arton wurde nicht müde, die Geschichte vom Agros Schatz zu erzählen. Bis zu dem Moment, in dem die Tür aufflog und Balduirs Schwester in der Schmiede auftauchte. Sichtlich ungehalten begann sie ein Gezeter auf zwergisch, dass Arton die Ohren rot wurden. Nachdem sie ebenso schnell wieder verschwunden war, wie sie erschienen war, war es mit der guten Laune dahin.

Seufzend erzählte Balduir den Vieren, sein Neffe wäre seit vorgestern verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht. Laut Balduirs Schwester wollte er in die Taverne von Tachomir, einem alten Zwerg vom Stamm der Ersten, der seine Hände in allerlei krummen Geschäften hatte. Seither war der Neffe nicht wieder aufgetaucht. Balduir nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, hielt für einen Augenblick inne und versprach dann jedem der Recken einen kleinen Rubin, wenn diese den Neffen zurückbringen würden.

Während Andri bereits die Augen verdrehte, waren es wieder Arton und Peragon, beide aus verschiedenen Beweggründen, die das Angebot des Schmieds umgehend annahmen. Kurz darauf fanden sie sich im dichten Schneetreiben wieder, auf dem Weg in die Taverne Tachomirs.

Das Gasthaus bestand aus einem dumpfen, kalten Keller, zwei Tischen und vier Bänken und alle waren leer. Zwei große Weinfässer standen an den nackten ungetünchten Wänden. Fragend blickten die Abenteurer sich an, als sich plötzlich eines der Weinfässer öffnete und zwei beleibte Händler daraus hervortraten. Während diese, sich angeregt unterhaltend, dem Ausgang entgegen strebten, war Andri so geistesgegenwärtig, das Fass mit einem Stock offen zu halten.

Schnell stiegen sie hinein und schlossen den Zugang. Auf der anderen Seite öffnete sich ein kleiner Schlitz in der Tür und Arton erklärte bereitwillig ihr Anliegen. Kurz wurde man vertröstet, dann öffnete sich die Tür. Eilig traten sie hinaus und wurden von einem freundlichen Zwerg in Empfang genommen. Er führte die Recken eine weitere Treppe hinab und erklärte, es würde sich bei den Räumlichkeiten um einen „Tempel“ der Freude und der Sinne handeln. Der gesuchte Neffe hatte wohl die Zeit vergessen.

Mit diesen Worten führte er die Recken in einen Raum und schloss dessen Tür, nachdem die Vier eingetreten waren, von außen ab. Jetzt wusste selbst der Dümmste, was die Stunde geschlagen hatte, denn der einzig andere Ausgang aus dem Raum bestand in einem Fallgitter, welches just nach oben gezogen wurde.

Das Schlimmster erwartend, ergriffen die Abenteurer ihre Waffen und traten hinaus, in eine kleine Arena. Die Sandfläche in der Mitte war quadratisch und maß etwa zwölf mal zwölf Meter. Zahlreiche frische und eingetrocknete Blutlachen kündeten von dem, was hier in der Vergangenheit geschehen war. Glücklicherweise erkannten sie, dass sich nicht alleine in der Arena standen. Ein Zwerg, bewaffnet mit Schild und Axt gesellte sich zu ihnen und stellte sich als Olrig, Balduirs Neffe vor. Ganz offenbar hatte der junge Zwerg einen Haufen Schulden beim Glückspiel angehäuft und musste diese nun in der Arena abarbeiten. Auf den Rängen der Arena erkannten Peragon zahlreiche Zwerge, aber auch Menschen saßen hier und da zwischen ihnen. Alle vereint in dem Wunsch nach Glücksspiel und Blut. Rußende Fackeln waren reihum an den Wänden befestigt und tauchten die Arena in unstetes Licht. Trotzdem sahen die Recken sofort, was auf sie zukam, als sich das Fallgitter in der gegenüberliegenden Mauer öffnete.

Erst waren es nur vielbeinige Schatten. Dann schälten sich drei Höhlenspinnen aus der Dunkelheit, die von einer Riesenspinne begleitet wurden. Ohne weitere Worte begann Avarons Bogensehne zu surren und Andri nutzte die Gelegenheit, seine neuerworbene, magische Handarmbrust zu testen. Unerschrocken hielten Peragons Odinschwinger und Artons Kriegsbeil die Arachniden auf Abstand und wichen den Brocken klebrigen Netzsafts aus, die von den Spinnen abgeschossen wurden. Auch Olrig verstand sich meisterhaft im Umgang mit Axt und Schild und rückte rücksichtslos gegen die Monster vor. Der Kampf war kurz und der Sieg umso größer. Die Menge auf den Rängen jubelte und tobte.

Man kam überein, dass Olrigs Schuld beglichen sei, bot den Abenteurern jedoch an, ihrerseits für die Arena tätig zu werden. Dankend nahmen sie davon Abstand, verließen Tachomirs Taverne umgehend und kehrten in der Abenddämmerung zum Schmied zurück. Wie versprochen erhielten sie ihre Belohnung und Balduir gab seinem Neffen zu verstehen, dass dieser sich in den nächsten Tagen auf eine Menge Arbeit einstellen konnte. Seufzend verschwand Olrig, nicht ohne sich noch einmal bei den Helden zu bedanken. Die Nacht verbrachte man nach ihrer Rückkehr aus dem Zwergenviertel noch einmal bei Polkort Balmhäuser.


23. Tag: Reise zum Starken Arm

Trotz aller widrigen Umstände, den Orks und dem schlechten Wetter, beschloss die Gruppe, den Weg zum „Starken Arm“ fortzusetzen. Routiniert packten die Vier ihre Rucksäcke für die bevorstehende Reise und sattelten Samuel und Avarons Esel. Nach einer freundlichen Verabschiedung von Polkort und seiner Familie suchten sie den Tempelbezirk des Städtchens auf. Hier wollten sie, wie versprochen, den Göttern einen Teil des im Berg gefundenen Schatzes spenden.

Sie waren nicht alleine. Zwei Soldaten waren ebenfalls anwesend und beschenkten Chorak, dem Gott des Krieges einen Teil ihres Solds. Peragon verwickelte die beiden in ein Gespräch. In dessen Verlauf erfuhr er, dass sie einem Trupp angehörten, der in den folgenden Stunden aufbrechen sollte. Ziel der Unternehmung war die Suche nach Überlebenden auf den Gehöften östlich der Stadt.

Da dies die anvisierte Richtung der Gefährten war, entschlossen sie sich, beim Kommandant der Truppe vorzusprechen, mit der Bitte, diese zu begleiten. Ritter Ringmut Schilderbrueck, ein Mann des lokalen Adels war Anfang der Zwanzig und noch recht grün hinter den Ohren. Nichtsdestotrotz wusste er um den Wert des Paladins für die bevorstehenden Auseinandersetzungen. Deshalb gab er der Bitte nur zu gerne nach.

Eine Stunde später befand sich der kleine Trupp, einige Armbrustschützen, die von Lanzen- und Schwertträgern verstärkt wurden, auf der Straße Richtung Osten. Der Schneefall hatte zugenommen und man kam nur langsam voran. Das erste Gehöft erreichte man zur Mittagszeit. Ganz offenbar war es bereits vor geraumer Zeit ein Raub der Flammen geworden. Nur vereinzelt ragten rußschwarze Mauerteile und Bretter aus dem Schnee hervor. Auch Spuren waren keine mehr zu finden. Also ritt man weiter, Avaron immer einige Schritte der Truppe voraus. Zum Glück! Denn wäre der Elf nicht gewesen, niemand hätte den Ork am Wegesrand gesehen, der ganz offenbar als Wache zurückgelassen worden war. Zügig aber ohne Hast spannte Avaron den Bogen, visierte sein Ziel an und schoss dem ahnungslosen Ork einen Pfeil in den Hals. Röchelnd ging dieser zu Boden, doch ein zweiter, den der Elf übersehen hatte, nahm die Beine in die Hand und flüchtete über einen bewaldeten Hügel.

Der Waldläufer und ein wenig später auch der Rest der Truppe machten sich an die Verfolgung. Auf der anderen Seite des Erdwalls lag ein Gehöft in einer Senke. Auch dieses war bereits vor einiger Zeit den Orks zum Opfer gefallen. Nur noch einige Reste der Außenmauer ragten aus dem niedergetrampelten Schnee. Niedergetrampelt? Ja. Vor Avarons Augen formierte sich eine Gruppe schwerbewaffneter Orks und ging daran, das Gehöft zu verteidigen. Mindestens fünfzehn der raubeinigen Gesellen konnte der Waldläufer zählen. Nun waren auch Ritter Ringmut und sein Trupp auf dem Hügel und heran.

Ohne sich einen Überblick zu verschaffen oder den Rat des Paladins einzuholen, befahl Ringmut sogleich den Angriff auf das Gehöft. Im Schutze der großen Schilde setzten sich seine Soldaten in Bewegung und marschierten auf das Haupttor zu. Währenddessen deckten die Armbrustschützen den Vorstoß. Avaron nutzte die Ablenkung und schlich sich im weiten Bogen in die Flanke der Orks. Pfeile und Bolzen flogen hin und her und sowohl die Orks als auch die Mannen Ringmuts hatten die ersten Verluste zu beklagen.

Nachdem Avaron einen geeigneten Platz ausgemacht hatte, begann er Pfeil um Pfeil in die Reihen der Verteidiger zu jagen. So unterstützte er den Vormarsch der Soldaten, bis diese die Überreste der Ummauerung erreicht hatten und sich an deren Überwindung machten. Auf dem Platz vor dem Gehöft trafen die beiden Gruppen aufeinander. Ein Kampf Mann gegen Mann entbrannte auf engstem Raum. Mitten unter den Soldaten standen Peragon und Arton und ihre Waffen hielten blutige Ernte unter den Feinden.

Avaron, ermutigt von seinem Erfolg, verließ sein Versteck und eilte näher an das Geschehen heran. Doch in diesem Augenblick wurde er von zwei Orks entdeckt, die oben am Fenster der Scheune standen. Kurz zielte der Elf und im nächsten Moment bohrte sich der Pfeil knapp neben dem Kopf eines Orks in die Wand des Hauses. Unbeirrt spannten die Schwarzpelze weiter, zielten ihrerseits und schossen. Wohlgezielt sausten die Pfeile heran. Verzweifelt versuchte Avaron noch, im letzten Augenblick auszuweichen, doch vergeblich. Schwer durchschlugen beide Pfeilspitzen den Hals des wackeren Elfen.

Tödlich getroffen wankte Avaron zurück. Mit einer Hand vergeblich versuchend, den tödlichen Blutstrom aufzuhalten, ging er mit einem letzten Röcheln in die Knie und starb. Die Gefährten, die aus der Entfernung Zeuge des Vorfalls wurden, verdreifachten ihre Anstrengungen und hieben voller Wut und Agonie auf ihre Widersacher ein. Dann endlich fiel der Anführer der Schwarzpelze unter einem Streich Peragons und die mühsam aufrecht erhaltene Disziplin unter den Orks fiel in sich zusammen.

Die Überlebenden wandten sich um und suchten ihr Heil in der Flucht. Sofort ließ Ritter Ringmut die Verfolgung aufnehmen. Die Abenteurer jedoch stürmten zum Leichnam ihres Gefährten und stürzten dort auf die Knie. Doch sie sahen mit einem Blich; es war zu spät. Avaron, der elfische Waldläufer, guter Freund und treuer Begleiter, hatte die Gestade der Sterblichkeit bereits verlassen und seine Reise in die unendlichen Gefilde der Götter angetreten.

Schweren Herzens hoben die Drei ein Grab im gefrorenen Boden für ihren Kameraden aus. Auch Ritter Ringmut hatte einige Mannen verloren, die von ihren Kameraden beerdigt wurden. Die getöteten Orks warf man auf einen Scheiterhaufen und blickte zu, wie sie verbrannten.

Das Gehöft entpuppte sich als Vorratslager. Bei einer Durchsuchung fanden die Soldaten zahlreiche Fässer und Kisten mit Raub- und Plündergut. Kurzentschlossen ließ Ritter Ringmut das Gehöft ein zweites Mal niederbrennen. Man entschloss sich, im Schein des Feuers zu campieren und dort die Nacht zu verbringen. Schweigend saßen die Recken an diesem Abend um ihr Feuer und gedachten ihres gefallenen Kameraden, der sie während ihrer Unternehmung mehr als einmal aus der Not gerettet hatte. So wie sie auch ihn.
 

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24. Tag: Reise zum Starken Arm

Früh am nächsten Morgen wurde zum Aufbruch geblasen. Ritter Ringmut wollte mit den Resten seiner Truppe nach Schilderbrueck zurückkehren, während die Gefährten ihren Weg den Pass hinauf, Richtung „Starker Arm“ fortsetzen. So nahm man recht kühl Abschied voneinander. Ohne ihren Waldläufer fiel es den Abenteurern nicht leicht, den richtigen Weg zu finden, doch kamen sie vorwärts und verbrachten an diesem weitgehend ereignislosen Tag, die Nacht unter freiem Himmel. Es war bitterkalt.


25. Tag: Reise zum Starken Arm

Nach einem Gewaltmarsch, der bis in den Abend dauerte, erreichten sie an diesem Tag endlich den Starken Arm. Arton sah den massigen Turm, der zwischen den Wipfeln der Bäume hervorragte, als erster. Dann traten sie aus dem Wald und erblickten links des Weges, taktisch klug auf einer Anhöhe gelegen, die Taverne. Doch der „Starke Arm“ war weit mehr, als eine einfache Taverne an der Passstraße über das Gebirge.

In frühen Zeiten war er eine Wehrburg gewesen, deren Aufgabe es war, den Angriffen der Orks oder Zwerge Einhalt zu gebieten. Vor mehr als hundert Jahren jedoch, hatte der damalige Fürst den „Starken Arm“ bei einem Kartenspiel an einen findigen Wirt und Kaufmann aus der Umgebung verloren. Heute wurde die Taverne vom Urenkel des ersten Wirts betrieben. Zentrum der Anlage war ein hoher, quadratischer Turm, der weitläufig von einer über fünf Meter hohen Mauer samt Wehrgang umgeben wurde.

Im Turm selbst befand sich die Taverne und Herberge. In seinem Schatten erhoben sich weitere, aus Holz erbaute Gebäude; eine große Scheune und ein Schmiedehaus. Sofort sahen die Gefährten die Wächter, die auf den Wehrgängen der Mauern postiert waren. Es waren Menschen und keine Orks.

Der „Starke Arm“ hatte seinem Namen alle Ehre gemacht und bisher den Angriffen der Schwarzpelze erfolgreich Widerstand geleistet. Beim Näherkommen erkannten die Abenteurer Pfeile, die aus der dichten Schneedecke ragten. Manche von ihnen steckten in den Körpern an der Mauer gefallener Orks. Nachdem sich das Tor für sie geöffnet hatte, ließen sie ihren Blick über den Platz dahinter schweifen. Wie in Schilderbrueck hatten sich auch hier zahlreiche Bewohner der umliegenden Gehöfte hinter die vermeintlich sicheren Mauern der Taverne gerettet. Zelte, Wagen und einfache Karren standen wie Flicken verteilt auf dem Platz.

Herdfeuer brannten und Kinder tollten trotz des Schnees und der Kälte dazwischen herum. Man brachte Samuel und den Esel Avarons in die Scheune und betrat die Taverne. Hier drängten sich die Menschen ebenso wie draußen. Algort, der Tavernenmeister ließ es sich jedoch nicht nehmen, die Neuankömmlinge herzlich zu begrüßen und spendierte ihnen sogleich ein starkes, selbstgebrautes Bier.

Man fand einen Platz, ließ sich nieder und blickte sich um. Die Reise hierher war anstrengend gewesen und sie fühlten sich müde und ausgelaugt. Andri hoffte inständig, Ering Schimpelmütz in der Menge zu erkennen. Doch als diese sich kurz lichtete, glaubte der Händler, einen Geist gesehen zu haben und er vergaß Ering Schimpelmütz umgehend.

Unauffällig bedeutete er den beiden anderen, einen Blick auf die gegenüberliegende Seite des Raums zu werfen. Peragon und Arton folgten dem Blick des Händlers und tatsächlich, in einer Ecke saß ein alter Bekannter. Baldrick Neunfinger hatte einen der Tische bezogen. Fünf seiner gedungenen Mitstreiter saßen mit ihm am Tisch. Mit einem sardonischen Lächeln prostete er der Reisegruppe zu. Intuitiv griff ein jeder an den Knauf seiner Waffe, doch schnell stellte sich heraus, dass Baldrick nicht vorhatte, sie in den Räumen der Taverne zu stellen.

Ein brüchiger Waffenstillstand stand unausgesprochen im Raum. Die Gefährten bestellten eine zünftige Mahlzeit und nahmen das letzte Zimmer, das Algort noch anzubieten hatte, auch wenn es recht überteuert war, wie Andri nicht müde wurde anzumerken. Da er Ering nicht hatte in der Menge erblicken können, nahm der Händler sich vor, Algort morgen in der Früh nach ihm zu fragen. Das Zimmer war klein aber durch einen Anschluss an den Hauptkamin des Turms warm und gemütlich. Sie kamen überein, eine Wache aufzustellen und verbrachten eine ruhige und erholsame Nacht


26. Tag: Der Starke Arm

Regeneriert und erfrischt, fragte Andri am nächsten Morgen den Tavernenmeister nach dem Verbleib von Ering Schimpelmütz. Besorgt musste er erkennen, wie sich die Miene Algorts bei seiner Frage verfinsterte. Ohne ein weiteres Wort führte er Andri in ein Zimmer im ersten Stock des Turms. Hier, zusammengerollt auf einem Laken lag ein blasser, ausgemergelter Mann, augenscheinlich ohne Bewusstsein. Ering Schimpelmütz! Auf einem Stuhl neben der Bettstatt saß ein kleiner, quirlig wirkender Mann mit rotem Haar und grünen Augen, der den Eintretenden freundlich zunickte.

Er stellte sich als Kenkwin der Alchimist vor. Algort, der wie sich herausstellte, ein guter Freund von Ering war, erzählte Andri von den Ereignissen der vergangenen Tage. Ering hatte sich dazu bereit erklärt, eine Fluchtroute nach Schilderbrueck für die Männer und Frauen im „Starken Arm“ auszukundschaften, aber nicht weit vom Turm entfernt war er auf Goblins, gestoßen, die den Orks auf ihrem Vormarsch folgten. Ein vergifteter Pfeil hatte den Fährtensucher bei seiner Flucht getroffen und kurz nach seiner Rückkehr zum Turm war er urplötzlich in tiefen Schlaf gefallen, aus dem er bisher nicht wieder erwacht war. Drei Tage waren seit den Ereignissen vergangen.

Selbst Kenkwin war es mit seinen Mitteln nicht möglich, Ering aus dem Schlaf zu wecken. Allerdings äußerte der Alchimist die Hoffnung, dass die Paladine, die hoch oben an den Hängen in der Festung Holemgnad lebten, einen entsprechenden Trank brauen konnten. Währenddessen traf Peragon auf einen Paladin namens Shawn, der ebenfalls im Turm übernachtete und die Organisation der Verteidigung des „Starken Arms“ in die Hand genommen hatte. Sogleich stellte Peragon sich an dessen Seite und zu zweit patrouillierten sie die Wehrgänge entlang, ermahnten die Wachen und überwachten den Ausbau der Verteidigungsanlagen.

Während sie vor dem Haupttor standen, wurden sie Zeuge, wie sich eine einzelne Gestalt durch den Schnee auf die Taverne zu schleppte. Es war ein Kleriker vom Orden des Gehsing, wie man weithin an seiner türkisfarbenen Robe erkennen konnte. Als er näherkam, erkannte Peragon, dass es sich um einen Halbelfen handelte. Der Mann war erschöpft aber unverletzt und stellte sich als Neranimo von Anfortas vor.

Die beiden führten ihn in den Schankraum, in dem Andri und Arton sie bereits erwarteten. Der Tavernenmeister bereitete dem Kleriker einen kräftigenden Tee zu. Als Neranimo sich etwas aufgewärmt hatte, erzählte er den Wartenden seine Geschichte. Er war gemeinsam mit einer Gruppe Kleriker der Sista von Anfortas hierher gereist. Doch am gestrigen Abend, sie hatten den Turm bereits fast erreicht, waren sie von mehreren Dutzend Goblins überfallen worden. Der Blutzoll der Goblins war immens gewesen, doch schlussendlich hatten sie den Abwehrring der Kleriker überrennen können. Nur Neranimo war die Flucht gelungen. Als man sicher war, dass es dem Kleriker an nichts mangelte, zogen die anderen sich zurück und Andri setzte sie vom Zustand Erings in Kenntnis.

Bei jedem ihrer Schritte in den nächsten Stunden hielten sie die Augen nach Baldrick und seinen Männern auf, doch die zogen es vor, einen möglichst großen Abstand zu ihnen zu wahren. Der Rest des Tages verging und abends saßen sie gerade vor einem Teller würziger Suppe, als von draußen plötzlich Geschrei und Gezeter hereinbrach.

Im nächsten Moment flog die Tür zum Schankraum auf und ein Mann mit einem Orkpfeil im Rücken stürzte herein und blieb regungslos auf dem Boden liegen. Rasch packten die Gefährten ihre Waffen und eilten hinaus. Der elfische Kleriker, Shawn und einige andere folgten ihnen. Peragon überblickte die Lage, als er sah, wie einige Orks über die Palisaden kletterten. Andere waren bereits ins Lager eingedrungen und eilten zum Tor, um dieses für ihre Kumpane zu öffnen. Zwischen all dem liefen verängstigte Frauen und Kinder herum und strömten zum Sicherheit versprechenden Turm. Peragon und Shawn nahmen einige Männer mit und liefen los, das Tor zu verteidigen.

Andri und Neranimo beschossen die Orks auf den Palisaden. Während sie dem Ansturm der Orks trotzig entgegenstanden, war Kenkwin, der Alchimist so geistesgegenwärtig, die Flüchtlinge und auch einen großen Teil der Nutztiere in den Hauptturm zu führen. Eine äußerst vorausschauende Tat. Die beiden Paladine am Tor kämpften wie Berserker, doch die Menge der Orks war zu groß. Nachdem es einem der Schwarzpelze gelungen war, das Tor zu öffnen und die Gegner zu dutzenden den Hof stürmten, war es Zeit für den Rückzug.

In letzter Sekunde gelang den Helden die Flucht in den Turm. Draußen jubelten und johlten die Orks. Drinnen herrschte Stille und Beklemmung. Andri, Arton, Peragon und einige andere zogen sich in die Küche zurück und beratschlagten, was nun zu tun sei. Die Stimmung war düster. Es war Algort, der einen Vorschlag machte und ihnen einen Ausweg wies. Der Tavernenmeister führte die Gruppe in den Keller und zeigte ihnen einen geheimen Fluchttunnel, der bereits vor Jahrhunderten angelegt worden war. Kurz besprach man sich.

Die Gefährten entschieden, durch den Tunnel zu entkommen und sich zur Feste der Paladine durchzuschlagen. Dort würden sie bei den Rittern Hilfe erbeten. Zusätzlich wollte Andri ein Gegenmittel für Ering Schimpelmütz erbitten. Als der elfische Kleriker seine Unterstützung anbot, nahmen sie diese gerne an. Shawn und einige weitere wollten den Turm bis zu ihrer Rückkehr verteidigen. Bis zum letzten Blutstropfen und ein bisschen darüber hinaus, wie Shawn zum Abschied lachend erwähnte.

Der Gang war stickig, dunkel und an manchen Stellen ein wenig zu eng für den wohlgerüsteten Peragon, doch nach zweihundert Metern öffneten sie in einer gemeinsamen Kraftanstrengung eine verborgene Falltür und standen hinter der Mauer und dem Lager der Orks. Die hatten sich im Innenhof des „Starken Arms“ eingerichtet, durchwühlten das zurückgelassene Hab und Gut und schlachteten das Vieh, das beim Rückzug nicht mehr zu retten gewesen war.

Schweren Herzens wandten sie sich ab und schlichen durch die eisige Finsternis. Arton führte die Gruppe an, kannte er sich doch in den Bergen aus. Vorbei an Klippen und Felspalten, die in der Dunkelheit verhängnisvolle Fallen waren, führte der Zwerg sie immer weiter und höher ins Gebirge. Die Reise in solch großer Höhe zehrte an den Kraftreserven der Gruppe, doch die Dringlichkeit ihres Anliegens duldete keinen Aufschub und so schleppten sie sich weiter.
 

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27. Tag: Holemsgnad und wieder zurück

Am frühen Morgen schließlich ragte Holemsgnad, die Festung der Paladine, vor ihnen auf. Das mächtige Bauwerk thronte über dem Pass und war komplett aus dem Berg gehauen. Nachdem Peragon dem diensthabenden Kommandeur der Feste die Lage am „Starken Arm“ geschildert hatte, setzte der fast unverzüglich einen Teil seiner Männer in Bewegung.

Andri nutzte die kurze Rast, um in der Kräuterküche der Burg nach einem Trank gegen Erings Leiden zu fragen. Der alte Paladin, der Meister der Tränke, war glücklicherweise im Besitz des gesuchten Tranks und händigte diesen dem Händler gerne aus. Kurz nach Andris Rückkehr setzte sich die geschwind zusammengesetzte Truppe auch schon in Bewegung. Fünfundzwanzig Paladine in glänzenden Rüstungen und großen Schwertern eilten den Pass hinab.

Die Helden waren erschöpft und ihre kaum mehr vorhandenen, auf dem Hinmarsch verausgabten Kräfte ließen sie schnell hinter den Trupp zurückfallen. Glücklicherweise war Andri im Besitz einiger Kräuter mit Ausdauer steigernder Wirkung. Als sie den „Starken Arm“ erreichten, wurden sie Zeuge, wie die Paladine gleich einer Welle über die Orks hinweg brandeten. Den Moment der Überraschung nutzend, hatten die Krieger des Lichts die Hälfte der Orks niedergemacht, bevor diese überhaupt wussten, woher der Angriff kam. Flugs eilten die Recken zur Unterstützung der Paladine heran. Als die Verteidiger des Turms sahen, wie die ersehnte Verstärkung die Orks dezimierte, verließen sie den Turm und griffen ebenfalls an. Solchermaßen in die Zange genommen, traten die Orks unter schweren Verlusten den Rückzug an. Wieder einmal hatten die Mächte des Guten über das Böse triumphiert.

Während sich die Flüchtlinge und die Paladine in den Armen lagen, eilten die Gefährten, gefolgt von Neranimo, zu Ering Schimpelmütz. Unter Kenkwins fachkundiger Anleitung flößte Andri dem Schlafenden den Trank ein. Dann warteten sie. Einige Minuten später schlug dieser die Augen auf. Die Freude und Erleichterung unter den Anwesenden war riesengroß. Sie ließen ihn ein Weilchen zu Kräften kommen und halfen den anderen, die Überreste der Schlacht aufzuräumen.

Als man im Anschluss in der Taverne wieder zusammenkam, stellten sie fest, dass Baldrick und seine Kumpane verschwunden waren. Offenbar hatten sie kurz nach dem Auftauchen der Paladine das Weite gesucht. Andri und die andern hofften, zum letzten Mal von den Ruthen gehört zu haben und der Händler nutzte die Gelegenheit, den wiedererstarkten Ering Schimpelmütz den Sack mit der Reliquie zu übergeben.

Auf seine Bitte, diese ihrem rechtmäßigen Besitzer zurück zu geben, antwortete Ering mit einem herzhaften Lachen. Dem Unverständnis im Blick der Recken begegnend, übergab er den Beutel Neranimo. Ziel der Reise der Klerikergruppe zum „Starken Arm“ war die Reliquie gewesen. Da Andris Vater Ering einen Brief mit der Ankündigung von Andris baldigem Erscheinen gesendet hatte, hatte Ering selbst die Kleriker informiert. Nun, da Neranimo die Statue übergeben wurde, war die Reliquie wieder am rechten Ort oder zumindest in den richtigen Händen. Baldrick war verschwunden und blieb es auch und die Orks hatten in den letzten beiden Tagen herbe Niederlagen hinnehmen müssen. Alles in allem konnten sie sehr zufrieden sein…


Epilog

Neranimo von Anfortas kehrte in den nächsten Tagen in seine Heimatstadt zurück, um die Statue der weinenden Göttin wieder an ihren angestammten Platz zurück zu bringen. Aber dies ist eine andere Geschichte. Andri und die übrigen beiden waren der Meinung, es wäre im Sinne ihres verstorbenen Freundes und gaben dem Kleriker den Esel des Waldläufers mit auf den Weg.

Andri, Peragon und Arton blieben noch einige Tage im „Starken Arm“ und machten sich dann auf ihren langen Heimweg nach Nordas. Der Händler freute sich bereits darauf, seine Eltern wieder zu sehen. In seinem Hinterkopf geisterten bereits dutzende Ideen für Geschäfte und Handelsrouten. Die Saat dieser Gedanken erweckte in ihm den Wunsch nach neuen lukrativen Abenteuern und für diese brauchte man Begleiter, auf die man sich vorbehaltlos verlassen konnte. Vielleicht würde er dem Kleriker in Anfortas einmal einen Besuch abstatten. Aber auch das ist eine andere Geschichte…





Ende
 
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