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Brettspiel Kooperatives Spiel Adventure Game: Das Verlies (Kosmos)

sonic_hedgehog

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Nachdem der Kosmos-Verlag in den vergangen Jahren große Erfolge mit den Spielen der Exit-Reihe feierte – ich erinnere an die teilweise euphorischen Berichte des Kollegen @Luzifer – scheint der Verlag nun verschiedene neue Ideen zu verfolgen.

Eine dieser Ideen sind die Spiele der Adventure Games, Untertitel „Entdeckt die Story“. Vor mir liegt „Das Verlies“, verfasst von den Autoren Phil Walker-Harding und Matthew Dunstan. Phil Walker-Harding ist dem ein oder anderen sicher bekannt durch Bärenpark, Imhotep: Baumeister Ägyptens oder Shushi Go! - Matthew Dunstan durch das von mir bereits vorgestellte Roll for Adventure oder aktuell von Fairy Tile. Die Illustrationen lieferte [URL=http://www.keinebilder.de/]Martin Hoffmann, bekannt u.a. für Dominion, Race for the Galaxy oder Keltis. Gute Gene, würde man sagen.

Aber was ist ein Adventure Game? Nun, der Name sagt es eigentlich schon: Am einfachsten lässt es sich beschreiben als die Brettspielumsetzung eines klassischen Point-and-Click-Adventures wie Maniac Mansion, Baphomets Fluch oder die Gobliins.

Hier erwachen die zwei bis vier Protagonisten (gesteuert von ein bis vier Spielern) in einem Kerker, ohne zu wissen, wie sie dort gelandet sind und wer sie eingekerkert haben könnte. Einzig der Name eines Freundes kommt in der Erinnerung hoch…

Die Spieler tun das, was man in dieser Situation eben tut: Man blickt sich im Kerker um, sucht Gegenstände, die einem helfen könnten, kombiniert diese, gerne auch mit Einrichtungsgegenständen, um sich so zu befreien und des Rätsels Lösung auf die Spur zu kommen.

Auf dem Tisch liegen dafür Karten in der Photogröße von ca. 10*13cm, die den jeweiligen Raum darstellen, in dem die Holzfiguren sich gerade aufhalten und auf dem durch Zahlen interessante Gegenstände markiert sind. Zu diesen Zahlen passen jeweils kurze Textabschnitte im beiliegenden Abenteuerbuch, durch die die Geschichte weitererzählt wird und die Zugang zu ebenfalls nummerierten Karten (normaler Größe) geben. Diese Karten (um nicht zu spoilern im Folgenden ein fiktives Beispiel), beispielsweise ein Hammer, können dann miteinander oder mit den markierten Gegenständen kombiniert werden: Die Kombination des Hammers (Nr. 12) und eines Hockers (Nr. 103) ergibt dann unter dem Eintrag 12103 einen zertrümmerten Hocker, dessen Holzsplitter (Nr. 22) dann weiter genutzt werden können – der Hocker wiederum ist dann vernichtet (und seine Karte würde abgelegt).

Im weiteren Verlauf treffen die Charaktere dann auf weitere Personen, mal hilfreich, mal gefährlich, können sich verletzen (oder die Verletzung geschickt vermeiden), öffnen Türen, durchsuchen Schränke, usw.

Dieser Spielablauf entwickelt seinen Reiz, ähnlich vielleicht auch wie früher die Abenteuer-Spielebücher (z.B. Einsamer Wolf) oder Soloabenteuer bestimmter Rollenspielsysteme (höre ich jemanden Liebliche Prinzessin Yasmina rufen?). Dabei ist es insbesondere für solche Mitspieler, die genau mit diesen Genres keine Vorerfahrung haben, sehr irritierend, ständig im Abenteuerbuch nach Nummern zu suchen und die dort stehenden Texte zu lesen, ohne dabei nach anderen Nummern zu spitzeln. Hier kann die Kosmos-App helfen, die die Texte ebenfalls anzeigt (und sogar relativ stimmungsvoll vorliest), dann aber ständige Eingaben am Bildschirm des Smartphones erfordert. Daran muss man sich gewöhnen, was manchen schwerer fällt als anderen.
Aber wie auch immer, dem Sog, den die Geschichte ausübt, kann man sich nur schwerlich entziehen (warum sollte man auch?). Es ist nun mal ein Rätsel und der Spannungsboden ist gelungen.

Ich war und bin von diesem Spiel ziemlich begeistert, muss aber auch zugegeben, dass wir es sehr schnell in ein Solospiel verwandelt haben. Wenn die Partnerin länger arbeiten muss, ist das Spiel ein schöner Zeitvertreib. In der Gruppe hat es bei uns nicht so gut funktioniert – letztlich war es zu sehr das Gefühl, man würde ein Buch im Kreis herumreichen und jeder liest einen Absatz. Es gab zu wenig Möglichkeiten, selbst Entscheidungen zu treffen und die Rätsel waren zumindest zu Beginn nicht so fordernd, dass das gemeinsame Nachdenken zu überraschenden Ergebnissen geführt hätte. Das ist aber nicht verallgemeinerbar – ich habe andere mit viel Freude in de Gruppe rätseln sehen.

Sehr wohl verallgemeinerbar ist aber, dass man hier das erleben kann, was einem früher auch am PC passieren konnte: Es gibt Sackgassen. Ich selbst habe eine davon sehr früh erlebt: So hatte ich es verpasst mich rechtzeitig mit einem der Gegenstände zu beschäftigen – und als ich dann darauf kam, dass nur dieser Gegenstand mir das fehlende Detail liefern konnte, hatte ich den zweiten, hier unbedingt benötigten Gegenstand, leider bereits an anderer Stelle zerstört. Offenbar haben die Designer nicht damit gerechnet, dass man auch in anderer Reihenfolge an die Rätsel gehen könnte, als sie es geplant hatten. Vorteil des Brettspiels gegenüber dem Computerspiel: Wenn man es merkt, kann man so tun als ob – am PC hätte ich auf die Suche nach einem Speicherstand gehen und alles nochmal durchspielen müssen.

Mit einer Spieldauer von 3*90 Minuten, wobei auch an anderen als den vorgesehen Kapitelblenden jederzeit ein Pausieren möglich ist, ist das Adventure Game ein schöner Zeitvertreib für kleines Geld, ob für einen oder mehrere Spieler, nun das muss jeder für sich entscheiden.

Ich bitte alle, zu verstehen, dass ich hier keine Photos des Spielmaterials poste - zu groß die Gefahr, etwas vom Ablauf vorwegzunehmen. Mein Dank gilt dem Kosmos-Verlag, der mit das Spiel zur Ansicht zur Verfügung gestellt hat.
 
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