AW: Anspruch an ein Rollenspiel
Mann, mann, mann... Hier hat sich ja ein heißes Nebenthema aufgetan. Da muss ich geich mal meinen Senf dazu geben. (Es geht um den Begriff Herrenrasse in diesem Spielsystem)
Ich finde es sogar GUT, wenn Paralelen zu unserer Welt aufgezeigt werden!!! Zwischendurch spielte ich immer wieder kleine Kampagnen auf der Seite der Bösen (in allen Systemen die ich bisher gespielt habe). Und 2 meiner Zwergen Charaktere waren leidenschaftliche Rassisten (oder besser gesagt: Speziesisten), besonders Elfen gegenüber
. Und trotzdem hatten der Zwerg in D&D ne gute Gesinnung und die Elfen in den Gruppen hatten auch keine Axt im Rücken zu erwarten. Aber diesen Rassismus/Speziesismus einfach so im Raum stehen zu lassen und ihn unreflektiert als nichts schlimmes wahrzunehmen, ist ungemein schwerer, wenn ein Zwerg sich selbst als Angehöriger der zwergischen Herrenrasse bezeichnen würde!
Und ist nicht gerade am Rollenspiel das faszinierende, jemand VÖLLIG anderen zu spielen? Würde es denn niemanden außer mir reizen einen Taliban, einen Mitglied der SS oder von Blood&Honour oder von sonst einer kranken menschenverachtenden Organisation zu spielen? Vielleicht liegt es bei mir auch daran, dass ich hin und wieder einfach mal die Bösen spielen muss. Bisher waren meine Bösewichte immer phantastischer Natur, aber ich hätte kein Problem damit mich an der Realität zu orientieren.
Wie schonmal jemand angemerkt hat: Wenn sich in der Spielrunde niemand angegriffen (oder auch nur unwohl dabei) fühlt, dann ist ALLES erlaubt.
" Ihr könntet den farbigen (ersetzen durch andere verfolgte Minderheit im System) Wärter einfach töten, dass ist normal und keiner regt sich darüber auf."
Das ist für mich jetzt etwas zu überspitzt. Wie wäre es denn, wenn beschrieben wird, dass das Töten des Sklaven des Südstaaten Farmers kein Mord, sondern eine Sachbeschädigung wäre (nehme ich einfach an, kann ich geschichtlich nicht belegen!). Oder das sich in den Kolonien niemand auch nur einen Dreck scheren wird, wenn ein paar Psychopathen ihren "Spaß" im Eingeborenendorf haben. Wenn einem so viel Rassismus zu viel ist, dann MUSS man einfach die Finger von Systemen lassen, die in unserer Vergangenheit spielen. Denn diesen Rassismus einfach auszuklammern, das wäre ja ein Verharmlosen bzw Totschweigen.
Aber wir müssen ja nichtmal in die Vergangenheit reisen. Es gibt immer noch mehr als genug Menschen die die Juden ausrotten wollen. Und der heutige Völkermord in Darfur müsste, z.B. in einer Vampire-Runde, Thema sein, falls die Vampire in den Sudan, Tschad oder sonstwo kommen würden. Wenn die Vampire Welt, wie es bei uns üblich war, unsere Welt ist (nur mit nem genaueren Bick in die Schatten
)
Man merk aber dabei auch das "Erfahrungsalter" seiner Spieler. Allein aus Anstand und gelernter Tolleranz für andere sollte kein Spieler auf die Idee kommen, eine Situation wie oben beschreiben auszunutzen, nur weils einfach ins System passt.
Das mit dem Alter halte ich für Quatsch. Ich bin schon sehr tolerant, denke ich. Und in den letzten 10 Jahren wurde ich auch nicht toleranter als zuvor! Und "ausnutzen" ist mir gerade etwas zu schwammig. Wenn es für die Geschichte/den Charakter passend ist, dann MUSS rassistisch gehandelt werden. Nur weil ich schon ewig Vegetarier bin, bin ich noch nicht auf die Idee gekommen einen vegetarischen Charakter zu spielen. Das würde nicht zu diesen Charakteren passen!
"Der Großinquisitor möchte gerade eine(angebliche) Hexe verbrennen. Was tut ihr?"
Ich kenne keinen Speiler, der nun dasteht und sagt: "Richtig so, die hats bestimmt verdient!" Sie werden sich gegen den Inquisitor wenden, bzw. dieser wird die Rolle des Bösen annehmen.
Aber ab und an den Inquisitor spielen macht doch auch Spaß...
Es geht nicht um "verdammen und ignorieren" sondern um "Im angemessenen Kontext behandeln". Und dieser Kontext ist keine Spaß-Runde in der man Probleme mit Gewalt löst und brutale, menschenverachtende Strukturen unterstützt, ohne sich Gedanken über Paralelen zur realen Welt zu machen.
Natürlich müssen Verbrechen der Geschichte in einem angemessenen Kontext behandelt werden. Aber warum darf ich so etwas nicht in meiner Rollenspielrunde integrieren? Wie oben erwähnt, die Paralelen zur realen Welt helfen es, die Strukturen als schlecht anzusehen. Jeder von uns hat doch beim Rollenspielen schon sein Leben für einen Adligen riskiert. Und doch gehe ich davon aus, dass hier die große Mehrheit mehr mit der Demokratie anfangen kann, als mit einer Monarchie.
*sich jetzt noch weiter aus dem Fenster lehnt* Und warum darf ich über schreckliches auch keine/n Witze/Spaß machen? Also mir persönlich hilft es Spaß über furchtbare Dinge zu machen. Das nimmt den Dingen den Schrecken und kompensiert den Wahnsinn der Verbrechen unserer Welt. Das mache ich jetzt schon seit dem ich denken kann so und ich bin Leid gegenüber noch nicht abgestumpft.
Müde Grüße,
Vegasatru