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Sci-Fi / Fantasy Tad Williams, Die dunklen Gassen des Himmels

Sameafnir

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Titel: Die dunklen Gassen des HImmels
Author: Tad Williams
Genre(s): Roman - Urban Fantasy
Aufmachung: Taschenbuch
Verlag: Klett Cotta
Erscheinungsdatum: 23.07.2016
ISBN-13: 978-3608949650
Preis: € 12,00 (Taschenbuch), 573 Seiten
Originaltitel: The dirty streets of heaven
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Amazon-Kurzvorstellung (Auszug):
Bobby Dollar ist ein Engel – und als Engel weiß er so ziemlich alles über die Sünden der Menschen. Er ist nämlich Anwalt für die jüngst Verstorbenen, um die zwischen Hölle und Himmel erbittert gekämpft wird.

Rezension:
Tad Williams ist ein Tausendsassa des Fantasy-Genres, gelingt es ihm doch immer wieder mit originellen Ideen und Geschichten voller Witz, Spannung und skurillen Protagonisten zu füllen und so die Leser in seinen Bann zu schlagen.

So auch in seinem Start in eine neue Welt mit „Die dunklen Gassen des Himmels“. Bobby Dollar ist ein Engel in dem eher beschaulichen kalifornischen Städtchen San Jude. Doloriel ist sein richtiger Engelname. Dieser darf in menschlicher Gestalt auf der Erde als Anwalt die Verstorbenen sozusagen an der Pforte zu Himmel / Hölle vertreten. Natürlich versucht er mit allen erlaubten Mitteln seine „Schäfchen“ auf seine, die himmlische, Seite zu bringen.

Die Gegenseite versucht natürlich das Gleiche und so ringen „gut und böse“ in gnadenlosen Wortgefechten um alle Seelen. Wenn Bobby gerade keinen „Job“ hat, dann verbringt er einen Großteil seiner Zeit im „Compasses“ einer Bar in der er sich mit seinen Engel-Kumpels Sam (Samariel), Monica, oder der neue Engel-Anwaltsazubi Harry (Haraheliel) genannt Clarence, regelmässig trifft und dort meist etwas widerwillig an dem üblichen himmlischen oder auch höllischen Klatsch und dem Vernichten von alkoholischen Getränken teilnimmt.

Doch eines Tages passiert etwas noch nie dagewesenes: eine gerade verstorbene Seele verschwindet. Spurlos. Klar, dass zunächst beide Seiten sich gegenseitig im Visir haben. Und natürlich passiert es bei einer von Bobby's Jobs. Kurz darauf wird der höllische Ankläger, Grasswax grausam zu Tode gefoltert aufgefunden und Bobby wird gleich von mehreren Dienern der Gegenseite / Dämonen durch die ganze Stadt verfolgt, ohne dass er auch nur eine Spur von Ahnung hätte warum! Wenig später verschwinden weitere Seelen! Himmel und Hölle sind in heller Aufruhr!

Statt sich jedoch an seine Vorgesetzten in den höheren Sphären zu wenden, kann Bobby seine Nase nicht aus der Sache raushalten und fängt an auf eigene Faust zu ermitteln. So gerät er in Windeseile mitten hinein in den Schlamassel und zwischen alle Fronten, die plötzlich gar nicht mehr so klar definiert sind, denn irgendjemand im Himmel scheint nicht mit „himmlischen“ Karten zu spielen und die Gassen des Himmels und der Erde sind plötzlich ganz schön dunkel!

Tad Williams ist ein Meister der Sprache und beschreibt den Alltag eines Anwaltsengels mit einer schönen Prise schwarzen Humor wunderbar fliessend und fesselnd. Auch von der Darstellung ihrer allzu menschlichen Schwächen macht er reichlich Gebrauch. Doloriel's Neugier und Unfähigkeit der weiblichen Anziehungskraft zu widerstehen, sind nur zwei davon. Samariels Trinksucht eine Andere. Die Dämonen sind grusig dämonisch in Szene gesetzt, die meisten jedenfalls. Auch die höllische Hierarchie wird köstlich beschrieben. Das macht diese Figuren alle gerade symphathisch, weil es sind keine durch und durch positiven und vor Kraft strotzenden Superhelden=Engel sind. Oder auf der anderen Seite nur dumme, tumbe Bösewichte. Der Himmel oder auch die Hölle werden eins ums andre Mal ein wenig auf die Schippe genommen und mehr als einmal musste ich doch laut auflachen, wenn ich wieder so eine kleine Respektlosigkeit las. Auch, dass Williams davon Gebrauch macht, den Hauptprotagonisten Doloriel den Leser an manchen Stellen direkt anzusprechen im Sinne von „Fragen sie mich nicht nach dem Himmel, denn ….“ ist klug in das ganze Szenario eingewebt. Die Szenen in welchen die Verhandlung der frisch Verstorbenen stattfindet und dann entweder die eine oder andre Seite gesendet werden, haben auch etwas skuril-morbides.

„Ich hörte Mrs Martino beim Anblick des Dämons leise aufschreien, und es tat mir leid, dass ich sie nur mit dem Jungen zurückgelassen hatte. Es ist ganz schön fies für einen Klienten, feststellen zu müssen, dass es die Hölle wirklich gibt! Ich hoffte nur, dass sie die Verhandlung durchstehen würde, ohne zusammenzubrechen – manche Richter sind in so einem Fall richtige Arschlöcher. Die Gnade mag ja vom Himmel träufeln wie ein sanfter Regen, aber manchmal könnte man schwören, dass Dürre herrscht!“


Im Verlauf der Geschichte erfährt man mehr und mehr über Bobby und einige der Nebendarsteller, die Charaktere bekommen so eine schöne Tiefe mit Ecken und Kanten.


Fazit:
Mein einziger Kritikpunkt an diesem Werk ist die Länge, ich denke man hätte an einigen Stellen etwas straffen können und das hätte dem Spannungsbogen der Geschichte sicher gut getan. Aber auch so ist dieser Erstband ein Lesevergnügen der besonderen Art. Man darf gespannt auf die Fortsetzungen sein. (derer es inzwischen Mehrere gibt!).

Herzlichen Dank an den Klett-Cotta Verlag, der diese Rezension durch das Rezensionsexemplar unterstützt hat.


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[37/40] - Handlung
[37/40] - Stil
[08/10] - Aufmachung
[09/10] - Preis/Leistungs-Verhältnis

91% - gesamt
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin mir unsicher, ob bei Tad Williams die Länge nicht den Schritt von der Schwäche zum Stilelement geschafft hat - gibt es von ihm irgendein Buch, das nicht zu lang geraten ist?
 
Ich bin mir unsicher, ob bei Tad Williams die Länge nicht den Schritt von der Schwäche zum Stilelement geschafft hat - gibt es von ihm irgendein Buch, das nicht zu lang geraten ist?

Du hast recht, das gibt es (meines Wissens nach) wirklich nicht. Er braucht das irgendwie und es ist mir ja auch nicht als absoluter Negativpunkt aufgefallen. Bei ihm sind selbst die "Längen" noch interessant und oder skurill / witzig / spannend.
 
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