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Diskussion Spielleiterwillkür

FaeThropp

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In meinem Vorstellungsthema habe ich die Spielleiterwillkür (im Folgenden nur noch SLW) schon mit einem Augenzwinkern in den Titel geschrieben. Es ergab sich bald eine interessante Diskussion und mit Staunen stelle ich beim Suchen im Forum fest, dass sich kein eigenes Thema zu diesem Thema (xD) finden lässt. Also dann wollte ich dieses einmal lostreten.
Wie steht ihr dazu? Wie handhabt ihr das? Wie definiert ihr SLW überhaupt? Was für Geschichten habt ihr mit/wegen/trotz SLW erlebt?
Ich mache mal ganz brav den Anfang: SLW zu definieren ist schwierig, aber ich sehe darin das "Ignorieren der Regeln". Fällt ein Wurf anders aus, als der SL es wünscht? SLW kann's richten! Will ein Spieler etwas tun, was der SL nicht vorbereitet hat? SLW wird ihn wieder in die Spur bringen! Man kann aber auch sagen: Will der Spieler etwas tun, was in den Regeln (noch) nicht explizit vorgesehen ist, dann kann etwas SLW die Situation retten (und endlose Regeldiskussionen vermeiden).
Dazu meine liebste Anekdote aus meiner ersten (nicht selbst geleiteten) Kampagne für Pathfinder. Der SL - ein Freund und selbst noch sehr unerfahren, wie wir Spieler auch - hatte ein Abenteuer gekauft und wollte dieses mit uns durchspielen. Einer der Zwischenbosse war ein (ich glaube betrunkener) Magier, der geschwind ein paar schwarze Tentakeln unter unsere Füße beschwor. Die Biester waren für unsere Charaktere kreuzgefährlich und hatten ziemlich bald den Gruppenmagier bewusstlos gequetscht. Meine Schurkin (für die Klasse überdurchschnittlich stark und die feste Freundin des Gruppenmagiers) stürmte kurzerhand die Ballustrade, auf welcher der böse Zauberer sich befand und kam auf die Idee: "wenn ich mich jetzt mit dem darunter werfe - direkt in seine hässlichen Tentakelmonster - wird er den Zauber wohl aufheben." Ich persönlich bin sehr stolz auf diesen ihren Einfall :D. Es dauerte EWIG, dieses egtl simple Vorhaben in die Tat umzusetzen. Es glückte zwar und geschah so, wie erhofft, aber die gefühlte (und ich glaube auch fast reale) Stunde Diskussion, die dem voranging, hätte man mit etwas Spielleiterwillkür sehr stark kürzen können.
Ich persönlich finde, dass eine richtig gute Idee dem Wurf schonmal einen fetten Situationsbonus geben kann (wenn nicht sogar einfach gelingen), immerhin soll doch eine schöne Geschichte erzählt werden und manchmal ist das wichtiger als die natürliche 1 auf dem schwarzen W20. Aber die Macht der SLW sollte nicht dazu verwendet werden, den SL auf der faulen Haut liegen zu lassen (damit er nicht improvisieren muss, wenn die Spieler aus der vorbereiteten Reihe tanzen) oÄ.

So, jetzt bin ich auf eure Gedanken zu dem Thema gepsannt! :)
 

Elpetteh

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Also ich bin ein ganz klarer Befürworter der SLW.
Vor vielen Jahren hab ich in ner fremden DSA Runde mal erlebt, wie zwei Spieler sich über die Definition des Sturmangriff stritten.
Der Spieler rannte auf den Gegner zu, bis auf zwei Meter.
Im nächsten Zug überwand er die letzten 2 Meter und sagte den Sturmangriff an.
Der Spielleiter erlaubte die nicht, weil er ja mindestens 4 Meter Anlauf in einer geraden Linie benötigt. Die ist er ja auch gelaufen, allerdings in der KR zuvor. Er hätte also per Definition 2 Meter früher bremsen und dann von da aus in der nächsten KR weiterlaufen müssen.
Ganz pedantisch gesehen hatte der SL damit auch rein regeltechnisch Recht, aber rein rollenspielerisch war wiederum der Spieler im Recht.
Die beiden fingen dann an sich zu streiten, was den Abend vollends sprengte.
Ich für meinen Teil habe da beschlossen, dass Stil immer vor Regeln geht.
Man muss ja nicht aus allem eine Ausnahmesituation machen, aber als SL lasse ich mir von keinem Würfel und keiner Regel sagen wie ich mein Abenteuer zu leiten habe.
Allerdings darf so etwas nicht überhand nehmen, sonst können die Spieler sich ja auf garnix mehr verlassen.
Aber wenn ein Spieler ne gute Idee hat, die regeltechnisch nicht abgedeckt ist, dann entscheide ich immer aus dem Bauch.
Meine Spieler wissen das auch und meistens sind sie mit meinen Entscheidungen zufrieden.
Und wenn nicht, dann ist es ihr Problem :diablo:
 

Screw

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In einer Solo-Runde hat mich mein damaliger AD&D 2 SL durch ein selbsterstelltes Land gejagt, dass vor Magie nur so strotzte ... effektiv war sogar der Staub in der Luft so magisch, dass ein falscher Atemzug den Charakter explodieren hätte lassen. Immer wieder wurde mein Charakter zwecks "Ausbildung" vor total aussichtslose Situationen gestellt und der SL hat sich genau nur eine Lösung dafür ausgedacht ... jede Idee, jede Frage, jede Überlegung meinerseits verlief im Sand. Aber ich durfte ja nicht sterben, da der SL noch episches mit mir vorhatte. Schließlich hatte meine damalige Freundin auch Rollenspiel-Blut geleckt und wollte mitmachen. Sie bekam auch gleich einen Drachen als Charakter, da ein anderer "Sterblicher" in den Augen meines Charakters nur Konkurrenz bedeutet hätte (SL-Auslegung). Dieser Drache hatte hammer Werte, und ... null Fertigkeiten. Warum? Weils nicht im Regelbuch steht ... Jede noch so vernünftige Argumentation und kein Bitten und Betteln hat daran was geändert, denn: es steht nicht so in den Regeln (und das bei einem A**** voller Hausregeln). Zu guter Letzt hat er ihrem Drachen einen supergeilen Zauber gegeben, der sie kurze Zeit in einen Götterdrachen verwandelt hatte ... und daher natürlich vom SL übernommen werden muss, denn Götter sind ja keine Spieler-Charaktere.

Soviel zu meiner wohl abschreckendsten und frustrierendsten Erfahrung mit SLW.

Ansonsten finde ich es ungemein wichtig, dass SLW im Sinne der gesamten Spielrunde eingesetzt wird. Der Satz "ach Scheiße ... die Idee ist so geil. Mach das. Das geht durch" ist in meinen Ohren (und auch in meinem Mund, da ich selbst oft leite) einer der coolsten in jeder Runde.

cul8r, Screw
 

FaeThropp

Bürgertum
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Also zum Thema pingelige Auslegung: Ich würde immer der "Realität" den Vorrang geben. Im Beispiel mit dem Sturmangriff heißt das, wenn der Spieler die 4 Meter gerannt ist (und theoretisch soll ja alles gleichzietig passieren im Kampf und keine zeitliche Lücke zwischen den eigenen Handlungen sein), dann hat er die Voraussetzung erfüllt und gut ist. Die andere Herangehensweise ist doch auch sinnlos. Man muss sich doch immer fragen: "Was wollten die Erschaffer mit der Regel bezwecken?" und "Was passiert, wenn ich die Regel konsequent so umsetze, wie ich es gerade entschieden habe?" Wenn jemand behauptet, es sei sinnvoller, dass ein Charakter auf einen Gegner zuläuft, dann anhält, um in der nächsten Runde "am Stück" 4 Meter für den Sturmangriff rennen zu können, dann würde ich den aber hart ins Kreuzverhör nehmen. Sowas stört doch nicht nur den technischen Spielfluss, sondern auch das Eintauchen in die Welt. Das wiederum ist für mich äußerst sträflich, denn ich persönlich mag RPGs auch wegen dieser Möglichkeit der Immersion (wenngleich ich weiß, dass nicht alle soviel Wert darauf legen).
Und deine Geschichte, Screw, ist ja wirklich gruselig! Das klingt, als hätte der Spielleiter lieber mal eine Geschichte mit seinen Ideen schreiben sollen, statt sie in ein Rollenspiel zu packen. Wenn man seine Spieler frustriert, ist man kein guter SL, muss ich sagen. Auch wenn die Machtverhältnisse von außen anders wirken, meine ich dennoch, dass der SL den Spielern dient, eher als anders herum. Er ist dafür zuständig, dass alle Spaß haben - nicht nur er. Ich nehme mal an, dir und deiner damaligen Freundin hat dieses Spiel wenig Spaß bereitet. Insofern gehe ich mit dir d'accord, dass SLW der Spielrunde zugute kommen muss. Als SL hat man doch eigentlich auch Freude am Erfolg der Spieler (sollte man zumindest, sonst ist was seltsam), aber Erfolg basiert eben auch auf Herausforderungen und Rückschlägen... Okay, jetzt klinge ich wie Mháire.
Zum Thema "genau eine Lösung": Ich persönlich leite ja ein Sandbox-Abenteuer (was viel schwieriger ist, als ich mir gedacht hatte, was mir aber auch viele Möglichkeiten zum wachsen gibt) und da bin ich auch schon an einigen Stellen herumgerudert und hab mich zum Nachdenken auf dem Klo verschanzt, weil ich nicht wusste, wie ich diese (meist echt dämliche) Aktion der Spieler verarbeiten soll. Mein Lieblingsbeispiel: Die Charaktere (Kinder) verraten einem neutralen Kleriker, dass sie aus einem kürzlich vom König gestürmten Verbanntendorf stammen. Der König selbst ist ihr Erzfeind und Endboss (versteckter Teufel), wie sie aber wissen. Im Endeffekt hätte ich anordnen können, die Wachen zu holen, die Charaktere einzusperren oder gleich zu hängen oder in die Sklaverei zu geben. Das wäre konsequent gewesen aber blöd. Stattdessen hatte ich mir überlegt, dass der Kleriker zur Hohepriesterin geht, diese dem König die (sehr besonderen) Kinder vorführt und er ihnen anbietet, in seiner Armee zu kämpfen. Das hat den SC die Möglichkeit gegeben, sich umzuhören, Fertigkeiten zu schleifen und zu türmen. Nun sind sie zwar Deserteure aber am Leben und die Geschichte war besser, als Knast oder Tod (meiner Meinung nach). Und genau sowas macht doch auch den Reiz der SL-Funktion aus.
 

hexe

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Aber was ist dann mit der Person, die nicht so geile Ideen hat? Aber dafür Punkte in diese Werte seines Charakters gesteckt hat? Hat der dann umsonst Punkte ausgegeben?

Man sollte geile Ideen nicht überbewerten. Meiner Meinung nach muss der Charakter auch wertetechnisch prinzipiell in der Lage dazu sein, diese geile Idee durchführen zu können. Möglicherweise gibt es gar keinen Wert in 'Geiler Idee X', aber es sollte zumindest irgendwas da sein, woraus man 'Geile Idee X' ableiten kann.

Und was machst Du wenn der Spieler die Idee geil findet und meint die 'Geile Idee Ausnahme-Regel' sollte greifen, aber die SL oder andere Spieler nicht?

Irgendwo muss ich mich schon auf mein Regelwerk verlassen können und für mein Geld, das ich Charakterentwicklung gesteckt habe, auch etwas bekommen. Das sollte niemand durch Ausspielen, Geile Ideen oder ähnliches einfach kostenlos bekommen.
 

Rhizom

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Ich sehe das wie @hexe. Außerdem ist es noch viel heroischer, wenn eine geile Idee superschwierig zu schaffen ist und dann doch gelingt: "Wow, das klingt episch aber auch superschwer. Dann würfel mal bitte auf Akrobatik mit Nachteil. Aber wenn Du DAS schaffst ...!!!" Über solche schwierigen epischen Erfolge freuen sich meine Spielerinnen auch viel mehr als über einen willkürlich entschiedenen Erfolg.
 

FaeThropp

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Hm, ja, ich verstehe den Einwand gut. Wenn ein Spieler einen sehr charismatischen Charakter spielen will, selbst aber (und das mag der Grund sein) die Eloquenz eines Steines besitzt, muss man das irgendwie ausgleichen. Bei Ideen verhält es sich ähnlich. Hier finde ich es gut, wenn man den Ansatz wählt, einen guten Würfelwurf rollenspieltechnisch zu interpretieren. Bspw: Der superclevere SC wird von einem nicht ganz so kreativen Spieler geführt, die Gruppe sitzt in der Falle, niemand weiß einen Ausweg. Ich würde es hier absolut gelten lassen, wenn der Spieler des cleveren SC einen Intelligenzwurf (oder vergleichbares) ablegt und die Idee, die der SC laut Ergebnis hat, wird vom SL ausformuliert. Da muss man sich nur einig sein, damit der Spieler sich nicht bevormundet fühlt. Andersherum hinterfrage ich auch durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass der strohdumme SC auf die Idee kommt, die sein cleverer Spieler ihm eingibt. Auch hier kann man bei "halte ich nicht für so richtig wahrscheinlich" die Würfel entscheiden lassen. Am Ende ist immer alles eine Frage des Bauchgefühls und der Abstimmung mit der Gruppe. Ich bemühe mich immer um Anarchie, dh (für mich), Kompromisse, sofern nicht alle mit meinem Handeln (oder dem der anderen Spieler) zufrieden sind. Vielleich habe ich auch eine sehr gutmütige Gruppe, schließlich sind wir alle schon lange befreundet.
Und ja, eine geile Idee ist nicht automatisch eine Erfolgsgarantie, das sehe ich auch so. Manchmal reicht eben eine Idee (zB bei einem Überredungsversuch) und manchmal muss man auch in der Lage sein, sie umzusetzen - zB körperlich. In dem Beispiel oben mit meiner Schurkin musste ich auch ein, zwei Würfe schaffen, um den Zauberer in sein Monster zu stürzen und das war okay. Auf der anderen Seite sollte man den Charakteren die Möglichkeit geben, ihre Ideen umzusetzen, wenn sie sinnvoll sind. "Geile Idee" heißt halt auch, dass sie nicht völlig unmöglich umzusetzen ist. Und ich muss sagen, dass diese "Ausnahme-Regel" vielleicht einmal im Jahr Anwendung findet, wenn überhaupt. Es ist also ein sehr seltener Fall, aber äußerst einprägsam für alle Beteiligten.
 

puck

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Manchmal reicht eben eine Idee (zB bei einem Überredungsversuch) und manchmal muss man auch in der Lage sein, sie umzusetzen - zB körperlich.
Hier stoßen wir auf einen Widerspruch, der mir schon häufiger in allen meinen Runden aufgefallen ist. Körperliche Aktivitäten werden oft mit Würfelproben abgehandelt, soziale Interaktionen aber sehr selten. Das kam mir immer seltsam vor, denn auch ein gutes Argument kann in einer Diskussion untergehen, wenn es nicht richtig vorgetragen wird. Das führt öfter mal zu Charakteren, die in der Gruppe die Leitung übernehmen aber eher vernachlässigte sozialen Fertigkeiten besitzen.

Bleibt tapfer,

puck
 

FaeThropp

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Lieber puck, ich verstehe deine Irritation. ICh mag mich missverständlich ausgedrückt haben. Es gibt ganz klare Anweisungen mit viel Argumentationsspielraum im Regelwerk zum Thema Interaktion mit NSCs und gleich 3 Fähigkeiten und ein Attribut, die darauf abzielen, soziale Interaktionen zu simulieren. Ob der SL das dann so ausspielt ist natürlich eine andere Frage und sicher einen Beitrag zum Thema SLW wert. Nichts destotrotz kann eine Idee dein Rettungsanker sein, wenn der NSC dir eine Frage stellt und du einfach die richtige Antwort hast. Bei einem aufmerksamen NSC geht ein Argument nicht unter, kann aber schlecht vorgetragen werden. Hier muss der SL entscheiden, ob der NSC eben dennoch darauf reagiert oder eine Probe fällig ist. Grundsätzlich sind besonders gute oder schlechte Argumente mit "Situationsmodifikatoren" also Boni und Mali auf die Probe gut zu verarbeiten :)
 

hexe

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Ich frage da zwischen durch einfach mal nach den Werten, um zu wissen wie ich meinen NSC weiter spiele und wie sehr er auf die Argumente seines Gegenüber eingeht. Wenn da eher Scheiß-Werte stehen, dann kann der Spieler sich gerne den Mund fusslig reden. Die meisten Spieler sind auch durchaus damit einverstanden, dass da genauso Werte wichtig sind. Und entweder hat man die oder halt nicht...
 
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